20.12.2022

Unsere Hochschule gestalten – die TH auf dem Weg in die Zukunft

Kanzlerin Andrea Gerlach-Newman über Chancen auf dem Weg ins Morgen

Die Rahmenbedingungen für Hochschulen ändern sich. Digitalisierung, Hightech- und Innovations-Initiativen der Länder sowie gesellschaftlich relevante Themen wie Klimakrise oder demografischer Wandel spielen dabei eine Rolle. Beständige Veränderungen und ein volatiles Umfeld verlangen nach mehr Flexibilität und Wandel. Andrea Gerlach-Newman, seit 2017 Kanzlerin der TH Nürnberg, schildert den Einfluss neuer Herausforderungen, die sie vor allem als Möglichkeit sieht, die Zukunft der Hochschulen aktiv zu gestalten.

Das Gespräch führte Martina Wolf

Aus dem aktuellen OHM-Journal 2022/2

OHM-Journal: Frau Gerlach-Newman, warum haben die oben benannten Herausforderungen so großen Einfluss auf unsere Hochschule?

Andrea Gerlach-Newman:  Die Welt hat sich rasant geändert und damit auch unsere Arbeit. Heutzutage sind schnelle Antworten gefragt, eine nie gekannte Flexibilität bei gleichzeitig volatilen Gegebenheiten. Die Megatrends, die die Gesellschaft beschäftigen, haben auch Auswirkungen auf Hochschulen. Die äußeren Rahmenbedingungen und die Anforderungen der Zielgruppen blieben früher relativ beständig. Heute ändern sich die Gegebenheiten und Herausforderungen, an deren Lösung wir als anwendungsorientierte Hochschule arbeiten weit schneller. Daher müssen wir die Organisation so aufstellen, dass sie sich an schnell wechselnde Anforderungen anpassen kann. Dazu gehört insbesondere, dass wir prozessorientiert und zielgruppengerecht denken und handeln müssen.

Haben Sie ein konkretes Beispiel, das dies verdeutlicht?

Nehmen Sie beispielsweise die Digitalisierung. Diese ist aus meiner Sicht zwingend notwendig, um Prozesse effizienter und kundenorientierter zu gestalten. In- dem Verwaltungsschritte online passieren, wird der Ablauf schneller und wir können ortsunabhängig arbeiten. Außerdem sparen wir Material wie Papier, Druckerfarbe und Energie ein und arbeiten damit ressourcenschonender. Für die Lehre arbeiten wir schon länger an neuen Formaten, wie beispielweise hybriden Settings oder Szenarien für digitales kompetenzorientiertes Prüfen.
 
Könnte man sagen, dass die Pandemie der Digitalisierung Vorschub geleistet hat?

Das schon, aber natürlich ist so eine überstürzte Einführung nicht automatisch eine perfekte Lösung. Viele Prozesse mussten einfach 1:1 vom Papier in den Rechner gepackt werden, ohne dass Zeit war zu hinterfragen, ob das alles heute noch so sinnvoll ist. Virtuelle Räume für Lehrveranstaltungen zu haben und diese wirkungsvoll didaktisch zu gestalten, sind zwei unter- schiedliche Herausforderungen. Wir hatten kaum Vorbereitungszeit und erst wenig Erfahrung mit Changemanagement. Das merkt man natürlich. Deshalb sind wir zurzeit aktiv dabei „Ordnung zu schaffen“ und die TH Nürnberg wirklich fit für die Zukunft zu machen.

Wie genau soll das passieren?

