Alumniinterviews

Wie geht es nach dem Abschluss an der TH-Nürnberg weiter? Welche Karrieremöglichkeiten und Branchen stehen mir offen? Welche Qualifikationen brauche ich für meinen Traumjob?

Im Interview berichten unsere erfolgreichen Alumni, die sich vermutlich die gleichen Fragen gestellt haben, über Ihre spannenden Karrierewege nach dem Studium und geben Tipps für den Berufseinstieg. Sie geben einen Einblick in die vielen unterschiedlichen Wege, die Absolventinnen und Absolventen einschlagen können.

Zurückliegende Alumniinterviews:

Föhlinger, Eva (2023)

Sehr geehrte Frau Eva Föhlinger, erst einmal herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen.

Sie haben einen beeindruckenden Werdegang nach dem Diplomstudiengang Betriebswirtschaft in der Kommunikationsbranche bis zur Gründung und Geschäftsführung bei der Flutlicht GmbH – Agentur für Kommunikation vorzuweisen. Wie haben Sie dies alles erreichen können?
Ich fange mal anders an: Erreicht habe ich das nicht durch eine besondere Berufung, Zielstrebigkeit oder ausgeprägten Ehrgeiz. Vielmehr wollte ich mir mit der Wahl des Studiums eine große Bandbreite möglicher Berufsoptionen schaffen. Im Tech-Marketing bin ich als studentische Praktikantin eher zufällig gelandet – und auch nach dem Studium geblieben, als Einsteigerin bis hin zum Managing Director in einer auf ITK-PR spezialisierten Agentur. Dort hatte ich das große Glück, auf einige Menschen zu treffen, mit denen ich noch heute gerne und erfolgreich unter Flutlicht Flagge zusammenarbeite. Für mich war und ist es wichtig, mich mit meinen Aufgaben, „meinem“ Team und „meiner“ Organisation identifizieren zu können. Nur so bleibe ich motiviert und gut in meinem Job. Ob damals als angestellte Mitarbeiterin oder heute als Unternehmerin. Bröckelt diese Identifikation nachhaltig, habe ich wenig Angst vor unbequemen Entscheidungen mit persönlichem Risiko und mache mich auf zu neuen Ufern.

Sie sind nun seit 2003 und nun schon 20 Jahre Mitgründerin und Geschäftsführerin der Flutlicht GmbH in Nürnberg und München mit heute 30 Mitarbeitern. Wie fühlt es sich an und wie kann man sich Ihre tägliche Arbeit vorstellen?
Inzwischen bin ich - neben meinen Aufgaben als eine von drei Geschäftsführenden - nicht mehr in der ersten Reihe bzw. im direkten Kunden-Business im Einsatz. Dies übernehmen erfahrene Flutlicht Berater*innen mit unterschiedlichen Expertisen und Praxiserfahrungen. Wie sich das anfühlt? Meinen Beratungsjob habe ich viele Jahre lang – auch schon vor der Ära Flutlicht – mit Leidenschaft ausgeübt. Ich habe es geliebt, täglich mit Kunden, Medienvertreter*innen und anderen Stakeholdern zu arbeiten. Dies loszulassen und an eine „Next Gen Flutlichter“ zu übergeben, ist mir anfangs nicht leichtgefallen, war aber logische Konsequenz der Agenturentwicklung. Heute liegt mein Fokus auf Flutlicht Agenturmarketing, New Biz und Business Development. Dabei bin ich auch Mitverantwortliche im Flutlicht „KI-Team“. Hier geht es um den Einsatz Künstlicher Intelligenz in unseren Arbeitsalltag sowie den Aufbau entsprechender Beratungsexpertise für unsere Kunden. Kein Arbeitstag sieht wie der andere aus. Wobei es auch in meinem Job tägliche Routineaufgaben gibt, wie das Flutlicht Website- oder Social Media Management.

Woher haben Sie den Mut für eine Firmengründung hergenommen?
Alleine hätte ich es nicht gemacht. Aber wir haben ja zu viert gegründet und blickten auf eine längere gemeinsame erfolgreiche Agenturhistorie zurück. Wir wussten, was wir können, kannten die ITK-/Tech-Branche sowie unsere jeweiligen Stärken und Schwächen. Vor allem aber liebten wir unseren Beruf und wollten weiter zusammenarbeiten. Zudem waren wir gut vernetzt und erhielten viel Zuspruch seitens Medien und Industrie. Für die Gründung einer kleinen Agentur brauchten wir „nur“ einen guten Business-Plan und relativ wenig Startkapital. Gestärkt hat uns natürlich auch der Rückhalt durch unsere Familien. Nach einem Jahr wollten wir sehen, wo wir stehen und entscheiden ob/wie wir weitermachen. Das ist nun 20 Jahre her.

Welche Tipps würden Sie Studierenden weitergeben, die sich gerade im Moment mit dem Gedanken beschäftigen, ein Unternehmen zu gründen?
1. Trau dich, probiere aus, sei agil und flexibel!
2. Tue nur das, was du liebst, mit Menschen, die du schätzt!
3. Führe werteorientiert und respektiere unseren Planeten!
4. Zeige Haltung und habe den Mut, auch nein zu sagen!

Flutlicht ist auf die Kommunikationsberatung für Technologieunternehmen in den Bereichen klassischen Public Relations, Digital Relations, Social Media und Content Marketing spezialisiert. Was sind für Ihr beratendes Unternehmen die Besonderheiten an dieser Branche?
Unsere beiden Fokusbranchen „Technologie“ und „Kommunikation“ sind extrem dynamisch. Die fortschreitende Digitalisierung und das Zusammenwachsen der Kommunikationsdisziplinen veränderten die Kundenbedürfnisse und auch die Agenturlandschaft. Professionelle Kommunikation wurde immer komplexer, integrierter und geschäftskritischer. Parallel dazu gewann das Thema Technologie mit wachsender Digitalisierung an Omnipräsenz und hat sein vermeintliches B2B-Nischendasein endgültig verloren. Technologiekommunikation wurde sexy und somit auch attraktiv für neue Agenturen, neue Agenturgeschäftsfelder oder beratende Quereinsteiger*innen – etwa aus Tech-Unternehmen oder der Medienbranche.
Der Wind weht inzwischen schärfer. Um in dieser Branche nachhaltig erfolgreich zu bleiben, bedarf es ständiger Bereitschaft zur Weiterentwicklung – als Agentur und als zukunftsorientierter Kommunikationsprofi. Die „richtige“ Positionierung in diesem sehr kompetitiven Markt ist eine Gratwanderung zwischen dem Angebot einer möglichst großen Bandbreite an Kommunikationswissen und ausgewiesener Spezialexpertise.

Welche Trends sehen Sie als Kommunikationsexpertin in Ihrer Branche in den kommenden Jahren auf Sie zukommen? Wie sehen Sie hier die Chancen und Herausforderungen?
Trends, die weiter anhalten werden, sind in meinen Augen Employer Branding sowie Nachhaltigkeitskommunikation bzw. generell ESG (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung)-Themen. In diesen Bereichen setzen wir seit einigen Jahren schon Vieles für unser eigenes Unternehmen erfolgreich um. Mit unseren Erfahrungen profitieren wir bei entsprechenden Kundenbedarfen und Neukundenanfragen. Insbesondere bei vielen mittelständischen Unternehmen besteht hier großer Beratungsbedarf. Wie bei allen Unternehmens-Messages ist auch hier die Herausforderung, entsprechende Proof und Pain Points in den jeweiligen Organisationen zu identifizieren oder auch die Voraussetzungen für eine authentische Arbeitgeber- oder überzeugende Nachhaltigkeitskommunikation erst einmal zu schaffen.
Der „jüngste“ Trend ist der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) in Kommunikation und Marketing. Bei Flutlicht verfolgen wir den Anspruch, uns stetig zu verbessern. Deshalb wollen wir nicht nur mit aktuellen und künftigen Entwicklungen Schritt halten bzw. technologisch auf dem neuesten Stand sein, sondern auch von den Vorteilen des KI-Einsatzes profitieren. Wir sind der Überzeugung, dass KI ein Game Changer für unsere Branche ist und mit der Zeit zum essenziellen Bestandteil unserer täglichen Arbeit wird – ganz unabhängig vom medialen Hype in 2023.
Deshalb setzen wir uns seit ca. einem Jahr mit den Möglichkeiten, Chancen und Risiken von KI in unserem Agenturalltag auseinander und arbeiten am effizienten und ethischen Einsatz von KI-Tools in unsere Arbeitspraxis. Da die Entwicklung dieser Werkzeuge und Anwendungen mit rasender Geschwindigkeit voranschreitet, sind das Schritthalten ohne Aktionismus sowie die Identifizierung für Flutlicht sinnvoller Lösungen und Anwendungsgebiete eine große Herausforderung – verbunden mit dem Aufbau entsprechender Kundenberatungskompetenzen.

Was haben Sie im Studium für Fähigkeiten gesammelt, die Sie noch heute einsetzen?
Es sind weniger bestimmte Fähigkeiten als das gewonnene grundlegende Marketingwissen, auf das ich – trotz aller Weiterentwicklung der Branche – immer wieder zugreifen kann. Einen Philip Kotler werde ich nie vergessen.

Sie haben sicherlich einen straffen Terminplan. Wie erholen Sie sich und wo schöpfen Sie persönlich Kraft für neue Energien?
Eindeutig in der Natur mit Lieblingsmenschen und Airedale Terrier. Ich lebe in München, bin schnell in den Bergen und an den oberbayerischen Seen. Nach einem Arbeitstag in 20 Minuten am Ammersee zu sein, ist ein Geschenk und fühlt sich wie ein kleiner Urlaub an. Zudem genieße ich dank großartiger Kolleg*innen das Privileg, im Urlaub und anderen Frei-Zeiten tatsächlich unerreichbar sein zu können. Ich bin zwar leidenschaftlich digital, brauche aber zum Auftanken definitiv meine Offline-Pausen.

Haben Sie einen Lieblingsplatz in Nürnberg, an dem Sie sich schon immer gerne aufgehalten haben?
Es gibt nicht DEN einen Lieblingsplatz für mich. Aber die Altstadt ist schon einmalig: Dürerplatz, Weißgerbergasse, Trödelmarkt…

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Mein Unternehmen ist für mich ...
...ein sicherer Ort, an dem ich mit Menschen, die ich schätze und mag, frei und unabhängig tun kann, was mir (meistens ;-)) Freude und Spaß macht, ohne mich dabei verstellen oder verbiegen zu müssen.

Haben Sie erreicht, was Sie sich mit 21 vorgenommen hatten?
Mit 21 wusste ich noch nicht, wohin meine Reise gehen soll. Ich habe in der Gastronomie gejobbt, war zum Kunstgeschichte Studium in Wien, fühlte mich frei und unabhängig. Ich wollte das Leben nehmen, wie es kommt und mit Herz und Verstand die richtigen Entscheidungen treffen. Vor allem aber wollte ich mich mit dem, was ich tue und mit den Menschen in meinem (beruflichen) Leben identifizieren und gut fühlen.
Wenn Sie mich also so fragen: ja, das habe ich erreicht.

Verraten Sie uns Ihr Lebensmotto?
Ein klassisches Lebensmotto habe ich nicht. Mein Anspruch an mich sind Authentizität und Integrität. Damit bin ich immer sehr gut gefahren.

(Interview: Daniel Großhauser)

Prof. Dr. Christian Bär
Prof. Dr. Christian Bär

Bär, Prof. Dr. Christian (2023)

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Christian Bär, erst einmal herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen.

Zum 1. Juli 2021 sind Sie den DATEV-Vorstand berufen worden. Sie haben die Rolle des Chief Technology Officers (CTO) übernehmen. Was hat sich seitdem an Ihrer Arbeitswelt geändert?
Die fachliche Breite hat sich stark ausgeweitet. Zum vorherigen Aufgabengebiet des kompletten Produktportfolios kamen Security und Rechenzentrum hinzu. Darüber hinaus ist die Gewinnung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und der Fokus auf die Weiterentwicklung in Bezug auf eine gesteigerte Kundenorientierung mit der neuen Aufgabe noch intensiver geschärft worden. Zudem sind die Repräsentationsverpflichtungen bei mir gewachsen.

Als CTO steht bei Ihnen die Sie die digitale Transformation ganz oben auf Ihrer Agenda. Wie kann man nach ihren Erfahrungen die innovativen Technologien für Ihre Kunden aus der Steuerbranche und dem Mittelstand am besten hervorbringen und fortentwickeln? Wie gehen Sie hier vor?
Wir stellen den Kunden in den Mittelpunkt und schauen dann, mit welcher Technologie wir die Probleme am besten lösen können. Dabei hilft uns die Digitalisierung am meisten. Am Schluss bleibt Technologie Mittel zum Zweck. Und der Zweck ist das Problem des Kunden zu lösen. Dabei hilft mir meine Zeit als Vertriebsleiter enorm. Ich hatte schon von Anfang an beständig intensiven Kontakt zu unseren Kundinnen und Kunden. Das hat mich stets sehr geprägt und ist mir bis heute als Technologievorstand enorm wichtig.

Sie sind mittlerweile CTO der DATEV und seit über 23 Jahren vom Praktikant bis zum Mitglied des Vorstands im Unternehmen tätig. Wie kann man diesen Werdegang am besten beschreiben?
Zuallererst muss man immer Spaß an der Aufgabe haben und die Augen für Neues offenhalten. Der Vorteil einer großen Firma wie DATEV ist es, dass man, um Neues tun zu können, nicht die Firma verlassen muss. Das hat mich immer gereizt und ich konnte aus meinen verschiedenen Stationen immer viel mitnehmen und an anderer Stelle wieder einbringen.
Mit einem Blick zurück auf den Weg ist man stolz auf diesen Werdegang im Unternehmen. Ich habe viel Disziplin auf diesem Weg aufgebracht.

Sie haben einen beeindruckenden wissenschaftlichen Werdegang, angefangen von einem Abschluss als Diplom-Betriebswirtin (FH) in Betriebswirtschaftslehre, dem MBA am weiterbildenden Management-Institut der TH Nürnberg sowie der Promotion an der Technischen Universität Chemnitz bis zu einer Professur an der Steinbeis-Hochschule Berlin, vorzuweisen. Wie haben Sie dies alles erreichen können?
Das BWL-Studium an der damaligen Fachhochschule Nürnberg habe ich aufgrund der zwei verpflichtenden Praxissemester bewusst gewählt und dies würde ich jederzeit wieder so machen. Die bestehende Kombination aus akademischem Wissen transformiert in die Praxis hat mir besonders zugesagt. Mit dem akkreditierte MBA am anerkannten Management-Institut wollte ich dem schleichenden Pragmatismus im Berufsalltag entgegenwirken. An der TU Chemnitz durfte ich dann berufsbegleitend bei Prof. Dr. Klaus Henselmann zu Internationalisierungsstrategien im Steuerberater- und Wirtschaftsprüferkontext promovieren. Mit der privaten Steinbeis-Hochschule Berlin stand ich bereits geschäftlich in Kontakt und mein beruflicher Werdegang fand dort reges Interesse für die Professur. Das Timing für die Berufung zum Professor an der Steinbeis-Hochschule hat dann gut gepasst und so ist dann auch aufgrund zahlreicher Publikationen dort die Professur geglückt.

Würden Sie im Nachhinein bei diesen akademischen Stationen irgendetwas anders machen?
Meine Stationen haben mir sehr viel Lust in den jeweiligen Lebensphasen bereitet. Eigentlich wollte ich in jeder Phase nur einen guten Job machen. Im Nachgang sieht das vermutlich nach einem durchgeplanten Karriereweg aus. Aber wenn man ehrlich ist, war es das eigentlich nicht. Ich hätte niemals gedacht, dass ich promoviere geschweige denn Professor werde. Es gibt aber schlimmere Fehlannahmen. Rückblickend betrachtet würde ich fast alles wieder so machen.

An der Steinbeis-Hochschule Berlin in der Business School SCMT sind Sie als Professor für Wirtschaftsinformatik, insbesondere Prozess- und Projektmanagement, aktiv. Was gefällt Ihnen besonders gut in diesem akademischen Umfeld?
Grundsätzlich macht das Weitergeben von Wissen viel Spaß. Gleichzeitig finde ich intensive und anregende Diskussionen mit jungen Studierenden bereichernd.

Worauf sind Sie im Rückblick besonders stolz bzw. was waren Ihre größten Erfolge?
Besonderen Stolz spüre ich am meisten eigentlich im privaten Umfeld durch meine Kinder. Der Weg vom Praktikanten zum Vorstand bei der DATEV im Themenfeld der Digitalen Transformation hat mich im beruflichen Leben jedoch durchaus stolz gemacht. Auf die akademische Laufbahn blicke ich ebenso dankend zurück.

Was haben Sie im Studium für Fähigkeiten gesammelt, die Sie noch heute einsetzen?
Studierende sollen sich vor allem Tätigkeiten suchen, die ihnen Spaß machen. Wenn man in diesen gewählten Aufgaben dann gut ist, dann kommt die Leistung von ganz alleine. Und mit ein bisschen Glück stellt sich dann der Erfolg auch von ganz alleine ein. Ich selbst habe im Studium gelernt, mich effizient und auf den Punkt auch in kurzer Zeit auf meine Prüfungen vorzubereiten, was mir strategisch auch heute noch viel bringt in der Praxis. Das schnelle Einstellen auf Neuerungen, auch nach arbeitsreicheren Tagen oder vergleichsweise damals nach längeren Partys im Studium, wende ich noch immer ganz intuitiv an. An der Hochschule Nürnberg habe ich auch insbesondere die Selbstorganisation im Studienbetrieb gelernt.

An welches Ereignis, welchen Menschen oder Ort aus Ihrer Studienzeit erinnern Sie sich immer wieder gerne zurück? Worüber müssen Sie noch heute schmunzeln?
In den ersten zwei Semestern an der Welserstraße war ich von der den damaligen Fabrik-Lokalität mit eigenem Charme durchaus angetan. Auch die späteren ungezwungenen Berührungspunkte von Betriebswirtschaft und Sozialwirtschaft im Hochschulgebäude fand ich spannend. Auch habe ich die Freitagspflichtveranstaltungen in Wirtschaftsmathematik nicht immer am intensivsten mitverfolgt und bin des Öfteren schon vor dem Vorlesungsende in die Cafeteria ausgewichen. Der Mathematikprofessor sprach mich daraufhin locker und respektvoll ohne Tadel mal an beim Kaffee mit den Worten: „Langweilen Sie die Mathegrundlageninhalte eigentlich genauso wie mich?“.

Was muss man unbedingt im Studium als Erstsemesterstudierende/r im 1. Studienabschnitt gemacht haben?
Rückblickend hätte ich noch gerne mehr Zeit in einem Studierendenwohnheim mit Mitstudierenden verbringen können. Das empfehle ich allen Erstsemesterstudierenden. Auch am damaligen Partyleben hätte ich wohl noch intensiver teilgenommen, wenn ich mein damaliges Hobby Fußball ein wenig mehr zurückgeschraubt hätte. Aber auch so sind mir die Studierendenfeiern von damals noch immer in fröhlicher Erinnerung geblieben.

Haben Sie noch Kontakt zu Ihren ehemaligen Kommilitoninnen und Kommilitonen? Was bedeutet Ihnen diese Verbindung?
Mit drei Mitstudierenden habe ich mich im Studium super verstanden und wir halten noch immer persönlich Kontakt zueinander und tauschen uns aus. Dieser Austausch ist sehr wertvoll und lässt alte und schöne Erinnerungen wiederaufleben.

