22.11.2024

Ein Pavillon zum Zusammenklappen

Von Doris Keßler

Ein Stück Entwicklungsarbeit der Ohm auf der Bayerischen Landesgartenschau 2024: Der Großteil der über 500.000 Besucherinnen und Besucher dürfte auch am Pavillon der Ohm vorbeigekommen sein, der den „Blütentraum Sonnentreff“ mit wechselnden Dekorationen beherbergte. Der sogenannte Diagrid-Pavillon ist das Ergebnis aus zwei Jahren Entwicklungsarbeit von Studierenden und Professoren aus den Fakultäten Architektur und Bauingenieurwesen. Sein Konstruktionsprinzip ist so innovativ, dass es zum Patent angemeldet wurde.

Diagrid steht für „diagonal grid“, also diagonales Raster. Die faltbare Konstruktion besteht aus Sperrholzplatten, die mithilfe eines neu entwickelten Verbindungsteils, dem sogenannten FlexiNode, zu einem diagonalen Rost verbunden sind. Diese Verbindungselemente aus Nylon entstehen im 3D-Druck und lassen sich nach Gebrauch leicht von den Brettern lösen und sortenrein recyceln.

Trotz ihrer Flexibilität und einer Filmscharnierbreite von unter zwei Millimetern übertragen sie zuverlässig Kräfte zwischen den Platten.

Rechtwinklig oder rautenförmig - beides geht
Jeder FlexiNode ist ein Ring aus kurzen, dünnen Filmscharnieren und starren Querschnitten. Alle Bretter sind jeweils an ihren äußeren Kanten mit zwei Filmscharnieren verbunden, was Bewegungen in zwei Richtungen ermöglicht. Mit diesen Scharnieren sind unterschiedliche Winkel zwischen Brettern einstellbar. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit einer rechtwinkligen Konfiguration des Rostes oder einer Rautenform, wie sie für die Landesgartenschau ausgewählt wurde.

Wand- und Dachflächen lassen sich flach falten
Ein Vorteil dieses Prinzips: Die rautenförmigen Wand- und Dachflächen des Pavillons lassen sich flach falten. Sind Sie einmal über die Ecken und mit dem Boden verbunden, wird der Pavillon stabil und unbeweglich.

Futuristischer Pavillon
Durch die Schlankheit und Tiefe des faltbaren Rosts wirkt der futuristische Pavillon von vorne betrachtet sehr offen, leicht und durchlässig, von der Seite jedoch plastisch und geschlossen. Auch als starres Bauwerk hinterlässt er einen Eindruck von Faltung und Entfaltung. Zur durchlässigen, leichten Anmutung tragen die wellenförmigen Ränder bei.

Studierende legten in der Werkstatt selbst Hand an
Bei diesem interdisziplinären Projekt durften Studierende nicht nur planen, sondern auch selbst Hand anlegen: Die Holzplatten beispielsweise, fertigten sie in der Werkstatt der Fakultät Architektur und im Nürnberger Berufsbildungswerk.

3D-Druck in hochschuleigenen Laboren
Sämtliche 3D-gedruckten FlexiNodes des Diagrid Pavillons wurden aus recyclebarem Nylonfilament in hochschuleigenen Laboren gedruckt. An der Fakultät Bauingenieurwesen haben Studierende und Laboringenieure die genaue Geometrie der 3D-Drucke durch eine Serie von Belastungstests im Labor über ein Jahr lang optimiert.

Am Ende standen brauchbare Bauteile
Durch experimentelles Justieren von 3D-Druckparametern und Orientierung der Druckobjekte konnten am Ende brauchbare Bauteile in vernünftiger Geschwindigkeit auf den FDM-Druckern der Fakultät Architektur hergestellt werden. Beim FDM-Verfahren entsteht ein Werkstück schichtweise aus einem schmelzfähigen Werkstoff, meistens einem thermoplastischen Kunststoff.

Pavillon in zwei Tagen aufgebaut
Anfang Mai bauten die Studierenden den Pavillon innerhalb von zwei Tagen auf dem Gelände der Gartenschau auf – ein wohlverdientes Happy End nach einer zweijährigen Planungs-, Forschungs-, Entwicklungs- und Testphase mit Belastungsversuchen.

Ein großes Team
Hinter diesem Erfolg steht ein großes Team um Prof. Gunnar Tausch (Fakultät Architektur) und Prof. Dr.-Ing. Thorsten Wanzek (Fakultät Bauingenieurwesen): Dipl. Ing. (FH) Thomas Rothenberger, Paul Hermann, B. Sc., Hannes Gsaenger, M.A. (FH), Lisa Hofmann, Tobias Günther, Christoph Mayer, Wolfgang Dempert, Sebastian Breiter, Jasmin Raab, Julia Groß, Markus Kuchlbaur, Nadine Brandner, Markus Schilcher, Michael Dalby, Florian Kraus, Lucas Meyerhöfer, Lukas Seitz, Cristina Wörle.

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