Wir arbeiten in verschiedenen Projekten daran, die Hochschule zukunftssicher aufzustellen. Dabei ist mir wichtig zu betonen, dass keines dieser Projekte für sich alleine steht, sondern alle ineinandergreifen. Ausgangspunkt ist zunächst herauszufinden, wofür wir stehen, was uns aus- macht und wohin wir wollen. Dies ist die Basis für einen Organisationsentwicklungsprozess. Organisationsentwicklung (OE) soll den Erfolg einer Institution langfristig sichern, indem die kulturellen und strukturellen Rahmenbedingungen der Arbeit so weiterentwickelt werden, dass sie bestmöglich den Chancen und Herausforderungen des jeweiligen Umfeldes Rechnung tragen. Dafür definieren wir Zielvorstellungen für verschiedene Handlungsfelder, z.B. Infrastruktur, Zusammenarbeit, Führung, Prozesse und Rollen. Bei unserem Organisationsentwicklungsprojekt stehen die Menschen im Mittelpunkt des Wandels. Alle Beteiligten sollen sich aktiv einbringen und mitarbeiten und so die Organisation aus sich heraus optimieren und damit fit für die Zukunft machen. Zukünftig brauchen wir auch eine digitale Plattform für unsere Arbeit. Womit wir beim nächsten Projekt wären, dem „Digital Workplace“. Dies wird die Heimat für unsere interne Kommunikation, unsere Netzwerke und unsere digitalisierten und optimierten Prozesse, so genannte Workflows (s. dazu auch OHM-Journal 2020/02). Wenn wir Prozesse digitalisieren und sich dadurch Arbeitsweisen ändern, landen wir automatisch beim Schlagwort „New Work“. Hierunter fallen nicht nur agile Arbeitsmethoden, sondern auch Themen wie flexible Arbeitsmodelle, Mobiles Arbeiten und damit verbunden Ide- en zur Neugestaltung von Arbeitsplätzen bis hin zu Shared Desk-Konzepten. Damit die Hochschule sich noch stärker positionieren kann und damit nach Außen besser sichtbar und erlebbar wird, arbeiten wir außerdem an der Entwicklung einer „Markenstrategie“. Hierbei definieren wir unseren Markenkern und nehmen unsere wichtigsten Zielgruppen in den Blick.

Das klingt nach viel Arbeit und vielen Änderungen für alle Hochschulangehörigen.

Das stimmt, aber zum Glück haben wir im kommenden Jahr auch einen wunderbaren Anlass, um nicht nur hart zu arbeiten, sondern auch innezuhalten und miteinander zu feiern: Unsere Hoch- schule wird im kommenden Jahr 200 Jahre. Im Laufe der Jubiläumsaktionen werden wir unter anderem unsere Markenstrategie präsentieren. Und ich glaube ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass dies auch Auswirkungen auf unser optisches Erscheinungsbild haben wird. Ein starkes Zeichen, das auch unseren Wandel greifbar machen wird – wir können also schon jetzt gespannt sein auf das, was uns erwartet.

Die von Ihnen genannten Projekte sind alle sehr strategisch ausgerichtet. Inwieweit betreffen diese denn überhaupt einzelne Hochschulangehörige?

Diese Projekte werden die Arbeitsweise jedes einzelnen Hochschulmitgliedes – egal ob in Lehre, Forschung oder im wissenschaftsunterstützenden Be- reich verändern. Durch Netzwerke und transparente Kommunikation kommen wir weg von der früher üblichen hierarchischen Denkweise zu einer gleichberechtigten Arbeitsweise auf Augenhöhe. Entscheidungen werden dann dort getroffen, wo sie wirksam werden bzw. wo die Know-how-Träger sitzen. Das macht uns schneller und lösungsorientierter. Wobei „schnell“ keineswegs gleich- bedeutend ist mit „oberflächlich“. Wir müssen weiterhin qualitativ hochwertig arbeiten und trotzdem an Flexibilität gewinnen. Wenn uns dieser Wandel gelingt, können wir auch mit Krisen, wie sie uns in letzter Zeit ereilt haben, besser umgehen. Ich bin davon überzeugt, dass uns ähnliche Situationen in Zukunft immer wieder beschäftigen werden. Daran denke ich, wenn ich sage, unser Ziel muss es sein, die Hochschule zukunftssicher und damit krisenfest aufzustellen. Herausfordernd ist diese Zeit allemal, aber ich empfinde es als positiven Stress. Wir alle gestalten unsere Organisation aktiv mit, indem wir Neues ausprobieren und uns neu aufstellen - nicht zum Selbstzweck, sondern um unser Tun je- den Tag ein bisschen besser zu machen; und damit die Zukunftsfähigkeit unserer Hochschule zu sichern.

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