Haben Sie einen Lieblingsplatz in Nürnberg, an dem Sie sich schon immer gerne aufgehalten haben?
Noch immer denke ich sehr gerne an die an der Hochschule angrenzende Wöhrder Wiese und die ansässigen Möglichkeiten vor Ort zurück und bin immer mal wieder gerne dort. Sehr gerne halte ich mich regelmäßig in den verschiedenen Nürnberger Sushi-Lokalen auf.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Mein Unternehmen ist für mich ...
… ein Platz zum Wohlfühlen, der meine Leistungsorientierung mit meinem ausgeprägten Wertekonzept intern toll verbindet.

Haben Sie erreicht, was Sie sich mit 21 vorgenommen hatten?
Beruflich bin ich nie Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer geworden, was ich ursprünglich erreichen wollte. Trotzdem habe ich meinen Werdegang bei der DATEV über alternative Wege stringent verfolgt.

Verraten Sie uns Ihr jeweiliges Lebensmotto?
Carpe Diem – Genieße den Tag.

(Interview: Daniel Großhauser)

Martina Anzer und Christiane Räbiger
Martina Anzer und Christiane Räbiger

Anzer, Martina und Räbiger, Christiane (2022)

Sehr geehrte Frau Martina Anzer und Frau Frau Christiane Räbiger, erst einmal herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen.

Sie haben als Zwillinge gemeinsam ihr Studium an der Fakultät Betriebswirtschaft der TH Nürnberg – zusammenlebend in einer WG – gemeistert und in 2017 miteinander die Beratungsfirma twinnovativ gegründet. Wie kamen es zu diesen gemeinsamen Werdegängen?
Martina Anzer: Wir haben beide eine kaufmännische Ausbildung. Anschließend sind wir jedoch unterschiedliche Wege gegangen. Ich bin in die Medizintechnik und in eine Steuerberatungsgesellschaft gegangen. Meine Zwillingsschwester Christiane ist in die Industrie gegangen. 2017 wollten wir unserer Synergien miteinander verbinden und gründeten twinnovativ Managementberatung.
Christiane Räbiger: Bei uns ist in den Jahren vor der Gründung die Erkenntnis gereift, dass wir gemeinsam sehr viel Berufserfahrung und zusammen eine tolle Kombination miteinander ergeben und dadurch einen guten Hebel bei unseren Kunden erreichen können.

Viele private und berufliche Lebenssituationen sind Sie gemeinsam angegangen und verstehen sich nahezu blind. Wie kann man sich Ihre tägliche Arbeit untereinander vorstellen?
Christiane Räbiger: Wir nehmen uns neben den vielen Gemeinsamkeiten außerdem unsere eigenen Freiräume. Das zeigt sich auch schon an den unterschiedlichen Branchenausprägungen bei uns. Die Abstimmungen laufen in wöchentlichen Geschäftsführer-Meetings ab. Das Prinzip Dringend und Wichtig hilft uns im Tagesgeschäft. Darüber hinaus haben wir kreative Arbeitswochenenden zur Strategieentwicklungen etabliert.
Martina Anzer: Bei der Arbeit im selben Büro laufen die Absprachen zwischen Tür und Angel ab. Intensivere Themen werden aktiv in beiden Terminkalendern eingeplant. Es gibt privat manchmal noch gemeinsame Kurzurlaube.

Wie kamen Sie auf die Idee Ihrer Zwillings-Unternehmung twinnovativ? Und woher haben Sie den Mut für eine Firmengründung hergenommen?
Martina Anzer: Durch unsere Zwillingskonstellation sind wir von Geburt an ein eingeschworenes Team. Wir bilden eine innovative Vereinigungsmenge aus Emotion und rationalem Entscheidungsbewusstsein und können die jeweiligen Learnings sehr gut auf die gegenseitigen Branchen übertragen.
Christiane Räbiger: Meine Schwester Martina hat sich bereits 2013 alleine selbständig gemacht und hat damals schon reichlich mutige Überzeugung aufgebracht. Nach unserer Vision wollen wir nicht nur Unternehmungen verändern, sondern auch Menschen und die Gesellschaft. Wir sind Überzeugungstäterinnen.

Was sind Ihre Key Learnings aus der bisherigen Zeit als Gründerinnen? Welche Tipps würden Sie Studierenden weitergeben, die sich gerade im Moment mit dem Gedanken beschäftigen, ein Unternehmen zu gründen?
Martina Anzer: Ich habe damals entschieden, die Selbständigkeit auszuprobieren und unvoreingenommen loszulegen. Bei der finanziellen Sichtweise empfehle ich insbesondere eine nicht überstürzte und langfristige Herangehensweise. Die Sorgen und Nöte der Mitarbeiter/innen sind genauso beachtenswert wie die der Kunden/innen. Das Potential des eigenen Personals ist das wichtigste Kapital.
Christiane Räbiger: Zentraler Aspekt ist eine klare Strategie. Die strategische Weiterentwicklung Schritt für Schritt voranzutreiben ist ebenfalls wesentlich.

Sie unterstützen Industrieunternehmen, Mittelständler und Start-ups bei der Unternehmenssteuerung und beraten Steuerberater- und Wirtschaftsprüfer bei deren Kanzleientwicklungen. Wie gehen Sie derlei unterschiedlichste Change-Management-Projekte an?
Martina Anzer: Die Change-Management-Projekte laufen sehr individuell und damit kundenabhängig ab. Die Wahrnehmung und Kommunikation des WARUMs der geplanten Veränderungen durch das jeweilige Management ist entscheidend. Alle Prozess-Beteiligten sind mit einzubeziehen, damit sie Teil der Veränderung sind. Wir unterstützen dies u. a. durch Kommunikations-Matrix-Verfahren in enger Abstimmung mit unseren Kunden/innen.
Christiane Räbiger: Wir bauen ganzheitliche Steuerungs-Konzepte über fachliche Change-Modelle mit unseren Kunden/innen auf. Sehr häufig arbeiten wir als verbindendendes Glied in einem Dreieck aus Management, Mitarbeiter/innen und SAP-Berartungsunternehmen.

Viele Kontakte entwickeln sich über Beziehungsmarketing? Können sie uns beschreiben, was das Besondere an den gewonnenen Kundinnen und Kunden in der von Ihnen beratenden Branche der Rechts- und Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung ist? Wie kann man hier USPs (Unique Selling Propositions) entwickeln?
Martina Anzer: In diesem Markt mit größtenteils austauschbaren Produkten ist die Differenzierung und die USP-Ausgestaltung nicht immer einfach. Vor allen qualitative Aspekte, transparente Kommunikation sowie Beziehungsmarketing tragen in dieser Branche zu Erfolg und Weiterempfehlungen bei. USP-Entwicklung heißt, seine Alleinstellungsmerkmale zu kennen – dies gilt es zu identifizieren.
Christiane Räbiger: Neben der permanent hohen Qualität ist ebenso die Authentizität entscheidend. Die Nachhaltigkeit der getätigten Aussagen unterstützt die Beziehungsmöglichkeiten. Die Einholung und Weitergabe von Referenzen und Empfehlungen nach erfolgreich gelaufenen Projekten bei den Entscheidern untereinander hat hier großes Gewicht.

Sie haben Ihr Unternehmensnetzwerk deutschlandweit auf die Standorte Ottobrunn, München, Berlin, Köln, Koblenz und Straubing ausgeweitet. Wie kann man sich die Beratungsarbeit und den kooperativen Austausch Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter untereinander vorstellen?
Martina Anzer: Der virtuelle Austausch verläuft mittlerweile über die gegebenen Möglichkeiten sehr effizient. Dazu kommen bei uns strukturierte und regelmäßige Team-Meetings. Zweimal jährlich treffen wir uns zu Strategie-Tagungen. Der persönliche Austausch ist und bleibt wichtig.
Christiane Räbiger: Der Arbeitsort ist bei uns irrelevant, denn die Qualität und der Zeitplan müssen stimmen. Das Leben und die Arbeit müssen in Einklang miteinander passend sein. Wir vereinbaren zudem ganze Wochen gemeinschaftlich an einem unserer Standorte. Bisher klappt der Arbeits-Mix und kooperativen Austausch aus unserer Sicht sehr gut.

Was sind für Sie die wichtigsten Aspekte von erfolgreichen Unternehmerinnen?
Martina Anzer und Christiane Räbiger: Beharrlichkeit, Offenheit für permanente Veränderungen, Hinterfragen der internen Prozesse, offene Kommunikation und Mut zum Risiko. Zudem muss man Menschen mögen und führen wollen.

Was haben Sie im Studium für Fähigkeiten gesammelt, die Sie noch heute einsetzen?
Christiane Räbiger: Natürlich die Grundlagen der BWL wie Buchhaltung, Jahresabschluss und Controlling. Auch die Kurse zur Personalführung und grundsätzlich das strukturierte Arbeiten und die Selbstorganisation habe ich aus dem Studium mitgenommen.
Martina Anzer: Bei mir blieben die Veranstaltungen zur Organisationsentwicklung und zu Finanzen in Erinnerung. Gerne würde ich mir wünschen, dass die Studierenden noch mehr über Prozessarbeit in den Vorlesungen mitbekommen.

An welches Ereignis, welchen Menschen oder Ort aus Ihrer Studienzeit erinnern Sie sich immer wieder gerne zurück? Worüber müssen Sie noch heute schmunzeln?
Christiane Räbiger: Wir haben ja zusammen in einer Wohngemeinschaft zu fünft in Nürnberg gewohnt und da bleibt eine übervoll besuchte WG-Party sehr stark in Erinnerung. Prof. Dr. René Heelein für das Fach Jahresabschluss und Prof. Dr. Peter Pralle für das Fach Controlling haben mich sehr geprägt.
Martina Anzer: Prof. Dr. Theo Knicker und Prof. Dr. Hans Schneider als meine Personal-Professoren sind mir noch in wärmster Erinnerung.

Haben sich in den vergangenen Jahren Berührungspunkte mit Studierenden der TH Nürnberg ergeben?
Martina Anzer: Aktuell und in den letzten Jahren hatten wir keine Berührungspunkte mit Studierenden der TH Nürnberg. Das ist sehr schade und wir wollen dies gerne ändern in der kommenden Zeit und uns hier beispielsweise bei Abschlussarbeiten engagieren.

Stellen Sie sich einen perfekten Tag vor – was gehört unbedingt dazu?
Martina Anzer und Christiane Räbiger: Am Morgen in Ruhe eine Tasse Kaffee trinken, Zeit zum Nachdenken und Raum für Bewegung. An dieser doch sehr deckungsgleichen Antwort von uns beiden merkt man mal wieder, dass wir echte Zwillinge sind. Zudem ist es natürlich noch unbezahlbar, wenn unserer Kunden/innen und Mitarbeiter/innen sowie die Familien drum herum gesund und glücklich sowie begeistert sind.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Unser Unternehmen ist für uns ...
Martina Anzer und Christiane Räbiger: … Teil des Lebens sowie ein Traum, der sich erfüllt und vielen Menschen Arbeit geben soll.

Haben Sie erreicht, was Sie sich mit 21 vorgenommen hatten?
Christiane Räbiger: Ich hatte mir damals nichts konkretes vorgenommen und es gibt immer noch sehr viel zu Erreichen. Die Unternehmensgründung hatten wir uns jedoch in der Studienzeit als Idee gesponnen und letztendlich durchgezogen.
Martina Anzer: Unsere WG war ferner ein jugendlicher Wunsch den wir uns dann während des Studiums erfüllt haben.

Verraten Sie uns Ihr jeweiliges Lebensmotto?
Martina Anzer: Jede Medaille hat zwei Seiten. An allem Negativen gibt es auch etwas Positives.
Christiane Räbiger: Farbe bekennen und zu dem Stehen, was man sagt.

(Interview: Daniel Großhauser)

Gerd Schmelzer
Gerd Schmelzer

Schmelzer, Gerd (2022)

Sehr geehrter Herr Gerd Schmelzer, erst einmal herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen.

Sie haben einen beeindruckenden Werdegang nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann und dem Abschluss als Diplom-Betriebswirt (FH) bis hin zum Sportfunktionär und Immobilienunternehmer vorzuweisen. Wie haben Sie dies alles erreichen können?
Solche Berufswege kann man im Vorhinein nicht wollen. Ich bin stets mit einem klaren Berufsbild und offenen Augen in mein Leben gestartet und habe aktiv gehandelt sowie auftauchende Chancen direkt ergriffen. Es waren aber häufig ebenso Zufälle, die gewisse Weichenstellungen ausgelöst haben. Mit einem ersten Finanzierungsinteresse bin ich in jungen Jahren zur Bank gegangen. Ich wollte anschließend eigentlich dem Entwicklungsdienst beitreten, bin aber dann durch den Antrieb meiner Eltern zur Bundeswehr gegangen. Im Studium habe ich bereits beharrlich nebenbei gearbeitet und erste Import-/Exportfirmen gegründet inklusive abenteuerlichen Ausflügen u.a. bis in den Orient nach Syrien. Das Unternehmertum mit einer hohen Selbstbestimmtheit reizte mich von jeher.

„Ich bin ein schlechter Koch und hatte eine Kneipe, ich verstehe wenig von Technik und war Autohändler, ich war kein Fußballer, aber Club-Präsident.“. Würden Sie im Nachhinein bei diesen vielfältigen Stationen irgendetwas anders machen?
Die Kneipe und das Citroën-Handelsunternehmen waren erste unbedarfte studentische Taten. Beim 1. FCN und bei einzelnen strategischen Unternehmungen kann man rückblickend immer etwas besser machen. Ich selbst bin dankbar dafür, dass auch diese Lebensabschnitte so gelaufen sind, wie sie gelaufen sind. Nach dem nicht ganz reibungsfreien Rückzug als Club-Präsident konnte ich mich voll und ganz der Weiterentwicklung meines Unternehmens mit ungebremsten Tatendrang widmen. Da ich von Grund auf nicht aus materiell unabhängigen Verhältnissen stamme, hat es das Schicksal insgesamt sehr gut mit mir gemeint.

Sie haben sich als Impulsgeber auf den Immobilienmarkt im Besonderen in den Bereichen „Revitalisierung“ und „Neustrukturierung“ fokussiert. Was veranlasste Sie zur Spezialisierung auf diese besonderen Themen-Objekte?
Mit Mitte 20 war ich zwar mittellos, aber mit Energie und Kraft ausgestattet. Ich habe für mich am Markt eine Chance gesucht bei risikoreichen Objekten in der Nische, die andere liegen haben lassen, nicht wollten oder für viele zu arbeitsintensiv waren. Leerstände wie die Konservenfabrik, das Triumph-Adler-Gelände oder der Augustinerhof waren bekannt, jedoch sind wir diese offensiv angegangen. Die Erfahrung steigert sich natürlich mit der Zeit enorm, wenn man wach und intensiv am Markt bleibt.

Sie verantworten die Immobilieninvestments in Ihrem Unternehmen. Wie hart umkämpft sehen Sie hier aktuell den Wettbewerb in der Immobilienbranche? Und wie heben Sie sich hier von den Mitbewerbern ab? Können Sie uns dazu ein konkretes Beispiel nennen?
Wir behaupten uns vom Makler, über den Gutachter bis hin zum Baubetreiber am ganzheitlich breiten Immobilienmarkt. Von der Planung, Finanzierung bis hin zum Bau und der Verwaltung liegen alle Tätigkeiten im Rahmen unserer Gruppe. Selten treten wir mit unserem Family Office als reine Verkäufer auf. Das ist unsere besondere Unternehmensausrichtung in der Nische.

Seit 2014 sind Sie auch noch Geschäftsführer der Lebkuchen-Schmidt GmbH & Co. KG in Nürnberg. Wie kam es zu diesem zusätzlichen Engagement? Und wie sind Lebkuchen und Immobilien miteinander vereinbar?
Beides ist trotz der sehr unterschiedlichen Branchenausrichtung wunderbar miteinander verknüpfbar. Auch diese Verpflichtung im saisonalen Lebensmittelhandel entstand aus reinem Zufall. Henriette Schmidt-Burkhardt und ich hatten bereits ein langes und sehr enges Vertrauensverhältnis und ich war zuvor Mitglied im Stiftungsrat. Nach ihrem Tod wurde ich zum Testamentsvollstrecker ernannt. Bei der Geschäftsführungsbesetzung ist aus der ursprünglich geplanten Übergangszeit mittlerweile ein langjähriges Engagement mit viel Verantwortung in einem zweiköpfigen Geschäftsführungs-Team geworden.

Was haben Sie im Studium für Fähigkeiten gesammelt, die Sie noch heute einsetzen?
Als Mensch nah an der Praxis hat mich die damalige Fachhochschule Nürnberg akademisch besonders geprägt wie beispielsweise fachlich in den Kursen Steuern und Recht. Uns wurden theoretische Kenntnisse wie Analytik, Strukturierung und Organisation mit starker praktischer Anwendungsnähe in der Studienzeit mitgegeben.

An welches Ereignis, welchen Menschen oder Ort aus Ihrer Studienzeit erinnern Sie sich immer wieder gerne zurück? Worüber müssen Sie noch heute schmunzeln?
An die Wirtschaft am Kalbsgarten in der Oedenberger Straße denke ich noch fortwährend gerne zurück und beim Vorbeifahren wird mir bewusst, wie schnell die Zeit vergeht. Ebenso sind wir damals gemeinsam in der Mittagspause zur Mensa der Pädagogischen Hochschule Nürnberg in der Regensburger Str. 160 gefahren. Im Studium im ersten Semester habe ich damals den Mitstudierenden und Freund Franz Schneider kennen gelernt, der bis heute mit seiner Kanzlei Schneider und Helmreich mein Steuerberater geblieben ist. In der Rückschau aufs Studium kann ich mich ebenfalls noch lebhaft an frühere Fußballaufeinandertreffen an der Wöhrder Wiese erinnern.

Wie und womit können Sie in Ihrer Freizeit vom Berufsalltag am besten abschalten?
Mit sportlichen Aktivitäten wie Laufen oder Fahrrad fahren kann ich mich sehr gut ablenken. Die Natur rund um den Wöhrder See angrenzend an unser Unternehmen finde ich besonders beeindruckend.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Die Metropolregion Nürnberg ist für mich ...
… Heimat, in der ich mein Leben verbringe und hoffentlich noch lange verbringen werde.

Haben Sie erreicht, was Sie sich mit 21 vorgenommen hatten?
Damals hätte ich bereits offen und selbstbewusst gesagt, dass ich mit einem großen Freiheitsdrang selbständig sein will. Das war immer ein wesentliches Thema für mich. Was mir jedoch in der Rückschau das gesamte Leben gebracht hat, konnte ich mit 21 niemals ahnen.

Verraten Sie uns Ihr Lebensmotto?
Dankbar und optimistisch nach vorne leben, schauen und handeln.

Sehr geehrter Herr Gerd Schmelzer. Vielen Dank, dass Sie sich für unser Interview Zeit genommen haben!

(Interview: Daniel Großhauser)

Daniel Hosper und Michael Blaschka
Daniel Hosper und Michael Blaschka

Blaschka, Michael und Hosper, Daniel (2021)

Sehr geehrter Herr Michael Blaschka und Herr Daniel Hosper, erst einmal herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen.

Sie haben sich im Studium an der Fakultät Betriebswirtschaft der TH Nürnberg kennen gelernt und anschließend gemeinsam ein Unternehmen in der Immobilienwirtschaft gegründet. Wie kam es dazu?
Michael Blaschka: Ich leitete die Erstsemestereinführungstage als Tutor an der Fakultät BW der TH Nürnberg und lernte dabei den Studierenden Daniel Hosper als Gruppenbetreuer kennen. Anschließend tauschten wir uns intensiver über Unternehmensgründungen und Business aus.
Daniel Hosper: Wir beide haben in den Gesprächen schnell gemerkt, dass sich die Vorstellungen, Ideen und Ziele sehr gut ergänzen bei uns. Damals war jedoch noch nicht abzusehen, dass dies zu einem späteren beruflichen gemeinsamen Weg führen wird.

