25.07.2025

Künstliche Intelligenz zählt Brötchen: Kronacher Bäckerei wird zum Schaufenster für Innovation im Handwerk

Stockheim – Wie kann moderne Technologie das traditionelle Handwerk stärken? Eine Antwort darauf gab es im Backhaus Müller in Stockheim. Dort traf sich der Arbeitskreis Technologie und Innovation der bayerischen Handwerkskammern zum diesjährigen Jahrestreffen im Rahmen ihres zweitägigen Aufenthalts in Kronach – mit einer Live-Demonstration des „Semmeldetektor 3.0“.

Rund 25 Beraterinnen und Berater für Innovation und Technologie aus ganz Bayern waren der Einladung gefolgt. Der Ort des Treffens wechselt jedes Jahr. Dieses Mal fiel die Wahl bewusst auf einen Betrieb, der Digitalisierung im Handwerk aktiv lebt.

Retouren zählen mit KI

Herzstück der Veranstaltung war die Präsentation des Semmeldetektors 3.0, einer mit künstlicher Intelligenz betriebenen Zählmaschine für Backwarenrückläufer. Entwickelt wurde sie gemeinsam vom Backhaus Müller und dem Technologietransferzentrum Oberfranken: Digitale Intelligenz (TTZ), zugehörig zur Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm.

„Früher war es schwierig, Rückläufer aus unseren Filialen exakt zu erfassen“, erklärte Geschäftsführer Peter Müller. „Mal wurde verzählt, mal fehlte Zeit oder Personal.“ Die Folge: ungenaue Daten, vermeidbare Verluste. Daraus entstand in Zusammenarbeit mit dem TTZ die Idee für eine KI-Lösung – zunächst als Foto-App, später als Kamerasystem.

Mit dem neuesten Prototyp, dem Semmeldetektor 3.0, wurde eine ausgediente Hörnchen-Wickelmaschine technisch umgerüstet: Industriekamera, LED-Beleuchtung, Förderband und KI-Software sorgen nun dafür, dass Rückläufer automatisch erkannt und gezählt werden – sogar in Echtzeit. Die Technologie basiert auf einem Videostream, der von einer eigens trainierten KI analysiert wird. Brötchen werden dabei nach Sorte, Lage und Zustand erkannt – selbst angebrochene Semmeln.

„Unsere KI erkennt rund 96 Prozent der Backwaren korrekt“, so Müller. Und das bei einem deutlich geringeren Aufwand als frühere Lösungen: „Wir sparen Zeit, Ressourcen und konnten die Retouren bereits um sechs Prozent senken.“

Hochschule und Handwerk – eine erfolgreiche Konstellation

Die KI wurde vom Team um Prof. Dr. Tobias Bocklet (TH Nürnberg) entwickelt. Sein Masterand David Bauer war maßgeblich an der technischen Umsetzung beteiligt. Für René-Christian Effinger, Geschäftsführer des TTZ, steht das Projekt exemplarisch für den Ansatz des TTZ: „Wir bringen angewandte KI-Forschung aus der Hochschule direkt in die Praxis – hier in der Region, in kleine und mittlere Betriebe.“

Neben der technischen Raffinesse überzeugte auch der partnerschaftliche Ansatz: „Die Lösungen privater Anbieter waren zu starr für unseren Bedarf“, sagte Müller. „Das TTZ konnte mit flexibler, dynamischer KI helfen – exakt auf unsere Prozesse zugeschnitten.“

Die Innovation zeigt: Digitalisierung kann auch im traditionellen Handwerk funktionieren – und dabei ganz konkret helfen, Abläufe effizienter zu gestalten. Das Interesse der Teilnehmenden war groß – ebenso wie die Anerkennung für den Mut zur Veränderung.

Hier klicken zur Website des TTZ Oberfanken: Digitale Intelligenz

 

Autor: Mario Pfeuffer, Referent Wissenschaftskommukation

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