12.01.2024

Möglichkeiten und Grenzen der Resozialisierung

Der Bahnstreik verhinderte sein persönliches Erscheinen, aber rund 100 Personen verfolgten den Vortrag von Klaus Jünschke online: Er sprach über seine Erfahrungen in der Haft und sein Engagement für bessere Haftbedingungen.

Studierende aus der Fakultät Sozialwissenschaften organisierten die öffentliche Veranstaltung „Ausschluss durch Einschluss – Möglichkeiten und Grenzen der Resozialisierung“ im Rahmen ihres Schwerpunktmoduls Resozialisierung. Knapp 100 Personen aus Wissenschaft, Praxis und Zivilgesellschaft verfolgten den Vortrag und die Diskussion mit Klaus Jünschke. Der hat selbst Erfahrungen in jahrelanger Isolationshaft und setzt sich seitdem für bessere Haftbedingungen ein.

Jünschke berichtete über die Entstehung und Bedeutung von Gefängnissen und den Folgen der Isolationshaft. Die Corona-Zeiten hätten gezeigt, welche Folgen soziale Isolation mit sich bringen würde; Aufklärungen, Informationen und Gegenmaßnahmen seien in dieser Zeit weit verbreitet gewesen. Noch werde dieses Wissen nicht auf die teilweise noch drastischeren Bedingungen in Gefängnissen angewendet. Es müssten Alternativen geschaffen werden, um den gesundheitsgefährdenden Risiken entgegenzutreten und wahre Resozialisierungsmöglichkeiten zu schaffen, denn die beste Kriminalpolitik sei eine gute Sozialpolitik.

Ein Thema, das Jünschke auf den Nägeln brennt, ist Wohnungslosigkeit in Verbindung mit Haft. Ein großer Teil der Gefangenen bestehe aus wohnungslosen Menschen. Dies liege vor allem an der Ersatzfreiheitsstrafe, die aufgrund von nicht eintreibbaren Geldstrafen auferlegt werden. Klaus Jünschke informierte die Öffentlichkeit über eine soziale Notlage, deren Behebung längst überfällig sei. Obdachlosigkeit stelle die schwerste Form von Armut dar, die nicht diszipliniert, sondern abgeschafft gehöre. Es dürfe nicht hingenommen werden, dass es Menschen auf der Straße gibt, die dort verenden. Anstatt uns an dieses immer größer werdende Phänomen zu gewöhnen, gelte es sich zu empören und sich dort einzusetzen, wo Not herrscht.

Jünschke wurde 1977 als RAF-Terrorist verurteilt. Er hat in seiner elfjährigen Haft ein Fernstudium der Sozialwissenschaften absolviert und ist jetzt unter anderem für soziale Projekte und als Autor tätig. „Gefangen und Wohnungslos – Gespräche mit Obdachlosen in Haft“ ist sein jüngstes Buch.

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