Wie wird man Immobilienunternehmer mit Leib und Seele? Wie sind Sie denn in dieser Branche gelandet?
Michael Blaschka: Mein Vater war bereits selbstständig als Unternehmer in der Immobilienbranche tätig. Als Sohn war ich früh mit auf den Baustellen dabei und konnte ihn immer wieder auch über die Schulter schauen.
Daniel Hosper: Ich hatte vor dem Studium bereits eine Steuer- und Finanzausbildung absolviert sowie auch schon Baufinanzierungen kennen lernen dürfen und dadurch eine gewisse Affinität entwickelt.
Michael Blaschka: Wir haben uns folglich sehr gut ergänzt mit diesen verschiedenen Expertisen. Nach reichlicher Überlegung und ohne Startkapital haben wir uns dann dazu entschieden, ein Unternehmen im Bereich Dienstleistungen im Immobilienverwaltungsbereich zu gründen. Die ersten Erfahrungen noch während des Studiums rund um die Immobilienverwaltung meiner Eltern sind dann nicht immer ganz so erfolgreich verlaufen. Im Jahre 2013 gründeten wir aber dann die Immobilienverwaltung ulimco ImmobilienTreuhand UG (haftungsbeschränkt).
Daniel Hosper: Die Leidenschaft für Immobilien wie auch Architektur und Bautechnik hat uns beide geeint. Die Firmengründung als Immobilienverwaltung im Schnittstellenbereich der Branche war strategisch ganz wichtig für uns und mit guten Wachstumschancen und fachlichen Lernmöglichkeiten verbunden.

Sie sind beide Geschäftsführer der ulimco Immobiliengruppe (dazu zählen die ulimco ImmobilienTreuhand GmbH, ulimco Development Partners GmbH, Raum(T)raum-Nürnberg UG (haftungsbeschränkt)) mit den Geschäftsbereichen Immobilienverwaltung, -consulting und -bewertung. Wie kann man sich Ihre tägliche Arbeit vorstellen?
Daniel Hosper: Einen klassischen strukturierten Tagesablauf gibt es bei uns tatsächlich nicht aufgrund der verschiedenen Tätigkeiten. Die Grenzen der unterschiedlichen Gesellschaften in der Immobiliengruppe verschwinden ebenso regelmäßig.
Michael Blaschka: Unser gemeinsamer Tag startet normalerweise immer um 6.00 Uhr früh zum gemeinsamen Joggen um die Wöhrder Wiese. Anschließend geht es ins Büro bezüglich der aktuellen Anfragen und Mitarbeiterbesprechungen. Im Nachgang stehen dann Gutachten-Erstellungen und Objektbesichtigungen an.

Woher haben Sie den Mut für eine Firmengründung hergenommen?
Daniel Hosper: Wir hatten eine große Portion Selbstvertrauen und eine gewisse Naivität hinsichtlich der Mischung aus Arbeitszeit, Risiken und finanziellen Möglichkeiten. Das hat für uns im Studium eine gute Kombination bedeutete. Mit dem Wachstum des Unternehmens steigt natürlich auch nach und nach die beruflich soziale Verantwortung.
Michael Blaschka: Als Studierende hatten wir zudem keine größeren monetären Verpflichtungen beispielsweise bezüglich einer Familie. Das erleichtert natürlich einen solchen Schritt in der Studienzeit. Wir gingen in der eigenen Gewissheit vor nach dem Motto, wenn man nicht viel hat, kann man auch nicht viel verlieren.

Was sind Ihre Key Learnings aus der bisherigen Zeit als Gründer? Welche Tipps würden Sie Studierenden weitergeben, die sich gerade im Moment mit dem Gedanken beschäftigen, ein Unternehmen zu gründen?
Michael Blaschka und Daniel Hosper: Drei Faktoren sehen wir als wichtig an: Gute Berater für kritische Fragen zu haben, um große Fehler zu vermeiden. An seiner Vision festzuhalten, auch wenn Gegenwind aus dem beruflichen und privaten Bereich aufkommt. Und als drittes sollte man immer Vollgas geben.

Was treibt Sie an, Innovationen und strategische Weichenstellungen in Ihrem Unternehmen stetig weiterzuverfolgen?
Daniel Hosper: Ein Wettbewerbsvorteil in unserer Branche kann nur über Innovationen erreicht werden. Ein starker digitaler Wandel zur Steigerung des Digitalisierungsgrades ist spürbar. Diese Weichenstellungen müssen früh erkannt, angenommen und aktiv angegangen werden.
Michael Blaschka: Eine weitere Antriebsfeder und ein wichtiger Baustein sind für uns die Investitionen in die Ausbildung und fortschrittliche Ausstattung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Welche Hebel setzen Sie in der Neukundengewinnung ein? Wie kann man sich die weitere Entwicklung Ihres Unternehmens vorstellen?
Michael Blaschka: In der Historie hat sich unser Unternehmen ausschließlich durch Weiterempfehlungen unserer Bestandskunden immer weiter aufbauen und unser Wachstum stetig ausbauen können.
Daniel Hosper: Für die Zukunft sind wir aber für innovative Weiterentwicklungen sehr aufgeschlossen und aktuell befinden wir uns in der Entwicklung einer konzernübergreifenden Vertriebsstrategie insbesondere durch Messe- und Onlinemarketing im Immobiliensachverständigenbereich. Hierfür haben wir einen Mitarbeiter eingestellt, der uns noch aus dem Studium an der TH Nürnberg bekannt war.

Was sind für Sie die wichtigsten Aspekte für einen erfolgreichen Unternehmer?
Michael Blaschka und Daniel Hosper: Wir sehen kreatives und lösungsorientiertes Denken, Beharrlichkeit, Loyalität, Transparenz, Resilienz und umfassenden Überblick über die gesamte Unternehmung als entscheidend an.

Was haben Sie im Studium für Fähigkeiten gesammelt, die Sie noch heute einsetzen?
Michael Blaschka: Die Sozialkompetenz durch den offenen Austausch mit den Lehrenden und Mitstudierendenhaben wir mitgenommen. Gerne erinnere ich mich an unseren damaligen Professor Dr. Georg Erdmann zurück. Er lehrte und lernte uns die professionelle Bündelung von Prozessen im Immobilienbereich, die wir später gut einsetzen und in der Praxis anwenden konnten.
Daniel Hosper: Ich habe die Fähigkeit mitgenommen, sich schnell in komplexe Themen einzuarbeiten und diese zu durchdenken.

An welches Ereignis, welchen Menschen oder Ort aus Ihrer Studienzeit erinnern Sie sich immer wieder gerne zurück? Worüber müssen Sie noch heute schmunzeln?
Michael Blaschka und Daniel Hosper: Wir erinnern uns noch immer an die Dachterrasse im 5. Stockwerk an der Fakultät Betriebswirtschaft der TH Nürnberg. Dort haben wir 2014 als wichtigen wie euphorischen Unternehmensschritt den Kauf der Firma RaumTraum Nürnberg bereits während des Studiums abgewickelt.

Haben sich in den vergangenen Jahren Berührungspunkte mit Studierenden der TH Nürnberg ergeben?
Michael Blaschka: Bis auf wenige Ausnahmen in unserem Mitarbeiter-Team haben wir bislang noch nicht intensiveren Kontakt zu den Studierenden der TH Nürnberg gehabt. Das wollen wir in der Zukunft jedoch stark ändern.

Stellen Sie sich einen perfekten Tag vor – was gehört unbedingt dazu?
Michael Blaschka: Ein Kaffee am Morgen, eine gute Stimmung im Mitarbeiterkreis und produktives Arbeiten.
Daniel Hosper: Ein Espresso am Morgen, erfolgreiche bewerkstelligte Arbeiten bis zum Nachmittag und im Anschluss eine gute Zeit mit meiner Familie.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Unser Unternehmen ist für uns ...
Michael Blaschka und Daniel Hosper: … Berufung, Erfüllung und stetige persönliche Weiterentwicklung.

Haben Sie erreicht, was Sie sich mit 21 vorgenommen hatten?
Michael Blaschka: Ja, denn mein Ziel war immer erfolgreich und unabhängig zu sein. Das habe ich erreicht.
Daniel Hosper: Ich würde rückblickend eher mit nein antworten. Mit 21 waren meine Ziele aber auch nicht sonderlich erstrebenswert. Die Ziele, die ich dann mit reiferen 25 hatte, konnte ich jedoch mittlerweile verwirklichen.

Verraten Sie uns Ihr jeweiliges Lebensmotto?
Michael Blaschka: Nur wenn einem die Arbeit Spaß macht und man Leidenschaft entwickelt, kann man auch erfolgreich sein.
Daniel Hosper: Das Leben ist einfach: Triff Entscheidungen und blicke nicht zurück.

Sehr geehrter Herr Michael Blaschka und Herr Daniel Hosper. Vielen Dank, dass Sie sich für unser Interview Zeit genommen haben!

(Interview: Daniel Großhauser)

John-Paul Pieper
John-Paul Pieper

Pieper, John-Paul (2021)

Sehr geehrter Herr John-Paul Pieper, erst einmal herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen.

Sie sind nun seit 2021 als Vertriebsvorstand bei der ERGO Direkt AG in Nürnberg tätig. Wie kann man sich Ihre tägliche Arbeit vorstellen?
Viele Gespräche. Mit meinen Teams geht es da besonders um die Identifikation von Potenzialen, die uns bei der Erreichung der Vertriebsziele helfen oder darum, Probleme aus dem Weg zu räumen, die unsere Performance als Vertrieb limitieren. Das will bei einer Organisation von rund 1.000 Mitarbeiter*innen gut organisiert sein, sonst wird das nichts. Dazu gehören auch regelmäßige Gespräche mit unseren Stakeholdern rund um die Organisation herum. Natürlich wird auch viel über die aktuelle Performance informiert, denn jeder Stakeholder interessiert sich in der Regel dafür, ob die Zahlen stimmen. Darüber hinaus ist es wichtig, dass im Konzern die Funktionsweise des Direktvertriebs gut verstanden ist, um strategische Entscheidungen für die Zukunft möglichst informiert treffen zu können. Die Marktrahmenbedingungen ändern sich heute recht schnell.

Was macht die Arbeit in einem Vorstandsteam aus? Wie kann man sich hier eine Verteilung von Aufgaben und Kompetenzen vorstellen?
Formell gibt es einen sogenannten Geschäftsverteilungsplan, in dem die Kompetenzbereiche geregelt sind. Einige Verantwortungsbereiche werden vom Vorstandsteam gemeinsam getragen und auch das ist im Geschäftsverteilungsplan geregelt. Tatsächlich geht es jedoch um bestmöglich abgestimmte Teamarbeit. Die verschiedenen Funktionen und Teams in einer Organisation müssen so nahtlos wie möglich ineinandergreifen. Und das funktioniert dann gut, wenn es im Vorstandsteam eine vertrauensvolle Zusammenarbeit gibt und Einigkeit über Ziele mit höchster Priorität herrscht.

Sie sind in jungen Jahren in Ihrem Werdegang in den Vertrieb von Telekommunikation eingestiegen und noch immer in dieser Sparte tätig. Wie entdeckten Sie die Leidenschaft für den Vertrieb?
Meine Familie hat nach dem 2. Weltkrieg ein kleines Radio- und Fernsehgeschäft eröffnet, und im Einzelhandel geht es natürlich in erster Linie um Vertrieb und darum, Kunden von sich und den gebotenen Leistungen zu begeistern. In meiner Jugend war ich sehr häufig im Laden meiner Familie und habe dort mit 14 Jahren auch mein erstes Produkt verkauft. Es war eine tolle Erfahrung, einen Kunden erfolgreich von etwas überzeugt zu haben. Ich habe in der Vergangenheit gelernt: „Everything starts with somebody selling something“. Mit anderen Worten: egal welche Funktion man bekleidet, wir verkaufen bewusst oder unbewusst immer – Produkte, Dienstleistungen, Ideen oder uns selbst. Und wenn wir uns darüber nicht im Klaren sind, tun wir es vermutlich nicht besonders erfolgreich.

Zuvor haben Sie den Aufbau und die Gründung des ERGO-Tochterunternehmens nexible verantwortet. Wie sind Sie die Herausforderungen hier angegangen?
Das war mal etwas ganz anderes. Die Idee zu nexible existierte nur auf einer PowerPoint-Folie und ich hatte die Möglichkeit, ein völlig neues Team aufzustellen, das Unternehmen zu gründen, die Organisationsstruktur festzulegen… es war eine sehr spannende Sache. Da es eine Neugründung war, hatte ich mir fest vorgenommen, das Unternehmen nach modernen Leadership- und Zusammenarbeitsprinzipien aufzubauen. Beispielsweise gab es keine Berichtslinien unterhalb der Geschäftsführung, sondern nur Senioritätsstufen. Das Team hat sich im Wesentlichen selbst um die wesentliche Ziele herum organisiert.

Sie sind schon in jungen Jahren bei Vodafone im kleinen eingestiegen und haben hier einen erfolgreichen beruflichen Werdegang hingelegt. Was waren hier besondere Schlüsselfaktoren?
Ich glaube, dass es wichtig ist, schnell zu lernen wie sich Ideen konkret operationalisieren lassen und woran es gerne einmal hakt. Häufig glauben wir, dass eine clevere Strategie ausreicht und der Rest findet sich dann. Das ist meistens nicht so. „Retail is detail“ bedeutet, dass die meisten guten Strategien in der detaillierten Umsetzung im Alltag scheitern, weil die betroffenen Mitarbeiter*innen zum Beispiel nicht ausreichend mitgenommen worden sind und sich daher nicht orientieren können. Da ich nach meiner Schulzeit gemeinsam mit meinem Bruder eine Vodafone-Agentur eröffnet habe, konnte ich das jeden Tag erleben und lernen, wie wichtig es ist, sich mit den konkreten Auswirkungen von strategischen Entscheidungen am Point-of-Sale zu beschäftigen: Dort, wo der Kunde am Ende die finale Entscheidung trifft. An konkrete, planbare Schlüsselfaktoren für eine Führungskarriere glaube ich nicht. Was jedoch nach meinem Dafürhalten hilft, um eine effektive Führungskraft zu sein, ist möglichst früh operativ in einem Unternehmen Verantwortung zu übernehmen. Gerade Einsteiger werden häufig von Rollen angesprochen, die einen strategischen Anstrich haben. Es ist gut, zu lernen konzeptionell zu denken und zu arbeiten, doch ohne die operative Arbeit kennengelernt zu haben wird man viel PowerPoint malen und erfahrungsgemäß wenig bewirken. Auch die Glaubwürdigkeit der eigenen Person leidet, wenn der Lebenslauf von rein strategischen Rollen dominiert wird und das Anpacken im Tagesgeschäft zu kurz kommt. Zu häufig wird auch das Netzwerk unterschätzt: für viele Führungspositionen werden Personen in Betracht gezogen, die bereits eine gewisse Sichtbarkeit im Unternehmen erlangt haben und handfeste Probleme lösen konnten. Das geht nur mit viel Leistung und mit viel Nähe zu den Kolleg*innen, mit denen wir täglich arbeiten.

Welche wertvollen Erfahrungen konnten Sie aus Ihrer beruflichen Zeit im Ausland bei Vodafone mitnehmen?
Meine Station bei einer globalen Organisation wie Vodafone in England war für mich eine ganz besondere und vielfältige Herausforderung, denn die Zusammenarbeit mit den unterschiedlichsten Kulturen über Kontinente hinweg ist trickreich. Da war zum einen einmal die Sprache, die gerade in den Gremien mit alteingesessenen Muttersprachlern durchaus eine Hürde war, die ich erst einmal meistern musste. Da half es, jeden Abend britische Serien im TV mit englischen Untertiteln zu schauen und sich informell möglichst viel mit Kolleg*innen auszutauschen. Auch konnte ich lernen, wie mächtig es ist, komplexe Sachzusammenhänge mit einer Story zu erklären, die erst einmal schnell verstanden wird – alleine, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Damals habe ich gerne Vodafone Global mit einer Flotte von Schiffen verglichen und hergeleitet, welche Funktionen und welche Expertise – z.B. exzellente Navigation – nötig sind, damit die Flotte ihren Weg findet. Darauf lassen sich clevere Visualisierungen aufbauen um zu zeigen, wie wir die Herausforderungen angehen wollen, um sicherzustellen, dass die Mehrheit meines Teams und auch meiner Kolleg*innen die Stoßrichtung verstehen und an Bord sind. Damit ist der Business Case am Ende einfacher in den Gremien zu entscheiden, denn jeder kennt die Story dahinter. Es ist wichtig, Komplexität auf etwas zu reduzieren, das sich intuitiv verstehen und entscheiden lässt. Die Umsetzung gelingt in der Regel, wenn jeder der Mitarbeiter*innen weiß, warum wir an dieser Veränderung arbeiten und warum dies wichtig für das Unternehmen ist. Das überbrückt auch Kulturen und Kontinente.

Welche Schwerpunkte haben Sie in Ihrem Studium gelegt und was konnten Sie aus Ihrem Studium für Ihr Berufsleben mitnehmen?
Ich habe mit Vertriebspolitik, Industrie- und Dienstleistungs-Marketing sowie Informationstechnologie die Schwerpunkte gelegt, für die ich auch heute noch brenne. Darüber hinaus war mir wichtig, das Maximale aus der Praxiszeit herauszuholen, die ich bei Vodafone begann und die schon während der Studienzeit in einer Vollzeitstelle mündete. Dieser Fokus darauf, schnell in einem Unternehmen Fuß zu fassen, das mich begeisterte, hat mich von Nürnberg nach München und kurz darauf nach Düsseldorf geführt. Daneben wollte ich mein Studium ebenfalls erfolgreich abschließen. Diese fordernde Kombination war in meinem Studienleben sehr speziell. Bei Gruppenarbeiten und zur Prüfungszeit war dies doch sehr herausfordernd, denn ich war häufig per Telefonkonferenz zugeschaltet oder musste kurzfristig zu Prüfungen anreisen, da ich nicht immer vor Ort am Campus sein konnte. Auch dank vielerlei pragmatischer Unterstützung von vielen Professoren und Professorinnen, die ich so an einer Universität unter Umständen so nicht erhalten hätte, konnte ich dies erfolgreich bewältigen. Rückblickend war dieser Weg für mich genau der Richtige.

Wären Sie gern noch einmal Student?
Das Psychologie-Studium als Weiterentwicklung reizt mich noch immer und vielleicht setze ich diesen Wunsch in der Zukunft ja noch in die Realität um. Die Funktionsweise unseres Gehirns und was diese für die Arbeit als Führungskraft bedeutet, wird für mein Dafürhalten noch immer unterschätzt. Aufgrund meiner aktuellen Aufgaben bliebe für ein Studium wie dieses im Moment leider keine Zeit. Das BWL-Studium hat mir in der Nachbetrachtung trotz einiger Stressphasen zwischendrin sehr gut gefallen und daher denke ich an diese Zeit immer gerne zurück. Die netten Mitstudierenden, die praxisnahen Lehrenden als auch insbesondere die faszinierenden Gastreferent*innen aus der Wirtschaft fand ich klasse. Heute habe genug Wissen um beurteilen zu können: Da wurde uns als Studenten eine Menge an praxisnaher Expertise aus verschiedenen Branchen geboten.

An welches Ereignis, welchen Menschen oder Ort aus Ihrer Studienzeit erinnern Sie sich immer wieder gerne zurück? Worüber müssen Sie noch heute schmunzeln?
An meine Professorin Dr. Sibylle Kisro-Völker denke ich unglaublich gerne zurück. Sie war für mich eine wahnsinnig inspirierende Person in den Fächern Englisch und Philosophie. Die Gespräche mit ihr waren immer enorm emotional und feinfühlig. Ich habe sie als sehr empathische, reflektierte, clevere, respektierende wie gütige Person in Erinnerung. Nach den Gesprächen mit ihr habe ich mich jedes Mal ein wenig größer gefühlt als vorher. Ich kann zweifellos sagen, dass diese Erfahrung mein Verständnis von Führung geprägt hat – es war ein großer Unterschied zu den typischen, hierarchischen und dominanten Interaktionen mit anderen „Vorgesetzten“. Diesen Umgang gebe ich mittlerweile auch überzeugt an Führungskräfte bei ERGO weiter, sowohl an den Nachwuchs wie auch die senioren Führungskräfte die schon viel Verantwortung tragen.

Haben Sie noch Kontakt zu Ihren ehemaligen Kommilitoninnen und Kommilitonen? Was bedeutet Ihnen diese Verbindung?
Da ich in der Studienzeit wegen meiner ungewöhnlichen und umtriebigen Tätigkeiten nicht generell so ausgiebig an der Hochschule vor Ort selbst gewesen bin, hatte ich generell nur eingeschränkte Kontakte, die ich aber in der letzten Zeit mit drei ehemaligen Mitstudierenden auch persönlich wieder aufnehme und intensiviere. Wir sind nun alle in einem Alter, in dem man urplötzlich an die Weggefährten aus der Studienzeit zurück denkt und sich fragt: Mensch, was ist aus denen denn geworden? Jedes der bisherigen Gespräche hat gut getan und wirkt auch erdend, denn es gibt in der Wirtschaft so viele verschiedene Wege, etwas aus sich zu machen.

Wie und womit können Sie in Ihrer Freizeit vom Berufsalltag am besten abschalten?
Ich muss erst einmal zugeben, dass ich in den ersten zehn Jahren meiner Laufbahn ein ziemlicher Workoholic war. Erst als einige Mentoren es geschafft haben, klarzustellen dass ein „Vogel mit nur einem Flügel nicht lange fliegt“, habe ich begonnen mich sehr viel mehr mit der Ausgestaltung meiner Freizeit als Ausgleich zu beschäftigen. Sehr gerne spiele ich heute wieder mehr Golf, Billard und auch Computerspiele. Darüber habe ich gemeinsam mit meiner Partnerin das Wandern entdeckt. Daher sind wir in der letzten Zeit auch mehr und mehr mit unserem eigenen Camper-Van in der traumhaften bayerischen Natur unterwegs.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Die Metropolregion Nürnberg ist für mich ...
… ein Ort mit exzellentem Schäufele – geprägt von hoch qualifizierten Menschen, die die Bodenhaftung selten verlieren, was ich sehr schätze.

Haben Sie erreicht, was Sie sich mit 21 vorgenommen hatten?
Ich habe mir mit 21 gar nichts vorgenommen. Ich habe mir wenn überhaupt damals vorgenommen, dass ich nicht scheitere und wenn doch, dass ich schnell wieder aufstehe. Das war mein Credo. Denn ganz ohne Unwägbarkeiten geht es nicht im Leben. Ich hatte aber damals tatsächlich kein konkretes Ziel vor Augen und habe es bis heute nicht. Wenn jedoch Projektthemen anstanden, war ich immer jemand, der bereit war, diese Chancen offen zu ergreifen. Im Leben sollte man daher nicht zu wählerisch sein und sich auch nicht zu sehr auf ein Rollenprofil versteifen. Ein ehemaliger Chef sagte einmal zu mir „Du gehst wohl gerne da hin wo es weh tut?“ – und das stimmt rückblickend. Dieses Vorgehen hilft jedoch enorm, um im Unternehmen vorwärts zu kommen, denn für die schönen Jobs, die gemachten Nester, gibt es viele Freiwillige. In meinen Karrierestationen war mir ebenfalls immer wichtig, mit Menschen zusammen zu arbeiten, mit denen man sich auch menschlich gut versteht. Da sollte man aus meiner Sicht keine Kompromisse machen: wenn die Interaktion schmerzhaft ist und man sich nicht wertgeschätzt fühlt, sollte man sich das nicht lange antun.

Verraten Sie uns Ihr Lebensmotto?
Nimm's nicht so ernst.

Sehr geehrter Herr John-Paul Pieper. Vielen Dank, dass Sie sich für unser Interview Zeit genommen haben!

(Interview: Daniel Großhauser)

Robert Puchalla (Foto: Jürgen Müller, Nürnberg)
Robert Puchalla (Foto: Jürgen Müller, Nürnberg)

Puchalla, Robert (2020)

Interview mit Alumni Robert Puchalla durch lifesoundssmart.com (Interviewer: Jürgen Müller):

Nürnberg hat schon immer ziemlich coole Männer auf dem Tablett serviert. Martin Behaim, den Erfinder des Globus, oder Peter Henlein, welchem man lange die Erfindung der ersten Taschenuhr zuschrieb. Das waren echte Kerle, die sich mit dem Status Quo ihrer Zeit nicht zufrieden gaben.

Haben die beiden Besagten das Zeitliche schon lange gesegnet, so steht mit Robert Puchalla ein quicklebendiger und überaus sympathischer Visionär vor mir. Ausgestattet mit ganz viel Ahnung von Marken, Menschen und Technologien "rockt" Robert mit seinen Kollegen das Business bei arsmedium, einer Marketing-Agentur im Norden der Stadt.

Ich spreche mit ihm über seine Arbeit, seine Sicht auf die Zukunft und über Kühe auf der Straße.

Versuche mal bitte die Digitale Transformation mit deinen Worten in 2 oder 3 Sätzen zu beschreiben. Fällt dir das schwer?
Nö, gar nicht. Vielleicht sag ich erst was sie nicht ist und im Anschluss was sie ist. Sie bedeutet nicht einfach die neuesten Tools auszuprobieren, um zu sehen was da passiert! Sie beginnt in den Köpfen der Unternehmen. Sie bringt eine veränderte Einstellung zur Arbeit und zum Geschäftemachen mit sich. Wichtig ist zu verstehen, dass sich sämtliche Märkte durch die Digitalisierung wandeln werden. Schau dir das Kosumentenverhalten an. Jeder hat heutzutage die Chance auf vollständige Information und Kunden können sich untereinander austauschen. Die Unternehmen benötigen ganz andere Herangehensweisen, um potentielle Kunden anzusprechen und abzuholen. Das ist für mich die Transformation! Viele Firmen arbeiten nunmal noch in alten starren Strukturen, ohne eine "strategische Agilität" entwickeln zu können. Strategisch denken, aber im Operativen agil und flexibel handeln. Schnell sein! Eine Website beim Aufbau zu hundert Prozent durchzudeklinieren - das funktioniert heutzutage nicht mehr. Die digitale Transformation ist ein Mindshift in den Köpfen der Menschen.

Du scheinst jemand zu sein, der schon immer den Kunden in den Fokus genommen und sich immer genau angesehen hat was dieser wann und wie tut?
Mit dieser Denkweise war ich schon immer recht erfolgreich. Die Menschen dahinter zu sehen hat für mich immer funktioniert. Was sich wirklich verändert hat ist die Tatsache, dass ich nicht mehr allein über den persönlichen Kontakt die nötigen Informationen über den Kunden erhalte, sondern im Rahmen der zunehmenden digitalen Möglichkeiten "tracken" kann. Das ist mehr als nur eine Ergänzung! Ich fand´s lustig auf der vergangenen DMEXCO in jeder Ecke den Schriftzug "Customer Centricity" zu lesen. Wenn wir erst jetzt auf die Idee kommen den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen, dann ist das ein wenig spät. Ich muss denjenigen mit dem ich zusammen arbeiten möchte immer in den Mittelpunkt stellen, um seinen Bedürfnissen optimal gerecht werden zu können. Mit digitalen Werkzeugen kann ich das bis auf den Endkunden herunterbrechen. Das ist eine riesen Chance!

Was du beschreibst hat viel mit Datenstrukturen-, mengen und der Analyse von Daten zu tun. Informationen über Kunden und deren Verhalten gab es ja immer, aber nun werden diese verstärkt gesammelt um neue Geschäftsmodelle zu generieren und Kunden gezielter anzusprechen. Für viele Unternehmen stellt das eine große Hürde dar. Wie stehst du dazu? Wie kann man diesem Gefühl begegnen?
Naja, ich glaube es besteht eine gewisser Respekt vor dem "richtigen" Auslesen der Informationen. Ich muss Daten erstmal richtig lesen, um passende Rückschlüsse ziehen zu können. Wir besitzen in Europa eine Scheu vor dem Risiko. Wir haben zu viel Angst vor Fehlern! Aber warum? Warum nicht beispielsweise bei der Analyse von Daten mit kleinen Zielgruppen beginnen und sehen wie´s funktioniert und was man damit alles erreichen kann. Wir können doch wunderbare Handlungsempfehlungen daraus ableiten. Ein anderes Problem sehe ich noch im Bestand alter IT-Lösungen in den Unternehmen. Die Einführung von schmalen und agilen Systemen ist vielen Unternehmern noch ein Dorn im Auge, weil sie Respekt vor dem Invest haben. Grundsätzlich: "Data is the new oil!", d.h. datengetriebenes Marketing und die auf dem persönlichen Verhalten der Menschen basierende gezielte Ansprache ist schlichtweg die Zukunft. Die Unternehmen müssen aber selbst herausfinden was genau zu ihnen und ihrer Marke passt. Es ist keine einfache Aufgabe, ganz klar. Die Unternehmen brauchen mehr Mut um aus den gewonnenen Daten Hypothesen zu erstellen und Prototypen zu testen. Ich kann mir im Vorfeld viele Gedanken über das Verhalten meiner Kunden machen. Am Ende verhält er sich aber vielleicht doch ganz anders.

Damit rückst du dem Kunden aber ganz schön auf die Pelle!
Ja!

Was macht dich optimistisch, dass er es mitmacht?
Hm, ihm bleibt nix anderes übrig. Also aus Unternehmersicht behaupte ich: "Wer die digitale Transformation nicht mitmacht, der wird nicht überleben!" Airbnb z.B. wirbelt mit seiner datenbasierten Plattform die Hotelbranche durcheinander. Die müssen sich nun überlegen wie sie darauf reagieren. Zukunftsorientierte Firmen denken strategisch und agil zeitgleich. Aber erkläre mal einem alteingesessenen Player wie das geht und was Agilität im operativen Bereich bedeutet. Dazu sind viele Unternehmen noch viel zu sehr an reinen Verkaufszahlen orientiert. Wenn ich strategisch denke, dann nehme ich auch mal in Kauf nicht zu wachsen, sondern entwickle am Kunden orientierte Maßnahmen, die mir dann später vielleicht noch höhere Renditen einbringen.

Du hast ja selbst mal BWL studiert. Dann wirst du sagen können, dass das nicht Teil der Lehre in Deutschland ist.
Da stimme ich dir zu. Diese Denke ist weder in den Lehrstühlen, noch in den Firmen etabliert. Aber über die Ausbildung brauchen wir uns nicht zu unterhalten. Die ist schon lange nicht mehr zeitgemäß. Die Schüler und Studenten werden seit Jahren nicht mehr auf die wirklichen Herausforderungen vorbereitet. Daher finde ich es sehr gut was ihr an der Shiftschool macht und dass ihr die Dinge einfach über den Haufen werft. Ich bin selbst Dozent an der Georg-Simon-Ohm Hochschule. Ich versuche dort viele Themen voranzubringen und zu pushen. Es gilt jetzt noch die Zeit zu überbrücken, bis die sogenannten Digital Natives in höhere Positionen der Unternehmen vorrücken. Das wird Effekte haben. Davon bin ich überzeugt!

Um gut beraten zu können musst du der Zeit eigentlich immer ein Stück voraus sein. Was tust du selbst dafür um an Infos zu kommen, die für alle anderen noch nicht greifbar sind?

Die wichtigste Fähigkeit ist dem Kunden die neue Information übersetzen zu können, d.h. ihm zu erklären welche Konsequenzen etwa neue Technologien für ihn haben. Wir führen viele Workshops durch und besuchen selbst Vorträge. Dazu haben wir intern einen Think Tank mit unseren Leuten etabliert. So viel bin ich persönlich der Zeit gar nicht voraus. Das Team macht´s aus!

Thema KI! Da rauscht viel durch den Blätterwald. Jeder spricht darüber und keiner weiß was hinter dem Begriff wirklich steckt. Vieles wird als künstliche Intelligenz bezeichnet und wird im Nachgang von Fachleuten enttarnt. Dennoch ist wirkliche KI bereits heute in der Lage in kreative Branchen vorzudringen und dort auch von einst von Menschen durchgeführte Tätigkeiten auszuführen. KI schreibt Bücher, KI macht Musik! Kannst du dir vorstellen, dass sie eine Rolle z.B. im Dialog-Marketing übernimmt?
Das ist durchaus möglich. Beim Event "Year of the Monkey" habe ich einen guten Vortrag von IBM hinsichtlich WATSON verfolgen dürfen. Dort war klar herauszuhören, dass es immer eine Interaktion zwischen Mensch und Maschine geben wird. Ich glaube persönlich nicht, dass Maschinen in den kommenden 20 oder 30 Jahren menschliche Entscheidungen treffen können. Wir wissen über uns selbst ja noch viel zu wenig, um es dann einem Computer beibringen zu können. Noch treffen Rechner rationale Entscheidungen und wenn es um Emotionalität geht, dann bedarf es eines Menschen. Die künstliche Intelligenz wird sich weiterentwickeln, der Mensch aber sicher auch. Ersetzen wird uns KI nicht!

Was müssen Menschen deiner Meinung nach in Zukunft können?

Eine interessante Frage. Sie müssen in Netzwerken denken und über den Tellerrand sehen können. Sie müssen die dahinter stehenden Technologien versuchen zu verstehen. Einerseits sollten sich Menschen weiterhin spezialisieren, aber andererseits den Überblick über das Große und Ganze versuchen zu behalten. Zwischen Wichtigem und Irrelevantem zu entscheiden wird eine weitere wichtige Fähigkeit sein. Filtern können!

Du sprichst die Spezialisierung von Arbeitskräften an. Die zunehmende Automatisierung in der Industrie, die Robotik oder auch das Internet of Things werden vermutlich einem größeren Teil von Arbeitnehmern zukünftig die Beschäftigung streitig machen. Was passiert mit Menschen, denen durch Technik die Lebensgrundlage genommen wird?
Die Menschen müssen so früh wie möglich darauf vorbereitet werden. Das geht für mich bereits in der Grundschule los. Die Kinder bereits dort mit den richtigen Inhalten zu versorgen ist eine Kernaufgabe. Aber im Moment fehlt die Basis. Die soziale Gemeinschaft wird auf die Probe gestellt werden. Politik und Wirtschaft müssen gemeinsam nach Lösungen suchen.

Das bedeutet die Digitalisierung erzeugt viele Verlierer und wenige Gewinner?
Ich würde es anders formulieren. Vielleicht hält es sich die Waage, wenn gut ausgebildete junge Leute nachrücken können. Aber ja, alle großen Umschwünge haben Gewinner und Verlierer hervorgebracht. Die Frage ist wie ausgeprägt die beiden Seiten diesmal sein werden. Das ist schwer zu sagen und kaum abschätzbar. Mit dem Modell des bedingungslosen Grundeinkommens sollten wir uns aber befassen. In der Schweiz wurde es leider nicht umgesetzt, denn der Versuch hätte wichtige Erkenntnisse für uns gebracht.

Die Digitalisierung erfordert von uns allen ein erhöhtes Tempo und viel Flexibilität. Das kann schon mal überfordern. Was macht der Privatmann Robert Puchalla um dem entgegenzuwirken?
Bei mir ist der wichtigste Ausgleich tatsächlich die Familie. Vor ein paar Jahren konnte ich mir gar nicht vorstellen eigene Kinder zu haben. Jetzt ist es so und ich kann darin wunderbar abschalten. Das ist auch mal Stress, aber ein ganz anderer. Viel pragmatischer und emotionaler. Ich bekomme da super den Kopf frei. Dazu betreibe ich viel Sport, gehe gerne laufen.

Kannst du dein iPhone mal weglegen?

Selten! Meine Frau sagt auch immer, dass ich´s doch ab und an abschalten soll. Das ist aber eine persönliche Sache. Wenn ich es über ein paar Tage nicht bei mir habe, dann häuft sich einfach zu viel an. Ich denke aber die Balance aus Freizeit und Arbeit ganz gut hinzubekommen, auch wenn meine Frau vielleicht anderer Meinung ist. Mir kommen halt viele gute Ideen für die Arbeit während der Freizeit. Ist das nun Arbeit oder Freizeit?

Gute Frage!
Ich achte aber auch sehr wohl darauf für was ich wieviel Zeit aufbringe. Ich werde mein iPhone aber nie weglegen können.

Du bist kein gebürtiger Nürnberger, Robert. Du bist ein "Neigschmeckter"! Erzähl mal was über dich. Wo kommst du her?
Ich bin in Kattowitz geboren. Das ist so die schwärzeste Ecke in Polen, geprägt vom Kohleabbau und der Industrie. Mit 13 Jahren bin ich dann mit meinen Eltern nach Deutschland gekommen. Ich bin im beschaulichen Dörfchen Seeg im Allgäu gelandet, ein absolutes Kontrastprogramm. Bergpanorama! 16 km von der österreichischen Grenze entfernt. Ich kann mich noch an unsere Ankunft nachts und den ersten Morgen erinnern. Nach dem Aufstehen habe ich aus dem Fenster gesehen und auf der Straße liefen Kühe. Ich habe mir gedacht: "Wow! Wo bin ich denn hier?" Das Allgäu habe ich wirklich lieben gelernt. Die Eltern meiner Frau und von mir leben noch dort. Wir fahren noch oft dorthin. Naja, nach dem Abi hatte ich die Möglichkeit etwas in Richtung Design zu machen, oder eben BWL mit Schwerpunkt Marketing in Coburg zu studieren. Nach 2 Jahren dort wollten meine Frau und ich was anderes sehen und sind nach Nürnberg gezogen. Wir wollten in Bayern bleiben, aber nicht zu nahe an der südlichen Heimat. Da kamen nur Würzburg und Nürnberg infrage. In meinen Augen ist Nürnberg eine hoch attraktive Stadt. Alles was ich schätze ist hier kompakt zusammen. Ich liebe die fränkische Mentalität und ihre Direktheit. Hier habe ich auch mein Studium abgeschlossen und begonnen zu arbeiten. Nach zwei Agenturgründungen bin ich aus der Selbständigkeit ausgestiegen, auch im Hinblick auf eine geplante Familiengründung. Irgendwann ist mir dann arsmedium über den Weg gelaufen und dort bin ich mittlerweile für das Business Development und die Beratung zuständig.

Beinahe wärst du Designer geworden. Es wirkt so, als könntest du gerade bei arsmedium die Aspekte Digitalisierung, Marketing und Design gut miteinander kombinieren. Du hast bei deinen Projekten einen sehr hohen ästhetischen Anspruch.
Absolut! Das hat sich aber auch dadurch entwickelt, weil ich mit sehr vielen guten Leuten zusammenarbeite, die selbst hohe Ansprüche an Design besitzen. Auch was das Thema Usability angeht. Vieles ist auch vom Markengedanken getrieben, nämlich um die Frage zu beantworten wie eine Marke nach Außen in Erscheinung treten muss. Ich habe durchaus einen kritischen Blick für sowas. Design und Usability müssen zum Kunden passen.

Du bist viel unterwegs. Wie wichtig ist das Reisen für dich?

Überaus wichtig! Für meinen Job ist das ja das A und O. Wir überlegen uns schon Alternativen um das abzumildern. Aber so wie wir als Agentur aufgestellt sind, hängt sehr viel davon ab sich mit den Menschen auch zu treffen. Webex- oder Skype-Sessions sind sicherlich machbar, aber dennoch musst du die Leute sauber abholen und zum Erfolg gehört für mich ein persönliches Treffen.

Was sind deine nächsten Steps?

Puh, hier (arsmedium) erstmal alt werden. Ich werde mich zwar immer irgendwie bewegen, aber ich glaube hier meinen "Deckel" gefunden zu haben. Ich möchte die Digitalisierung und das Consulting weiter ausbauen. Zusammen mit den Leuten bei uns besteht da noch viel Potential. Das alles wird mich begleiten. Struktur und Kultur bei arsmedium passen einfach. Ich könnte mir sehr gut vorstellen in Zukunft den Jüngeren gegenüber als Mentor und als Coach aufzutreten, um mein Wissen und meine Erfahrung weiterzugeben. Das wäre für mich die Erfüllung!

Robert, schönes Schlusswort. Vielen herzlichen Dank für das Gespräch mit dir!

Klar, immer wieder. Gern geschehen.

Mittlerweile ist Robert Puchalla als Managing Director Business Development sowie Member of the Management Board bei arsmedium tätig. Bei Interesse kann man mit ihm gerne über LinkedIn (Robert Puchalla) Kontakt aufnehmen.

Jürgen Müller´s Blog "lifesoundssmart" wurde während seiner Ausbildung zum Digital Transformation Manager an der Nürnberger Shiftschool geboren. Als einer der Pioniere der #classone war die Seite zunächst als eigene digitale Präsenz gedacht. Spannende Köpfe aus seinem Netzwerk nimmt er gerne mit und setzt sie mit persönlichen Interviews und Portraits ins passende Licht. Jürgen Müller denkt in Schnittstellen und fühlt sich beruflich dort aufgehoben, wo sich Marketing, Kommunikation, IT und Organisationsentwicklung zum gemeinsamen Café treffen.

(Interview: Jürgen Müller; Kooperative Weiterverwendung durch Daniel Großhauser)

Andreas Wolf
Andreas Wolf

Wolf, Andreas (2020)

Sehr geehrter Herr Andreas Wolf, erst einmal herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen.

Sie sind seit 2011 Gründer und Geschäftsführer der simINN GmbH im Bereich Eventbetrieb von Flugsimulatoren bei Stuttgart. Können Sie uns den Unternehmenswerdegang in ein paar Worten skizzieren?
Die Gründung des Eventanbieters simINN erfolgte 2011 in der Metropolregion Stuttgart. simINN steht für „simulation“ (sim) in Kombination mit einem Wohlfühlort (INN) und quasi für unsere „Airline“. Der Startschuss wurde in einem großen ehemaligen Fabrik-Areal in Filderstadt unweit vom Stuttgarter Flughafen gemacht. Nach stetigem Wachstum kam der Umzug direkt auf einen ehemaligen Flughafen, auf das Flugfeld Böblingen mit mittlerweile u.a. einem voll-funktionalen Original-Flugzeugcockpit einer Boeing 737, die eine wahre Historie mit „Patina“ aufweist. Wer zu simINN kommt, erlebt einen realistischen Flugsimulations-Event vom Ticketkauf über den Check-In, Flugvorbereitung, Flugphase, Verpflegung bis zur Landung – und dass alles unter Anleitung von echten Piloten.

In einem Flugsimulationscenter mit einer Boeing 737 und einer Cessna 172 zu arbeiten stellt man sich traumhaft vor. Wie kann man sich Ihre tägliche Arbeit vorstellen?
Es ist definitiv traumhaft und anspruchsvoll zugleich. Wir erfüllen vielen Business- als auch Privatkunden Kindheitsträume, die über eine Geschenkidee oder zu einem Firmenevent zu uns kommen. Die Arbeit ist interessant, spannend und mannigfaltig, da man mit begeisterten und unterschiedlichen Menschen in einem authentischen Flugumfeld zu tun hat. Es werden zwei echte Trainings-Flugsimulatoren bei uns eingesetzt, die in derselben Weise bei der Pilotenausbildung eingesetzt werden. In unserer Crew sind über 20 ausgebildete Verkehrspiloten und knapp 10 geschulte SkyGirls. Im Bereich Catering bewegen wir uns vom einfachen Finger-Food bis hin zu aufwendigen 5-Gang-Sterne-Menüs im Rahmen unserer eigenen Kulinarik-Events, die über das Jahr verteilt stattfinden.

Sie haben die simINN GmbH nach bereits einigen beruflichen Stationen gegründet und haben mittlerweile über 620 Firmenevents durchgeführt und zahlreiche auch renommierte Gäste vorzuweisen. Wie wird man vom Angestellten zum Gründer?
Nach einigen Marketing- und Vertriebsstationen mit zahlreichen (Flug)Reisetätigkeiten u.a. bei PLAYMOBIL, der GfK sowie bei SELLBYTEL und einem einjährigen Sabbatical mit einer Wanderung auf dem Jakobsweg reifte die Idee weiter, Events und Fliegen zusammenzubringen. Zwei Eventagenturen habe ich bereits während der Studienzeit betrieben. Zudem hatte geschichtlich mein Großvater nach dem 2. Weltkrieg Flugzeuge am Flugplatz Niederstetten in Stand gehalten. Eine Faszination für die spannende Fliegerei war nach diesen Erlebnissen daher immer da, auch wenn der Weg ins Cockpit selbst noch nicht erfolgte. Es folgten die konzeptionelle Aufbereitung und der Businessplan sowie zahlreiche Gespräche mit Unternehmern, Freunden und ehemaligen Kunden. Anschließend fiel der Entschluss dieses einzigartige Event-Thema zu wagen und umzusetzen. Als Unternehmer hat man viele Aufgaben und eine ganzheitliche Verantwortung, jedoch ebenfalls im Gegenzug dazu unternehmerische Freiheiten. Die Feedbacks und der Applaus von begeisterten Kunden im Event-Business und der sichtbare Erfolg unserer Unternehmensentwicklung und ist Bestätigung und Antrieb für mich als Unternehmer.

Woher haben Sie den Mut für eine Firmengründung hergenommen? Welche Tipps würden Sie Studierenden geben, die sich gerade im Moment mit dem Gedanken beschäftigen, ein Unternehmen zu gründen?

Mut gehört definitiv dazu - und auch Lampenfieber. Den Schritt hin zu einer Firmengründung muss man letzten Endes selbst tätigen. Seine Begabungen sollte man erkennen und Herzblut in die Arbeit hineinstecken. Den eigenen Mut verstärkt man daneben in der eigenen persönlichen Umgebung bei Freunden, Verwandten sowie im Unternehmerumfeld beispielsweise bei Infoveranstaltungen. Der stetige Austausch und die Netzwerkpflege sind wichtige Faktoren. Positive sowie negative Erfahrungen sind ebenso bedeutsam beim Weitermachen. Der aufschlussreiche Blick über den Tellerrand lohnt sich immer. Exemplarisch kann man in unserer Tätigkeitsbranche von der trainierten Entscheidungsfindung von Piloten sehr viel lernen.

Was treibt Sie an, Innovationen und strategische Weichenstellungen in Ihrem Unternehmen stetig weiterzuverfolgen?
Den Status Quo dauerhaft beizubehalten wäre langweilig und für das Business endlich. Man muss inhaltlich, technologisch und personaltechnisch mit der Zeit gehen, jedoch ansonsten nicht jedes beliebige Thema, jede Mode mitgehen. Der offene Umgang mit Innovationen über Netzwerk-Gespräche oder Vor-Ort-Termine schärft den Blick auf das Event-Branchenumfeld. Bei der Simulationsvisualisierung für ein realitätsnahes Fluggefühl sind wir verfahrenstechnisch sehr weit vorne und beim neuesten Stand mit dabei. Auch im noch sehr neuen und einzigartigen Bereich der Führungskräfteschulungen für Unternehmen mit Techniken aus der Luftfahrt sind wir sehr gut aufgestellt.

Welche Hebel setzen Sie in der Neukundengewinnung ein? Wie kann man sich die Weiterentwicklungen in diesem Bereich bei Ihrem Unternehmen vorstellen?
Die klassischen Marketinginstrumente, die wir im Studium erlernt haben, setzen wir natürlich ein. Ebenso sind wir auf Internet-Plattformen verstärkt aktiv. Einen sehr wichtigen Faktor nimmt insbesondere die tägliche Performance ein. Im Dienstleistungsbereich müssen selbstverständlich die Basics bei der Verpflegung über die technische Eventabwicklung bis hin zu den Extrameilen einfach sitzen. Zum anderen muss der Service-Gedanke bei allen Mitarbeitern stark verinnerlicht und ausgeprägt sein. Ein freundliches und kommunikatives Auftreten ist unerlässlich bei unserer Neukundengewinnung und Stammkundenbindung. Die Weiterempfehlung unserer Kunden nach einem erfolgreichen Besuch ist unser größter Trumpf.

Was sind für Sie die wichtigsten Aspekte für einen erfolgreichen Unternehmer?
Authentisches und freundliches Auftreten, höchste Service-Erbringung und eine motivierte Mitarbeiter-Crew sehe ich als bedeutungsvoll an. Und Sie brauchen ein spannendes Thema/ Produkt. Wenn es dann noch außergewöhnlich und einzigartig ist, haben sie schon die halbe Miete. Dennoch wollen und müssen wir uns tagtäglich neu beweisen – so wie jeder andere auch. Man sollte durchaus auch Vorbildsein. Eine Top-Leistungserbringung bringt auch Top-Kunden und Top-Geschäft.

Welche Schwerpunkte haben Sie in Ihrem Studium gelegt und was konnten Sie aus Ihrem Studium für Ihr Berufsleben mitnehmen?
Ich spezialisierte mich in Marketing und Vertrieb als Hochschulschwerpunkte. Man nimmt viel Fachwissen und hilfreiche Tools von begeisterungsfähigen Dozenten bei spannenden Themen aus dem Studium mit in die spätere Praxis. Nicht alles bleibt präsent und ist hilfreich versteht sich. Entscheidend ist, dass man das Nutzenbringendste herausfiltert, weiterentwickelt und das Erlernte dann aber auch auf die Straße bringt bzw. bei uns auf die Rollbahn. Umsetzung und Durchführung sind die Zauberformeln aus meiner Sicht.

An welches Ereignis, welchen Menschen oder Ort aus Ihrer Studienzeit erinnern Sie sich immer wieder gerne zurück? Worüber müssen Sie noch heute schmunzeln?
Die Stadt Nürnberg selbst mit der wunderschönen Altstadt hat sich in den ca. 20 Jahren meines Lebens vor Ort stark bei mir eingeprägt. Regelmäßig kehre ich bei Besuchen von Freunden und zu Events nach Nürnberg zurück. Natürlich mussten wir in der Studienzeit auch die anspruchsvollen Lernphasen durchleben. Prägend waren für mich als Teamplayer immer die aktiven Lerngruppen und gemeinsamen Teamausarbeitungen. Die Studierenden sollen sich aber zugleich den Ausgleich neben dem Lernen erhalten. Zu meiner Zeit kann ich mich an eine tolle Kneipenszene mit Tiergarten, Unrat, hunger & durst, La Locanda, Mach 1 oder Green Goose u.v.a.m. erinnern. Nach den Prüfungen haben wir das Semester immer partywild und mit ordentlich Bier im Café Ruhestörung ausklingen lassen.

Haben Sie noch Kontakt zu Ihren ehemaligen Kommilitoninnen und Kommilitonen? Was bedeutet Ihnen diese Verbindung?
Vereinzelt habe ich zu einigen Mitstudierenden noch immer Kontakt bei unregelmäßigen Treffen und einige ab und an im Berufsumfeld wiedergetroffen. Es sind aus meiner Studienzeit doch einige Freundschaften entstanden und geblieben.

Stellen Sie sich einen perfekten Tag vor – was gehört unbedingt dazu?
Eine heiße Tasse Kaffee an einem sonnigen Tag und anschließend mit der Familie oder Freunden Neues an reizvollen Orten kennen zu lernen ist für mich eine absolute Bereicherung. Und wenn parallel dazu auch das Geschäft läuft ….

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Mein Unternehmen ist für mich ...
… mein Herzblut, meine Leidenschaft, ein spannender Ort mit vielen interessanten Menschen, mein Lebensunterhalt und meine Oase zugleich.

Haben Sie erreicht, was Sie sich mit 21 vorgenommen hatten?
Ja, mit Modifikationen habe ich das schon. auch mit 21 ist noch nichts in Stein gemeißelt. Das Berufs-/ Leben ist stets dynamisch und bewegt sich in einem Umfeld mit verändernden Rahmenbedingungen. Hoffentlich immer weiter. Wobei es nicht immer Oben oder Vorne sein muss und auch nicht ist. Das alleinige Erreichen von Ergebnissen ist nicht ausschlaggebend. Man sollte sich immer auch entsprechend viel Zeit für sein Leben nehmen. Es gibt nur eines.

Verraten Sie uns Ihr Lebensmotto?
Keep going! Keep flying!

Sehr geehrter Herr Andreas Wolf. Vielen Dank, dass Sie sich für unser Interview Zeit genommen haben!

(Interview: Daniel Großhauser)

Uwe Kern
Uwe Kern

Kern, Uwe (2019)

Sehr geehrter Herr Uwe Kern, erst einmal herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen.

Sie sind nun bereits seit mehr als 30 Jahren Kaufmännischer Leiter bei der AGO AG Energie + Anlagen mit heute über 170 Mitarbeitern. Wie kann man sich Ihre tägliche Arbeit vorstellen?
Tägliche Arbeit heißt Detailarbeit. Es geht los mit der Vertragsprüfung über die Bearbeitung von Rechtsfällen, der Finanzen- und Liquiditätsüberwachung, dem Controlling und der Auftragsergebnisüberwachung bis hin zum Qualitätsmanagement ISO 9001:2015.

Drei Jahrzehnte sind Sie nun bereits seit Ihrem Einstieg 1989 direkt einige Jahre nach Ihrem Hochschulabschluss 1984 nun im gleichen Unternehmen für der AGO AG tätig, die seit 1980 in Kulmbach beheimatet ist. Was bewegt Sie dem Betrieb über die Jahre hinweg so treu zur Seite zu stehen?
Es ist tatsächlich der Spaß an den vielen unterschiedlichen Aufgaben. Aber genauso mag ich in diesem Betrieb die Freiheit in meinen Entscheidungen. Es ist ein Arbeiten ohne Korsett. Und die Mitverantwortung für das Wohlergehen von etwa 170 Familien in der Region macht mich stolz.

Von 2008 bis 2018 waren Sie als Managing Director beim internationalen Tochterunternehmen AGO Energy (PTY) Ltd. in Kapstadt (Südafrika) aktiv. Welche wertvollen Erfahrungen konnten Sie aus dieser Zeit mitnehmen?
Ich kann Südafrika völlig anders als früher – ich selbst bin ja noch zu Zeiten der Apartheid aufgewachsen – sehen. Die Aufgeschlossenheit der Menschen aller Hautfarben – auch in den Townships – waren beeindruckend. Insbesondere hat diese Auslandserfahrung selbstverständlich durch den täglichen Gebrauch zu einer enormen Verbesserung meiner Englischkenntnisse beigetragen. Das hilft mir jetzt bei den Vertragsgestaltungen von Verträgen im europäischen Ausland. Aber auch das Knüpfen von reichlich Kontakten zu Südafrikanern, die ich vorwiegend per Facebook auch weiterhin aktiv pflege – ist ein wertvoller Mehrwert aus dieser Zeit.

Die AGO AG ist auf innovative und effiziente Energieversorgungsanlagen für Industrie und Kommunen spezialisiert. Wie hart umkämpft sehen Sie aktuell den Wettbewerb im Energiesektor? Und wie heben Sie sich hier von den Mitbewerbern ab? Können Sie uns dazu ein konkretes Beispiel nennen?
Der Wettbewerb im Energiesektor war schon immer umkämpft und er ist es heutzutage umso mehr. Dieser wird durch staatliche Regulierungsmaßnahmen wie z.B. das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) befeuert. Hinzu kommt, dass die Märkte auf der Kundenseite sehr volatil sind. Marktbereinigungen im Wettbewerb kommen fast ausnahmslos nicht vor. Wenn ein größeres Unternehmen aufgibt, dann bilden sich daraus kleinere Unternehmen, die sich im Markt bewegen. Wir unterscheiden uns von Mitbewerbern speziell durch Eigenentwicklungen (Vermarktungen eigener Kältemaschinen) und durch die sehr hohe Qualität unserer Technik, die auch komplexe Wärme-, Kälte- oder Energieerzeugungsanlagen beherrscht und marktorientiert bei Notwendigkeit jederzeit die teilweise unterschiedlichen Entwicklungen der Teilmärkte bedienen kann. Als Referenzbeispiele können wir in allen vier Hauptbereichen Strom, Wärme, Kälte und Lüftung auf ein starkes Kundennetzwerk – beispielsweise die Daimler AG, die Nestlé Deutschland AG oder die Schenker Deutschland AG, zurückgreifen.

Beruflich erfolgreich ist, wer es in der Hierarchie im Unternehmen nach oben geschafft hat. Wie stehen Sie nach ihren langjährigen Erfahrungen zu dieser Aussage?
Ich sehe dies mittlerweile etwas anders: Beruflich erfolgreich ist nach meiner Ansicht, wer mit Leib und Seele seine Aufgaben erfüllt und damit zufrieden ist. Das funktioniert für mich allerdings nur, wenn auch im naturgemäß knappen Privatleben ebenfalls Ausgeglichenheit vorherrscht. Dabei müssen Titel oder Machtinsignien für mich kein Zeichen von Erfolg darstellen. Das soll aus meiner Leitungssicht nicht überbewertet sein. Jedoch kenne ich auch Beispiele aus der oberen Managementebene, die eben nicht erfolgreich weiterverlaufen sind oder sogar scheiterten.

Sie sind neben Ihren Hauptberufstätigkeiten auch noch bei Arbeitgeberverband bayme vbm tätig. Was bedeuten Ihnen diese zusätzlichen Verbandstätigkeiten?
Von der bayme vorgeschlagen und berufen bin ich seit vielen Jahren als Vertreter der Arbeitgeber im Beirat der AOK Bayreuth/Kulmbach. Für mich bedeuten die regelmäßigen Treffen einen Meinungsaustausch mit Arbeitgebern aus anderen Branchen und vor allem – wegen der paritätischen Besetzung des Gremiums – auch Verbindung zur „anderen Seite“, also den Arbeitnehmervertretern und der Gewerkschaftsseite. Das ist zum gegenseitigen Verständnis ungemein wichtig, weil ich meine eigenen Kolleginnen und Kollegen leider doch meist durch die Arbeitgeber-Brille sehe und durch diese eher Leistungsforderungen stelle.

An welche besonderen Begegnungen in Ihrem Berufsleben denken Sie noch heute rückblickend sehr gerne und warum?
Das waren so sehr viele! Von den Mitarbeitern über Vorstände, Aufsichtsräte bis hin zu den Wirtschaftsprüfern; da kann ich niemanden hervorheben. Und noch mehr ragen die persönlichen Beziehungen und auch Freundschaften, die sich in dieser langen Zeit entwickelt haben, heraus.

Was haben Sie im Studium für Fähigkeiten – vielleicht auch in Ihrem Studienschwerpunkt Rechnungswesen – gesammelt, die Sie noch heute einsetzen?
Ich konnte vor allem meinen Blick für Zusammenhänge schärfen und lernen, nicht alles selbst zu erfinden, sondern die richtigen Fachleute zur Hilfe heranzuziehen. Und auch das schnellere Denken als Andere konnte ich aus dieser Zeit mitnehmen. Den Sinn für das Wesentliche erkennen und sich nicht verzetteln sind ebenso wichtige Erkenntnisse.

Wären Sie gern noch einmal Student?
Wenn ich das vom Alter her sehe auf jeden Fall. Allerdings glaube ich nicht, dass ein Studium heute so relaxed ist wie es Ende der 70er Jahre noch war. Ich sehe an den gegenwärtigen Anforderungen an meine Tochter, die im 2. Semester Humanmedizin studiert, wie hart es aktuell ist, eine hohe Leistungsdichte andauernd durchzuhalten. Es gibt bei vielen kein entspanntes Studentenleben mehr, sondern durchgängig intensive Lernphasen.

Wie kann die TH Nürnberg aus Ihrer Sicht von Ihren Alumni profitieren?
Die TH betreibt den Austausch bereits nachdrücklich, weil beispielhaft einer unserer Aufsichtsräte einen technischen Bereich an der TH Nürnberg verantwortet. Ein „Profit“ ist auch möglich durch Angebote an zukünftige Absolventinnen und Absolventen speziell in der Versorgungstechnik, die aufgrund der sehr praxisorientierten Ausbildung gute Einstiegmöglichkeiten haben. Das Forcieren von Alumni-Netzwerktreffen würde ich sehr befürworten.

Haben Sie noch Kontakt zu Ihren ehemaligen Kommilitoninnen und Kommilitonen? Was bedeutet Ihnen diese Verbindung?

Nein, ich habe keine Kontakte mehr. Das liegt daran, dass das persönliche Zeitbudget doch etwas eingeschränkt ist und bei mir die Familie und der Freundeskreis eine sehr hohe Priorität einnehmen.

Wie und womit können Sie in Ihrer Freizeit vom Berufsalltag am besten abschalten?
Im Kleinen durch abendliche Waldspaziergänge. Und im Großen durch sehr lange und herausfordernde Bergtouren, die mich an meine körperlichen Grenzen bringen. Dabei wird der Kopf so schnell frei. Man denkt nur noch in Schritten und daran, wie man sicher weiterkommt.

Haben Sie erreicht, was Sie sich mit 21 vorgenommen hatten?
Mit 21 hatte ich – neben dem „genussvollen“ Studentenleben – ausschließlich das Ziel, mein Studium erfolgreich abzuschließen. Erst später haben sich die Wichtigkeiten geändert wie berufliche und finanzielle Sicherheit, die Familie und die Kinder.

Verraten Sie uns Ihr Lebensmotto?
Sogar zwei: 1. Schokolade hilft immer, je mehr, desto mehr. 2. Schuster, bleib bei Deinem Leisten (so versuche ich mich zu verhalten).

Sehr geehrter Herr Uwe Kern. Vielen Dank, dass Sie sich für unser Interview Zeit genommen haben!

(Interview: Daniel Großhauser)

Dr. Sue Seifert
Dr. Sue Seifert

Seifert, Dr. Sue (2019)

Sehr geehrte Frau Dr. Sue Seifert, erst einmal herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen.

Sie haben einen beeindruckenden Werdegang nach einer Ausbildung zur Werbekauffrau und dem Abschluss als Diplom-Betriebswirtin (FH) bis hin zu einer Promotion in Economics, Management and Finance an der Wrocław University und der Geschäftsführungstätigkeit beim Preventive Care Center vorzuweisen. Wie haben Sie dies alles erreichen können?
Ich hatte immer klare Ziele vor Augen und wusste was ich machen möchte. Wenn man weiß, was man will, kommen die Dinge fast automatisch auf einen zu. Ein Hauptaspekt im meinem Werdegang war, mit Menschen, mit denen ich mich verstehe und welche die gleichen Ziele haben, etwas zu gestalten, wohinter ich total stehen kann und was mir Spaß macht. 2007 habe ich Dr. Volker Weidinger kennen gelernt, der das Preventive Care Center zu der Zeit gerade erst drei Tage gegründet hatte. Von da an haben wir weitere GmbHs gegründet und die Unternehmen in den letzten Jahren gemeinsam aufgebaut.

Würden Sie im Nachhinein bei diesen akademischen Stationen irgendetwas anders machen?
Nein, ich würde tatsächlich nichts anders machen. Die Ausbildung als Basiseinstieg war mein eigenes Bestreben. Daran wollte ich ein BWL-Studium ganz bewusst an der damaligen Fachhochschule Nürnberg anstelle der Universität anschließen, da dieses sehr viel stärker praxisorientierter aufgebaut war. Die Promotion hatte ich nicht gezielt geplant. Als grundsätzliches Ziel war diese aber immer in mir verankert. Generell ist es nicht einfach, diese als FH-Absolvent/in anzugehen und eine betreuende Person zu finden. Ich habe am European Doctoral Program teilgenommen, wurde aufgenommen und konnte an der Wrocław University eine Doktormutter für meine Dissertation finden. Nach drei sehr intensiven Jahren konnte ich diese 2012 erfolgreich abschließen und würde auch diesen Schritt so wieder wagen.

Sie sind nun Geschäftsführerin und Gesellschafterin des Preventive Care Centers und mehreren GmbHs im Gesundheitssektor mit über 60 Mitarbeitern und drei Standorten. Wie fühlt es sich an und wie kann man sich Ihre tägliche Arbeit vorstellen?
Ich gehe jeden Tag gerne zur Arbeit, da ich das Unternehmen mit geschaffen und darin sehr viel Herzblut von mir drin steckt. Die Tätigkeiten sind enorm vielseitig. Ich bin für die gesamte Kommunikation des Preventive Care Centers – vom Direktmarketing über die Einrichtungsentscheidungen, dem Wording, dem Branding, dem Internetauftritt, Vorträge bis hin zur Personalauswahl bei Schlüsselpositionen– verantwortlich. Ich habe auch täglich mit den Mitarbeitern/innen sowie den Patienten/innen vor Ort Kontakt. Man bekommt dadurch auch Schicksalsschläge der Patienten/innen hautnah mit, die einen berühren.

Sie haben sich im Besonderen auf den Gesundheitsmarkt und dabei noch spezieller auf die Kombination von Gesundheit und Marketing – auch in Ihrer Doktorarbeit – fokussiert. Was veranlasste Sie zu diesen thematischen Weichenstellungen?
Nach dem Abitur stand ich tatsächlich vor der Wahl, Medizin zu studierenden oder eine Marketingausbildung zu beginnen. Ich habe damals die Ausbildung angenommen und mich gegen ein Medizinstudium entschieden. Im Laufe meines Berufsweges hat sich beides jedoch wieder zusammengefunden und nun kann ich beide Bereiche toll miteinander verbinden. In den vergangenen Jahren durfte ich dankenswerterweise sehr viel medizinisches Wissen aufbauen. Dieses konnte ich in meiner Dissertation nutzen.

Sie verantworten die Kommunikation Ihrer Unternehmen in der Medizinbranche. Wie hart umkämpft sehen Sie hier aktuell den Wettbewerb im Praxismarketingsektor? Und wie heben Sie sich hier von den Mitbewerbern ab? Können Sie uns dazu ein konkretes Beispiel nennen?
Der Markt ist hart umkämpft. Das Konzept des Preventive Care Centers hebt sich vom Wettbewerb wie beispielsweise den Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) grundlegend ab. Unsere organisatorische Konstruktion mit drei GmbHs sorgt zentral für die gesamte Infrastruktur (z.B. Personal, Einrichtung, Diagnostik, Abrechnung, Marketing). Das entlastet die ansässigen Mediziner vollkommen, so dass eine kundenorientierte Medizin möglich ist. Unsere Kunden profitieren hier natürlich insbesondere vom Faktor Zeit und der damit einhergehenden Empathie über alle Möglichkeiten der Diagnostik. Beispielweise sind bei uns als großes Plus dadurch schnellere Terminsetzungen beim Facharzt, die direkte zeitnahe Einbindung weiterführender Diagnostik wie z.B. Computertomographie (CT) oder Kernspintomographie (MRT) bis zum sofortigen Befund und dem daran anschließenden direkten Therapiestart möglich. Diesen Komplettservice bieten wir für Privatpatienten und Kassenpatienten als Selbstzahler genauso an wie für Unternehmen mit Manager Check ups und vieler weitere Leistungen wie Arbeitsmedizin bis hin zu einem webbasierten Herzinfarkt-Risiko Score (Cardio Score).

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn wirbelt seit seinem Amtsantritt das Gesundheitswesen mit seinen innovativen Vorstößen (Digitalisierung, Organspende, HIV-Vorbeugung, Fettabsaugung, Wartezeiten, etc.) ganz schön durcheinander. Über Gesundheitsthemen wird aktuell so viel gesprochen wie seit Jahren nicht. Was ist Ihre Meinung zu diesen Entwicklungen und Vorschlägen?
Es wirkt wie ein nicht wirklich durchdachter Versuch der Steuerung ohne tatsächliche Steuerungsmöglichkeiten, da die dafür benötigten Ressourcen beispielweise an Medizinern gar nicht vorhanden sind. Das Thema Adipositas (Fettleibigkeit) mal herausgegriffen: Hier kommen auf die Volkswirtschaft zukünftig große Herausforderungen zu. Wichtigere wäre nach meiner Sicht, die Adipositas auslösenden Faktoren vorsorglich mit helfenden Maßnahmen (Aufklärung, Ernährung, Sport) zielgerichtet einzudämmen statt sie diesem Problem teuer anzupassen.

Sie setzen sich bei Ihren Vorträgen für direkte Aufklärung und aktives Handeln sowie die Steigerung der Compliance für medizinische Vorsorgemaßnahmen ein. Was machen für Sie diese weitblickenden Themen so wertvoll?
Die Entstehung von schicksalhaften Erkrankungen wie Herzinfarkte oder Schlaganfälle ist für Zuhörer sehr verständlich erklärbar. Das mache ich gerne und diese Aufklärung über Vorträge treibt mich an. Eine gezielte Kommunikation kann Menschen zu einer höheren Compliance für Vorsorgeuntersuchungen führen. Diese habe ich anhand von Vorsorge-Darmspiegelungen zur Vermeidung von Darmkrebs in meiner Dissertation untersucht. Das Ergebnis war, dass passgenaue Kommunikation zu Vorsorgeuntersuchungen zu einer höheren Vermeidungsrate dieser Erkrankung, als im bundesdeutschen Durchschnitt (66 Prozent gegenüber 6 Prozent) führen kann. In den Nachfolgeuntersuchungen geht bei uns die Erkrankungsrate gegen 0. Durch Marketing kann man bei der Vorsorge eine signifikant höhere Krankheitsvermeidung erreichen. Die hierfür hilfreichen Botschaften versuche ich den Menschen weiterzugeben.

Sie zählen in Ihrem Beruf sehr stark auf Netzwerkarbeit und sind in mehreren Mitglied, wie z.B. Marketing Club Nürnberg, Network Experts oder dem Business Club Hamburg. Die Network Experts haben Sie sogar mit gegründet. Was bedeuten Ihnen diese zusätzlichen Verbindungen und Engagements?
Ich bin sehr stark vernetzt. Das ist auch die Hauptbasis unserer Geschäftstätigkeit. Eine kontinuierliche Netzwerkarbeit mit dem Ausbau an Mund-zu-Mund-Weiterempfehlungen ist der wichtigste Marketinghebel unseres Hauses für eine latente Präsenz am Markt. Das Kennenlernen von vielen inspirierenden Persönlichkeiten ist neben den klassischen Vertriebsgegebenheiten ein weiterer toller menschlicher Zusatzaspekt bei diesen Netzwerkaktivitäten.

An welche besonderen Begegnungen in Ihrem Berufsleben denken Sie noch heute rückblickend sehr gerne und warum?
Einen besonderen kommunikativen Gesprächsaustausch hatte ich mit Prof. Dr. Heinz Heidemann in einer Vorlesung an der Hochschule. Nach Unruhe im Kurs pickte er sich mich heraus und konfrontierte mich direkt persönlich mit einer Frage, die ich nicht beantworten konnte. Nach einer konfrontativen Diskussion schlug die Stimmung schließlich ins Positive um und am Ende lud er mich sehr humorvoll in die kommenden Kurseinheiten ein. Das Eis zwischen uns war dadurch gebrochen. Anschließend schätzten wir uns gegenseitig sehr und ich schließlich schrieb ich auch meine Abschlussarbeit bei ihm. Bei dieser und weiteren Projekten unterstützte er mich durchweg. Selbstverständlich ist jedoch auch meine Begegnung mit Dr. Volker Weidinger als Grundstein meiner geschäftstätigen Laufbahn einschneidend. Als sehr inspirierender Unternehmer wird mir darüber hinaus Herr Dr. Rudolph Meindl von der Dr. Meindl u. Partner Verrechnungsstelle GmbH immer in Erinnerung bleiben.

Haben Sie als Unternehmerin mit Visionen einen Ratschlag, den Sie der Technischen Hochschule Nürnberg mitgeben können?
Die TH Nürnberg sollte weiterhin stark an der Praxisorientierung festhalten. Die Weitergabe von Praxiswissen über die Theorie hinaus aus dem im Berufsleben stehenden Protagonisten an die nachrückenden Studierendengenerationen sehe ich als unschätzbar wertvoll an. Diesen Austausch über Praktika, Firmenbesuche und Gastvorträge sollte man weiterhin intensiv führen und vielleicht noch verstärken.

Was haben Sie im Studium für Fähigkeiten gesammelt, die Sie noch heute einsetzen?
Die Fähigkeit, sich durchzubeißen, habe ich im Studium gelernt. In den ersten Vorlesungen war ich mir nicht sicher, ob ich den Abschluss packen werde. Eine sinnvolle Selektion findet in den Studiengängen ja oftmals zu Beginn statt. Daher muss man sich in den ersten Kursen durchkämpfen und seine Ziele trotzdem weiterhin im Auge behalten. Auch wenn nicht alle Seminare immer den eigenen Wunschvorstellungen entsprechen, wurde mir bewusst, dass es möglich ist, unterfüttert mit der tollen Unterstützung der Dozenten/innen, dran zu bleiben und durchzuhalten.

Haben sich in den vergangenen Jahren Berührungspunkte mit Studierenden der TH Nürnberg ergeben?
Ich hatte leider viel zu wenig Kontakt zu Studierenden der TH Nürnberg. An regelmäßigen Alumni-Treffen hätte ich daher durchaus Interesse und würde diesen Austausch befürworten.

Haben Sie noch Kontakt zu Ihren ehemaligen Kommilitoninnen und Kommilitonen? Was bedeutet Ihnen diese Verbindung?
Mit dem ehemaligen Mitstudierenden Claus Schuster und ein, zwei weiteren Studierenden habe ich bei bestimmten Events noch immer Kontakt. Wenn sich dieser Austausch untereinander wieder intensivieren könnte, würde ich dies befürworten. Gemeinsam an die früheren Zeiten zurück zu blicken und über die Ziele und Werdegänge der Kommilitonen/innen nach dem Studienabschluss mehr zu erfahren, wäre klasse.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Die Metropolregion Nürnberg ist für mich ...
… meine vielseitige wie überschaubare Heimat mit interessanten und innovativen Firmen und Hidden Champions.

Haben Sie erreicht, was Sie sich mit 21 vorgenommen hatten?
Ich wollte mit Menschen, die persönlich gleich ticken wie ich, gemeinsam beruflich etwas erreichen und inhaltlich weiterentwickeln. Das habe ich geschafft.

Verraten Sie uns Ihr Lebensmotto?
Am Ende wird alles gut. Wenn es nicht gut wird, ist es noch nicht das Ende. (Oscar Wilde)

Sehr geehrte Frau Dr. Sue Seifert. Vielen Dank, dass Sie sich für unser Interview Zeit genommen haben!

(Interview: Daniel Großhauser)

Regine Barth
Regine Barth

Barth, Regine (2018)

Sehr geehrte Frau Regine Barth, erst einmal herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen.

Sie sind seit 2000 in der Geschäftsführung bei Joh. Barth & Sohn GmbH & Co. KG tätig. Wie kann man sich Ihre tägliche Arbeit vorstellen?
Als Eigentümerin und Geschäftsführerin habe ich ein sehr breit gefächertes Arbeitsspektrum. Insbesondere bin ich zuständig für den kaufmännischen Bereich, die Verarbeitungswerke in der Hallertau als auch in England. Mein Studium war BWL mit dem Schwerpunkt Personalführung. Daher lag es nahe, dass ich mich beim Geschäftseinstieg im Jahr 2000 der Einführung des Bereichs Personalwesen widmete. Durch die Erstellung eines Personalkonzepts konnten wir diesen Bereich sukzessive auf- und ausbauen. Mittlerweile umfasst diese Abteilung 5 Mitarbeiter und betreut unter anderem auch unsere Tochtergesellschaften. In den Folgejahren kamen nach und nach mehrere Führungspositionen in den Verarbeitungswerken hinzu.
Die strategische Ausrichtung der Firmengruppe, Großinvestitionen und Bauvorhaben werden immer gemeinsam mit dem Management Team und den Gesellschaftern (meine Cousins Alexander W. Barth und Stephan J. Barth und mir) beschlossen.

Sie sind als erstes weibliches Mitglied bei Barth & Sohn in die Geschäftsführung aufgenommen worden. Frauen waren jedoch im ursprünglichen Gesellschaftervertrag nicht vorgesehen. Was hat dieser Wandel damals im Unternehmen ausgelöst?
Mein Bruder, der ursprünglich für die Nachfolge im Familienunternehmen vorgesehen war, hat sich nach seinem Studium in den USA beruflich und räumlich umorientiert und die Unternehmensnachfolge letztlich nicht angetreten. Unser Vater und bisheriger Geschäftsführer sowie die weiteren Alt-Gesellschafter traten dann während meinem Abschlussarbeitssemester mit der Überlegung an mich heran, ob nicht ich mir in diesem bislang rein männerdominierten Unternehmen den Unternehmenseinstieg vorstellen könnte. Daraufhin wurde schließlich der Gesellschaftervertrag dahingehend geändert, dass ab diesem Zeitpunkt auch Frauen in leitenden Funktionen tätig sein könnten.

Wie wurden Sie an Ihrer ersten Arbeitsphase als Unternehmenslenkerin von den männlichen Geschäftsführungskollegen und Mitarbeitern aufgenommen? Und was waren rückblickend Ihre ersten wichtigen Amtshandlungen?
Mein Einstieg war holprig, ich wurde nicht sehr einladend aufgenommen. Insbesondere von meinem Vater wurde ich extrem gefordert, um im harten Geschäftsalltag in der Hopfenwelt zu bestehen.
Es herrschte ein autoritärer Stil auf Gesellschafterebene, Kommunikation wie wir es heute verstehen und leben, gab es nicht.
Nach meiner zweijährigen Ausbildung, davon 1 Jahr in den Verarbeitungswerken Hallertau, wurde mir ein äußerst unangenehmes Personaltrennungsgespräch mit dem Werksleiter übertragen. Dieser war bis zu diesem Zeitpunkt mein Ausbilder und Mentor. Dieses Gespräch blieb mir bis heute in Erinnerung.
Insgesamt wurde ich von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Zentrale und in den Werken hingegen sehr gut aufgenommen.
Nach der Geburt meines Sohnes hatte ich erneut starke Zweifel, in die Geschäftsführung einzutreten, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf war schwer umzusetzen.
Als mein Vater im Jahr im Jahr 2000 aus der Geschäftsführung austrat, hat sich mein Verhältnis im Gesellschafterkreis – und auch zu ihm persönlich in beratender Funktion als Vater – positiv gewandelt. Gemeinsam mit meinen Cousins bildeten wir einen Schulterschluss, der für die Entwicklung der BARTH-HAAS Gruppe sehr wichtig war. Unter den Geschäftsführern ergänzen wir uns außerordentlich.
Im Personalstudium und in meiner Diplomarbeit setzte ich mich stark mit dem Thema Führungskräfte - Coaching auseinander. Deshalb war mir ein Coach, der mich die ersten Jahre begleitete, extrem wichtig. So konnte ich in der männerdominierenden Unternehmenswelt meine Persönlichkeit und meine Fähigkeiten einbringen und Anerkennung und Respekt erlangen.

Ihr Unternehmen Barth & Sohn besteht bereits in der 8./9. Generation als traditionelles Familienunternehmen seit 1794. Welche Schlüsselfaktoren sind für Familienunternehmen wichtig, um über eine so lange Zeit am Markt bestehen zu können?
Besondere Schlüsselfaktoren sind bei uns die Qualität der Produkte im Markt-Kunden-Verhältnis und die Qualität der Führungskräfte und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Hierbei darf man als Unternehmen keine Trends verschlafen. Ein fruchtbares Verhältnis zwischen den Eigentümern ist genauso wichtig wie der stetige Wandel im Geschäftsumfeld. Man muss mit der Zeit gehen. Die Strategie wie auch die Philosophie eines Familienunternehmens ist essentiell. Die Bereiche Vision, Mission, Strategie, Ziele und Werte müssen strukturiert erarbeitet und verfolgt werden. Von meinem prägenden Personal - Professor Dr. Theo Knicker habe ich verinnerlicht, „Es kommt alles zu seiner Zeit - wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit.“

Die Dachgesellschaft BARTH-HAAS Group ist Weltmarktführer rund um den Hopfen. Wie gelangt man und – vor allem – wie bleibt man an der Spitze in dieser globalisierten Welt?
Nichts geht ohne eine stetige Weiterentwicklung und beständige Forschung. Man muss seine Organisationseinheiten an dem Puls der Zeit ausrichten. Man darf keine Scheu vor inner- wie außerbetrieblichen Veränderungen haben. Die Sichtbarkeit auf dem Markt- und dem Wettbewerberumfeld ist entscheidend, wie auch eine ausgerichtete Kommunikation im Marktumfeld. Der Hopfenmarkt ist geprägt von intensiven Preisschwankungen. Die Vision der BARTH-HAAS Group ist: „Wir sind die Hopfen-Experten für den besten Biergeschmack weltweit.“ Neben den konkurrierenden Preisen spielt bei uns die Kundenberatung und –betreuung, eine entscheidende Rolle.

Sie waren in einem zweijährigen Ausbildungsprogramm in den ausländischen Gesellschaften in Großbritannien, USA, Australien und Tasmanien tätig. Welche wertvollen Erfahrungen konnten Sie aus Ihren Auslandsaktivitäten in den Firmen, Hopfenanbaugegenden, Produktionsstätten und Forschungslabore mitnehmen?
Die länderspezifischen Kulturen und unterschiedlichsten Arbeitsweisen wurden mir am stärksten nahegebracht. Es war ein übliches Training-on-the-Job in den jeweiligen Anbaugegenden bei den Hopfenpflanzern und -veredlern in einer mir bis dato völlig unbekannten Branche. Der Aufenthalt in Großbritannien ist mir besonders in Erinnerung geblieben, da ich dort fantastisch aufgenommen wurde und auch viel in Theorie und Praxis lernen durfte. Auch in den Verarbeitungswerken der Hallertau wurde ich vom damaligen Werksleiter fachlich exzellent vorbereitet.

Die Karriere im Familienunternehmen wird von einigen Unternehmerkindern nicht zielgerichtet angestrebt. Wie ist Ihre Haltung dazu? Was spricht für einen Einstieg in die Familientradition?
Ich bin hierzu absolut kritisch eingestellt und lehne eine zu strenge betriebsausgerichtete Erziehung in Unternehmerfamilien ab. Eigene Kinder in eine bestimmte Richtung zu leiten und zu drängen ist nicht zielführend. Man sollte die Kinder in ihrer Entwicklung begleiten und sie nach den jeweiligen Fähigkeiten ohne Zwang entfalten lassen. Das handhabe ich auch bei meinem Sohn und fördere ihn dementsprechend. Am entscheidendsten ist es, herauszufinden, welche Nachfolgeentscheidung für die Firma am wertvollsten ist. Das sind können auch andere Lösungen sein, die nicht in der eigenen Familie zur Anteilserhaltung liegen.

Nach welchen Kriterien wählen Sie als Personalerin Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus? Was müssen Absolventinnen und Absolventen mitbringen, die bei BARTH-HAAS Karriere machen wollen?
Neben fachlichen Kompetenzen ist uns vor allem wichtig, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter persönlich zu uns als Unternehmen und in das jeweilige Team passen. Wünschenswert ist eine hohe Übereinstimmung der Werte und eine Identifikation mit unserer Mission und Vision. Wir nehmen uns im Auswahlprozess ausreichend Zeit, die Bewerberinnen und Bewerber als Person kennen zu lernen. Unser Fokus liegt im Vorstellungsgespräch daher mehr auf der Persönlichkeit als auf den Kompetenzen. Eventuell noch fehlendes Fachwissen kann unserer Auffassung nach leichter entwickelt werden als Persönlichkeit. Hier sind wir auch gerne bereit, in die passenden Mitarbeiterin oder den passenden Mitarbeiter zu investieren. Wir versuchen indessen generationsübergreifend zu denken, insbesondere auch im Hinblick auf eine passgenaue Mütterintegration in den Betrieb.

Was haben Sie im Studium für Fähigkeiten gesammelt, die Sie noch heute einsetzen?
Prof. Dr. Theo Knicker, den ich sehr schätze und der mir auch nach meinem Unternehmenseinstieg vor einigen Jahren mit Rat zur Seite stand, brachte mir bei, dass jede Führungskraft die Rolle eines Coaches innehat, genauso wie ein Dirigent sein Orchester dirigiert. Dies ist eine Fähigkeit, die nicht jeder Mensch besitzt und somit nicht erlernt werden kann.

An welches Ereignis, welchen Menschen oder Ort aus Ihrer Studienzeit erinnern Sie sich immer wieder gerne zurück? Worüber müssen Sie noch heute schmunzeln?
Bei Professor Glückert in seiner Vorlesung in Wirtschaftsrecht mit praxisnahen und erfreuenden Fallbeispielen hat es großen Spaß gemacht und der Vorlesungsraum in der Welserstraße war regelmäßig übervoll. Insgesamt habe ich fast das gesamte Dozententeam als total kollegial und kooperativ wahrgenommen. Es mag vielleicht überraschend klingen, aber ich kenne von damals noch immer meine Matrikelnummer auswendig. Außerdem – daran kann ich mich erinnern – haben wir bei der Notenbekanntgabe früher unter den Mitstudierenden immer gelost, wer in der Welserstraße den Aushang, im 5. Stock ohne Aufzug, für alle anderen einsehen musste.

Wie kann die TH Nürnberg aus Ihrer Sicht von Ihren Alumni profitieren?
Die TH kann fortwährend profitieren, indem die Absolventinnen und Absolventen im Berufsleben das „eine Prozent“ anwenden, was sie an der Hochschule gelernt haben. Knicker sagte immer: „Ihr müsst nicht alles wissen, ihr müsst wissen wo es steht“.
Wenn nur einige Prozent des Gelernten hängen bleiben und in der Praxis umgesetzt werden können, dann ist bereits das schon eine gute Basis.

Haben Sie noch Kontakt zu Ihren ehemaligen Kommilitoninnen und Kommilitonen? Was bedeutet Ihnen diese Verbindung?
Ich habe noch intensiven Kontakt zu einer Mitstudierenden, die auch in einem mittelständischen Familienunternehmen Finanzleiterin ist. Wir helfen uns immer wieder mit unserem Fachwissen aus. Ich coache sie in heiklen Personalfragen und sie berät mich in unternehmerischen Finanzfragen. Die damalige Einser-Studentin ist immer noch eine sehr gute Freundin von mir.

Haben Sie einen Lieblingsplatz in und um Nürnberg, an dem Sie sich schon immer gerne aufgehalten haben?
Ich bin auf dem Land aufgewachsen und wohne auch heute noch im Nürnberger Land. Mit meinen Tieren, halte ich mich immer gerne in der Natur auf. Wir besitzen drei Hunde, vier Katzen und zwei Pferde mit denen ich viel Zeit verbringe und ich dabei viel Energie tanken kann.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Mein Unternehmen ist für mich ...
… eine Herausforderung. Das ist es immer schon gewesen und es wird für mich weiterhin so sein.

Haben Sie erreicht, was Sie sich mit 21 vorgenommen hatten?

Das kann man nicht sagen. Ich habe damals im Studium bei der DATEV ein Praktikum im Personalleasing gemacht und hätte ein vorliegendes Jobangebot annehmen und einen anderen Weg realisieren können. Ich trauere diesen Entscheidungen für den Firmeneinstieg nicht nach. Der Weg als Unternehmerin war zwar nicht immer einfach zu gehen. Ich hoffe allerdings durch mein Wirken für alle nachfolgenden Frauen einen leichteren Weg geebnet zu haben.

Verraten Sie uns Ihr Lebensmotto?
Entscheidungen sollen – beruflich wie privat – stets zur richtigen Zeit, am richtigen Ort und mit den richtigen Menschen getroffen werden.


Sehr geehrte Frau Regine Barth. Vielen Dank, dass Sie sich für unser Interview Zeit genommen haben!

(Interview: Daniel Großhauser)

Alexander Weih
Alexander Weih

Weih, Alexander (2018)

Sehr geehrter Herr Alexander Weih, erst einmal herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen.

MADELEINE, im Jahre 1978 von drei Mitarbeitern mit einem ersten 52-seitigen Spezial-Katalog gegründet, feiert 2018 „40 Jahre Leidenschaft für Mode“. Auf welche Besonderheiten blicken Sie bei diesen ereignisreichen Jahren bei MADELEINE gerne zurück?
Das Jubiläum wurde im Sommer 2018 in unserer Firmenzentrale in Zirndorf mit unseren Mitarbeitern/innen gefeiert. Um sich als (Nischen)Anbieter für hochwertige Frauenoberbekleidung im frequentierten Marktgeschehen zu behaupten, waren in diesen 40 Jahren ein langer Atem und eine klare Vision für das Unternehmen notwendig. Als hochwertige Ausgründung der Quelle-Gruppe waren meiner Meinung nach drei Meilensteine entscheidend für die Entwicklung. Die erste wichtige Entscheidung war der Schritt hin zu einem vertikalen Geschäftsmodell mit Kontrolle der gesamten Wertschöpfungskette von der Produktion bis zum Verkauf. Der feste Glaube an den Unternehmenserfolg trotz finanziell steiniger Anfangsjahre war unerlässlich. In einer rückblickend dritten wichtigen Phase wurde aus der Not eine Tugend gemacht und eigenständige Zentraleinheiten wie der Finanzbereich oder die IT bei der Firmenausgründung losgelöst und neu aufgebaut.

Im Jahr 2009 sind Sie in die Geschäftsführung der MADELEINE Mode GmbH eingestiegen und leiten dort seit 2011 als Geschäftsführer (CEO), zunächst alleine, unterstützt von einem CFO, und seit Ende 2012 mit einem zweiten Geschäftsführer, die Geschicke des Modeunternehmens. Wie fühlt es sich an und wie kann man sich Ihre tägliche Arbeit vorstellen?
Ich sehe mich als Motivator, Feuerlöscher, Rückenfreihalter, Sparringspartner, Personalentwickler und Stratege. Unser Team muss frühzeitig zusammen mit mir als treibender Kraft – mal als Pionier, mal als Follower – die Marktgegebenheiten und Trends im digitalen E-Commerce-Zeitalter identifizieren. Ein ebenso wesentlicher Punkt im Tagesgeschäft ist das Thema Personalentwicklung. Über 30 Prozent unserer Angestellten bis hinein in die Führungsebene ist in Teilzeit bei uns tätig. Der Frauenanteil übersteigt die 80-Prozent-Marke. Es war mir daher wichtig, ein familienfreundliches und flexibles Unternehmen zu führen, denn damit halten wir Potenzialträger und Führungskräfte in unserem Unternehmen.

MADELEINE steht für Stil, Qualität und modische Kompetenz für die Frau. Wie gelingt es Ihnen und was motiviert Sie, sich Tag für Tag in die modebewusste Frauenwelt hineinversetzen zu können.
Das ist eigentlich schlichtweg unmöglich. Analyse, künstliche Intelligenz und Gefühl sind meiner Meinung nach die wichtigsten Faktoren für uns, um unsere Kundinnen verstehen zu lernen. Schon im BWL-Studium habe ich die Frauen-Mehrheit unter den Studierenden wahrgenommen. Unser tagtäglicher Ansporn ist es, uns in die komplexeren und ganzheitlichen Denkmuster unserer weiblichen Kundin hinein zu fühlen, um die Damenwelt immer wieder aufs Neue zu inspirieren.

Ihr Kerngeschäft bei MADLEINE ist der Versandhandel. Welche Schwierigkeiten – auch im Hinblick auf die Digitalisierung, E-Commerce und die Internationalisierung – mussten Sie in den vergangenen Jahren in diesem schnelllebigen Business umschiffen? Was kommt nach Ihrer Einschätzung im Besonderen noch auf Ihr Unternehmen in den nächsten Jahren zu?
Wichtig ist Flexibilität. Im Modebusiness kämpfen viele Geschäftsmodelle mit einer zu behäbigen Reaktionszeit und dem zu langen Festhalten an alten Strukturmustern. MADELEINE versucht flexibel auf moderne Themen und Anforderungen zu reagieren.
90 Prozent unserer Kollektion wird jede Saison neu kreiert und wird - direkt ohne langfristige Verträge - über unseren Hauptkanal, dem B-to-C-Geschäft, vertrieben.
Im Dialogmarketing müssen wir bei der langfristigen Bindung zu unserer vertrauensvollen Stammkundschaft immer am Puls der Zeit sein. Zeitpunkt, Ansprache und Kollektion auf das Höchstmaß miteinander zu vereinen, ist dabei unser Hauptanspruch.
Wir sind früh in den E-Commerce eingestiegen, was uns nun Vorteile bringt. Eingespielte Kommunikationskanäle z. B. der klassische Katalog, der als Inspirationsquelle auch eine Imagefunktion hat, gilt es, wandelbar auf aktuelle Geschäftsmodelle anzupassen und zusätzlich den E-Commerce-Umsatz zu steigern.
Uns ist es wichtig, dass die Kundin entscheiden kann, wo sie bestellt. MADELEINE entwickelt sich auch immer stärker als internationales Unternehmen. Der Wandel gepaart mit unserer E-Commerce-Strategie ist unser herausfordernder Unternehmensweg in der Zukunft.

Mittlerweile hat sich MADELEINE zu einem eigenständigen und international erfolgreichen Modelabel mit einem Jahresumsatz von mehr als 170 Millionen Euro entwickelt. Können Sie bei solchen gewachsenen Dimensionen und der Verantwortung für zahlreiche Mitarbeiter/innen Nachtens ruhig schlafen?
Meistens schlafe ich sehr, sehr gut. Wenn ich mal schlecht schlafe, dann weil ich über konstruktive, ungelöste und noch nicht etablierte Themen nachdenke. Häufig geht es dabei um das Thema Personalbesetzung in Projekten. Eine Balance zwischen der strategischen Positionierung und dem richtigen Setup des zuständigen Teams ist ein wichtiger Ansatzpunkt bei MADELEINE. Ab und an sorgen die Familienplanungen unserer Mitarbeiter/innen für Schwung in einigen Projektphasen. Wir sehen dies aber immer auch als Chance hinsichtlich passender Personalentwicklungsmöglichkeiten für nachrückende Kolleginnen und Kollegen. Unser größter Erfolgsfaktor ist das MADELEINE-Team.

Sie sind als exklusiver Fashion-Partner der BAMBI-Verleihung mit Ihren Kleidungsstücken in Kontakt mit erfolgreichen Frauen wie Toni Garrn, Franziska Knuppe oder Nina Ruge rund um aufregende Events in Kontakt. Wie kann man sich den speziellen Umgang mit solchen prominenten Persönlichkeiten vorstellen?
Das sind ganz normale Menschen mit unterschiedlichen, interessanten Extremen, die mit uns als Mode-Partner einen familiären, freundschaftlichen Umgang pflegen. Einen gewissen Nervenkitzel bei den ersten glamourösen Red-Carpet-Veranstaltungen kann ich aber nicht abstreiten. Diese Partnerschaften wollen wir als strategische Markenpositionierung in den nächsten Jahren langfristig ausbauen.

MADELEINE gibt auf der eigenen Internetseite allen Interessenten einen Einblick in ein beachtliches Modelexikon. Welchen Stellenwert bemessen Sie Mode in unserer aktuellen Gesellschaft bei?
Es ist im Wesentlichen ein Statement, sich perfekt zu jedem Anlass zu kleiden. Mode ist ein Ausdruck der Inszenierung und des Bekleidens zur Einpassung in die Gesellschaft. Der Kauf von Mode ist eine Selbstbelohnung für das eigenerwirtschaftete Einkommen. Frauen mit einer sehr hohen Selbstbestimmung belohnen sich am liebsten selbst mit Mode.

Was haben Sie im Studium für Fähigkeiten gesammelt, die Sie noch heute einsetzen?
Ich durfte das Handwerkszeug im Studium erlernen. Wir haben gelernt, mit Freude an die Arbeit zu gehen. Es wurde uns beigebracht, zu jedem maßgeblichen Punkt die volle Leistungsfähigkeit abzurufen.
Als Zweites greife ich gern auf die Kombination von Theorie, Strategie und Praxis zurück, die uns Professor Dr. Heinz Heidemann im Hauptstudium sehr authentisch vermittelt hat.

Welche Parallelen zwischen Hochschule und Mode sehen Sie?
Es besteht in beiden Welten eine ähnliche Saisonalität, nur mit unterschiedlichen Inhalten. Von der Anlaufphase über die Lernphasen bis hin zum Abrufen des eigenen Leistungspotenzials in den Saisonendphasen. Die Modebranche lebt wie die universitäre Welt von den Inspirationsabschnitten, von harter Arbeit und von den Erfolgen in den Abschlussphasen. Aber auch Prüfungsphasen und Semesterferien zum Durchatmen zwischen den Jahreszeiten gehören im übertragenen Sinne in der Mode zum Geschäft dazu.

An welches Ereignis, welchen Menschen oder Ort aus Ihrer Studienzeit erinnern Sie sich immer wieder gerne zurück? Worüber müssen Sie noch heute schmunzeln?
Prof. Dr. Wolf Dettmer ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Ich denke neben den amüsanten und kuriosen Erlebnissen besonders noch an die eigenwilligen Klausuren bei ihm zurück. Diese hart gestellten Prüfungen durften dafür mit Unterrichtsmaterial-Unterstützung und Kommilitonen-Austausch – bis dato ein Novum - bewältigt werden. Rückblickend war Professor Dettmer damit aber auch sehr nah am realen Leben, in dem Problemlösungen nur unter Einbindung von gewachsenen Netzwerken am zielführendsten funktionieren können.

Haben Sie noch Kontakt zu Ihren ehemaligen Kommilitoninnen und Kommilitonen? Was bedeutet Ihnen diese Verbindung?
Ja, es haben sich gute Freundschaften mit einigen Kommilitonen entwickelt, die auch nach etlichen Jahren halten. Wir profitieren durch diese enge Verknüpfung gegenseitig sowohl von einem unternehmerischen Ideenaustausch sowie von einer gewachsenen Unabhängigkeit. Zudem haben wir einige TH-Absolventen/innen als anschließende Arbeitnehmer/innen für unser Unternehmen einstellen können.

Wären Sie gern noch einmal Student?
Ich schaue immer nach vorne. Daher liegt aus der jetzigen Perspektive dieser Lebensabschnitt, den ich sehr genossen habe, in der Vergangenheit. Jedoch habe ich durch die Zusammenarbeit mit der Hochschule Flensburg und der Hochschule Kempten fortwährend sehr viel Kontakt zu Studierenden, was ich besonders schätze. Ich kann mir in der Zukunft z. B. in meinem Ruhestand tendenziell sogar ein Seniorenstudium vorstellen.

Haben Sie einen Lieblingsplatz in und um Nürnberg, an dem Sie sich schon immer gerne aufgehalten haben?
Das Altstadtgebiet rund um die mittelalterliche Sankt Sebald Kirche in Nürnberg bis hinunter zur Pegnitz ist meine alte Heimat, zu der ich in gemütlicher Atmosphäre beispielweise für Restaurant-besuche gerne zurückkehre. Nun genießen meine Familie und ich derzeit intensiv unseren aktuellen Lebensmittelpunkt im Grünen in Fürth.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Mein Unternehmen ist für mich ...
… wie eine zweite Tochter.

Haben Sie erreicht, was Sie sich mit 21 vorgenommen hatten?
Ja, karrieretechnisch habe ich weit mehr erreicht, als ich mir vorgenommen hatte. Es war und ist mir wichtig, mit den richtigen Kolleginnen und Kollegen Projekte erfolgreich zu erarbeiten und abzuschließen und das funktioniert am besten einfach mit Spaß an der Arbeit.

Verraten Sie uns Ihr Lebensmotto?

Lachende und zufriedene Menschen sind erfolgreicher.


Sehr geehrter Herr Alexander Weih. Vielen Dank, dass Sie sich für unser Interview Zeit genommen haben!

(Interview: Daniel Großhauser)

Michael Zagel
Michael Zagel

Zagel, Michael (2017)

Sehr geehrter Herr Michael Zagel, erst einmal herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen.

Am 1. März 1987 haben Sie den Schritt in die Selbständigkeit als eigenständiger Handelsvertreter im Verkauf gewagt und im Jahr 2017 das Jubiläum von 30 Jahre Immobilienvermittlung feiern dürfen. Auf welche Besonderheiten blicken Sie bei diesen ereignisreichen Jahren bei SOLLMANN+ZAGEL gerne zurück?
30 Jahre ist eine lange Zeit. Und Erfahrung ist nicht ausnahmslos nur gut, sondern ab und an auch schlecht. Der Markt entwickelt sich so schnell weiter, dass viel Gelerntes später für das tägliche Geschäft gar nicht mehr zu gebrauchen ist. Geschäftstechnisch kann ich aktuell die letzten 5 bis 10 Jahre verwenden. Alles andere davor ist nicht mehr aktuell. Jedoch kann ich über 30 Jahre die menschlichen Eigenheiten als wichtigste Erfahrung sehr gut mitnehmen. Und das ist sicherlich branchenübergreifend der Fall. In den letzten 5 Jahren gab es mehr Veränderungen im Immobilienbereich als in den 25 Jahren zuvor. Das Immobiliengeschäft ist etwas Besonderes, da man mit dem Individuum Mensch zu tun hat und jede Person unterschiedlich ist. Jeder Mensch ist ein Unikat und auch das Produkt Immobilie ist darüber hinaus ebenfalls einzigartig. Das sind zwei unsichere Ebenen. Zu jeder Objektverwertung in den vergangenen 30 Jahren könnte man eine Geschichte schreiben, manchmal ein kleines Heftchen, ein anderes Mal ein großes Buch. Und genau das macht das Besondere in meinem Beruf aus.

Was haben Sie als junger Hochschulabsolvent bei Ihrem Berufseinstieg im Vertrieb und in der Vermietung von Wohn- und Gewerbeimmobilien alles gelernt?
Ich habe gelernt, dass das Studium nur eine Eingangsebene und Zugangsberechtigung zur Weiterentwicklung ist. Danach sind Faktoren wie Eigeninitiative und Innovationsdenken wichtig. Auch gefragt ist natürlich insbesondere der Umgang mit Menschen und in gewissen Situationen das Einsetzen von Ecken und Kanten zur richtigen Zeit. Es wird desweiteren verlangt, auch unangenehme Entscheidungen zu treffen und zu vertreten. Der Faktor Mensch, wie beispielhaft die Sympathie des Kunden zum Makler, ist meist entscheidend. Unser Leitspruch ist: „Wir vermitteln nicht Immobilien, sondern wir bringen Menschen zusammen.“

Ihre Karriereleiter ging nach der Station als Assistent der Geschäftsleitung und der Verkaufsleitung dann stetig weiter bis zur Geschäftsführung bei der IMMOBILIEN SOLLMANN+ZAGEL GmbH. War dieser Weg für Sie so vorgeplant?
Nein, denn direkt vier Wochen nach dem Berufseinstieg habe ich mich schon für einen ersten Kurswechsel entschieden. Schon früh habe ich die Entscheidung getroffen, anstelle als Assistent der Geschäftsleitung weiterzuarbeiten, als selbstständiger Verkaufsberater mit höheren Verdienstmöglichkeiten einzusteigen. Erst später bin ich den Weg zurück in die Geschäftsleitung über diesen Umweg gegangen. Dieses Beispiel zeigt, dass ich schon immer, auch im Berufsleben, das gemacht habe, was mir Spaß am Leben bereitet hat.

Sie sind nun alleiniger geschäftsführender Gesellschafter des eigenen Unternehmens mit über 50 Mitarbeitern. Wie fühlt es sich an und wie kann man sich Ihre tägliche Arbeit vorstellen?
Ich habe einen sehr guten Lehrherrn mit Theodor Sollmann gehabt und bin in die Geschäftstätigkeit hervorragend hineingewachsen. Auch hatte ich ausreichend Zeit, mich in die Geschäftsführung einzugliedern. Daher war es kein klassischer Sprung ins kalte Wasser. Alleinverantwortlich ohne Partner zu sein, hat natürlich nicht nur Vorteile wie zum Beispiel bei Urlaubsvertretungen. Jedoch kenne ich einen Tag ohne Termine eigentlich so gut wie gar nicht. In unserem Immobilien-Business und in der Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern ist immer etwas los. Die Mitarbeiter wissen, dass ich für sie im täglichen Arbeitsalltag jederzeit ansprechbar bin.

Ihnen ist die Qualität Ihres Familienunternehmens im wettbewerberreichen Immobilienmarkt sehr wichtig. Was kann man sich darunter im Vergleich zur Konkurrenz vorstellen? Können Sie uns dazu ein konkretes Beispiel nennen?
Der Ruf eines Maklers ist weiterhin als schwierig anzusehen. Beim Immobilienmarkt hat vieles selbstverständlich mit Quantität und Qualität zu tun. Ich selbst arbeite vergleichsweise seit über 30 Jahren 6 Tagen die Woche. Meine Verkaufsmitarbeiter sind sich aber auch der qualitativen Verantwortung bewusst. Ihnen ist unverkennbar, dass man mit wesentlichen Vermögenswerten der Kunden arbeitet und die Provisionen dabei nicht im Vordergrund stehen sollen. Wichtig ist als Fundament eine gute Ausbildung meiner Mitarbeiter. Wir haben ein Mentoren-Programm eingeführt, das die erfahrenen mit den jungen Mitarbeitern im Geschäftsalltag zusammenbringt und durch das gemeinsam Kenntnisse mit den einbezogenen Kunden geteilt werden können. Ein gut funktionierendes Back-Office im Hintergrund und genormte Prozessstrukturen spielen ebenfalls als wichtige Elemente in der Qualitätsbewertung eine wichtige Rolle. Die Dokumentation nach außen wurde in den vergangenen Jahren über die DIN EN ISO 9001-Zertifizierung geleistet, die wir als erste Nürnberger Immobilienmakler überhaupt erfolgreich abgeschlossen haben. Darüber hinaus sind wir bei den anerkannten Maklerbewertungen wie im Capital Makler-Kompass oder Focus online transparent und in der Spitzengruppe vertreten. Man kann mit diesen Themen genauso überzeugen wie mit guten Wiederempfehlungsraten und geringen Stressquoten. Neuerungen wie die 360-Grad-Aufnahmen oder das Objekt-Tracking für die Kundschaft sind für uns in diesem Markt wichtige Impulsgeber.

In seiner Entwicklung muss ein Unternehmen auch Rückschläge hinnehmen. Was würden Sie bei dieser Thematik jungen Unternehmern raten? Und welche Tipps haben Sie für Studierende, die wie Sie vor der Herausforderung der Selbständigkeit stehen?
Selbstständigkeit birgt immer die Komponente Risiko mit sich. In schwierigen Phasen, die Anstrengung und Nervosität ansteigen lässt, gilt es durchzuhalten und stetig weiterhin viel zu arbeiten. Der Erfolg wird sich dann nach meinen Erfahrungen durch das weitere Anpacken und Machen wieder einstellen. Als Selbständiger hat man keine Sicherheit, außer sich selbst. Eine Gewähr zum Erfolg gibt es nicht. Das Tragen des Selbständigkeitsrisikos wie auch der Mehraufwand an Arbeitszeit ist nicht für jedermann etwas. Vorsorge und Bescheidenheit sind gleichermaßen wichtige Aspekte. Mein Tipp für Selbständige wäre: „Spare in der Zeit, so hast du in der Not.“

Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus? Was müssen Absolventinnen und Absolventen mitbringen, die bei SOLLMANN+ZAGEL Karriere machen wollen?
Hohe Motivation, Lerninteresse und Einsatzbereitschaft sind entscheidende Faktoren. Junge Berufseinsteiger bringen in ein Unternehmen einen neuen Drive mit einem guten Kundenzugang in einem stets wandelbaren Markt mit. Der gegenseitige und durchaus zeitintensive Austausch von Erfahrenen mit Einsteigern ist für jede Firma unabdingbar.

An welche besonderen Begegnungen in Ihrem Berufsleben denken Sie sich noch heute rückblickend sehr gerne und warum?
Eine äußerst herzliche Dankeskarte eines sehr netten 80-jährigen Kunden, der eine Immobilie für seinen Lebensabend gesucht hatte, war für mich überwältigend und emotional, nachdem wir seine Traumwohnung schließlich finden konnten.

An welches Ereignis, welchen Menschen oder Ort aus Ihrer Studienzeit erinnern Sie sich immer wieder gerne zurück? Worüber müssen Sie noch heute schmunzeln?
Mein Studium lief relativ reibungslos, organisiert und geordnet ab. Mit netten Mitstudentinnen haben wir fast täglich gemeinsam die Vorlesungsmaterialien unter dem Semester bei abendlichen Kaffee-Treffen ausgetauscht. Richtig lernintensiv waren regelmäßig immer die letzten Wochen vor den Prüfungen, die ich dann sehr diszipliniert durchgezogen habe.

Wie kann die TH Nürnberg aus Ihrer Sicht von ihren Alumni profitieren?
Geld ist nicht das wichtigste und Lebenserfahrung alleine ist für jüngere Generationen nicht die oberste Prämisse. Junge Leute müssen eigene Erfahrungen sammeln und diese in den sich ändernden Zeiten immer wieder einbringen. Wenn man überhaupt Erfahrung weitergeben kann an eine andere Studierendengeneration, dann wären das die menschlichen Erfahrungen. Wichtig finde Ich außerdem, was andere Menschen und Geschäftstätige denken. Von erfolgreichen Persönlichkeiten kann man viel lernen. Ich kann von meinen Eindrücken weitergeben, neugierig zubleiben, Geduld mitbringen und fortdauernd Neues auszuprobieren. Von erfolgreichen Absolventinnen und Absolventen einige Aspekte mitzunehmen für den eigenen Weg, ist bereits ein kostbarer Mehrwert.

Haben Sie noch Kontakt zu Ihren ehemaligen Kommilitoninnen und Kommilitonen? Was bedeutet Ihnen diese Verbindung?
Es gibt leider nur noch ganz wenig Kontakte zu den ehemaligen Mitstudierenden. Nur eine Handvoll sind mir noch bekannt. Damals hätte ich mich jedoch noch mehr in das Hochschulnetzwerk einklinken können, um im späteren Geschäftsleben davon zu profitieren. Wenn die TH hier zukünftig als Netzwerk-Förderer fungieren und hierbei gegenüber den Studierenden aktiv werden kann, wäre das eine tolle Sache.

Stellen Sie sich einen perfekten Tag vor. Was gehört unbedingt dazu?
Ein exzellenter Kaffee, tolle Gespräche mit Mitarbeitern wie Kunden und zum Abschluss die Anbahnung eines Geschäftsabschlusses zwischen zwei zufriedenen Vertragsparteien wäre für mich der perfekte Tag.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Mein Unternehmen ist für mich ...
… mit meiner Familie mein Leben.

Haben Sie erreicht, was Sie sich mit 21 vorgenommen hatten?
Mit 21 war ich noch sehr desorientiert ohne berufliche Vorplanungen. Ich habe relativ spät, mit 22, die Studienlaufbahn aufgenommen. Mit 25 und dem Berufseinstieg habe ich mir dann tatsächlich feste Ziele gesteckt, die ich mit 31 bereits erreichen konnte. Der Mensch wächst mit seiner Verantwortung. Und so wachsen ebenso die eigenen Ziele. Mittlerweile sehe ich die weiteren Arbeitsjahre als Kür an ohne weitere unerfüllte und monetäre Ziele. Solange ich gesund bin und mir die Tätigkeit in meinem Geschäft Spaß macht, möchte ich weiterarbeiten und alle Beteiligten weiterbringen. Das ist mittlerweile mein Ziel geworden. Ich sehe meinen Betrieb grundlegend als Uhrwerk an, in dem ich als Geschäftsführer nur ein Teil bin, aber ein ganz bestimmtes, nämlich die Unruhe.

Verraten Sie uns Ihr Lebensmotto?
Ich weiß, dass ich nichts weiß.


Sehr geehrter Herr Michael Zagel. Vielen Dank, dass Sie sich für unser Interview Zeit genommen haben!

(Interview: Daniel Großhauser)

Prof. Dr. Manuela Weller
Prof. Dr. Manuela Weller

Weller, Prof. Dr. Manuela (2017)

Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Manuela Weller, erst einmal herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen.

Sie haben einen beeindruckenden wissenschaftlichen Werdegang, angefangen von einem Abschluss als Diplom-Betriebswirtin (FH) über MBA-Studium sowie Promotion bis zu einer Professur an der Technischen Hochschule Mittelhessen, vorzuweisen. Wie haben Sie dies alles erreichen können?
Man muss Spaß am Entdecken von neuen Dingen haben und gerne mal über den Tellerrand hinausschauen. Herausforderungen nehme ich generell gerne an und verfolge diese mit einer Portion Beharrlichkeit und Fleiß, denn es wird nie alles immer geschmeidig laufen.

Würden Sie im Nachhinein bei diesen akademischen Stationen irgendetwas anders machen?
Nein, ich würde nichts anders machen. Jeder Schritt hat irgendwie so seinen Sinn gehabt.

Ein besonders Anliegen ist Ihnen die Unterstützung von promotionswilligen Hochschulabsolventen/innen. Wie wurden Sie selbst während der Promotion als Fachhochschulabsolventin von den Universitätsabsolventen/innen aufgenommen und welche Erfahrungen können Sie aus dieser Zeit an interessierte Promovenden/innen weitergeben?
In Österreich bzw. an der Universität Innsbruck, an der ich promoviert habe, war der Umgang mit Fachhochschulabsolventen als Doktoranden sehr viel geläufiger als dies damals in Deutschland der Fall war. Durch die klare Struktur des Doktorratsstudiums mit seinen vier Privatissima (Pflichtfächer) ist mir der Einstieg in die Planung meines Forschungsprojekts leichter gefallen.
Promotionsinteressierten FH-Absolventen kann ich nur empfehlen, ein Thema auszuwählen, dass sie wirklich interessiert und für das sie „brennen“, denn das Projekt „Doktorarbeit“ wird einen mehrere Jahre beschäftigen. In dieser Zeit wird man neben motivierenden Erfolgserlebnissen auch Rückschläge verkraften müssen. Das Durchleben dieser Höhen und Tiefen gehört nach meiner Ansicht aber auch zur Promotion dazu und umso mehr freut man sich am Ende sein fertiges Werk in Händen zu halten. Zudem ist es wichtig, sich möglichst bald mit der Doktormutter bzw. Doktorvater über den Ablauf der Betreuung auszutauschen und dabei sollten auch wichtige Meilensteine im Promotionsprozess fixiert werden.

In Ihrer Dissertation haben Sie sich mit der sozialen Positionierung von mitarbeitenden Ehefrauen in klein- und mittelständischen Familienunternehmen beschäftigt. Welche Potentiale sehen Sie generell für Frauen in familiengeführten Unternehmen im Bezug einer stärker anwachsenden Geschlechtergleichstellung?
Am besten lässt sich ihre Frage anhand der Nachfolgeplanung in Familienunternehmen beantworten. Die frühere Regel dem Erstgeborenen Sohn das Unternehmen zu übergeben findet sich in der Praxis immer weniger, stattdessen übernehmen zunehmend mehr Frauen bzw. Töchter die Verantwortung in familiengeführten Betrieben. Ich bin der Meinung, dass im digitalen Zeitalter das soziale Geschlecht immer weniger eine Rolle spielen wird – vielmehr werden Eigenschaften wie zum Beispiel Kreativität oder unternehmerisches Denken an Bedeutung gewinnen.

Ihr wissenschaftlicher Fokus liegt insbesondere auf Kleinbetrieben, Mittelständlern und Familienunternehmen. Was ist besonders spannend an dieser speziellen Unternehmergruppe?
Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) bzw. Familienunternehmen sind das Rückgrat unserer Volkswirtschaft und Garant für den Wohlstand unseres Landes. Dennoch begann man sich forschungstechnisch erst in den 90iger Jahren mit familiengeführten Unternehmen näher zu beschäftigen, da die klassische Managementlehre die Familie in einem Unternehmen vielfach als Störgröße wahrgenommen hat. Doch genau der Einfluss der Familie macht diese Unternehmen so besonders, d.h. man muss beide Subsysteme „Familie“ und „Unternehmen“ gleichberechtigt betrachten. Durch die unterschiedlichen Wertvorstellungen, Normen und Zielsetzungen die in den jeweiligen Subsystemen vorherrschen wird in diesen Unternehmen einem bestimmt Dynamik freigesetzt. Genau diese besondere Dynamik macht das Forschungsfeld klein und mittelständische Familienunternehmen für mich so spannend – es ist einfach meine Welt.

Sie sind auch bestens vertraut mit dem Themengebiet Unternehmensgründungen und Entrepreneurship. Welche Tipps würden Sie Studierenden geben, die sich gerade im Moment mit dem Gedanken beschäftigen, ein Unternehmen zu gründen?
Viele Gründer machen den Fehler sich mit ihrer Idee in ein „stilles Kämmerlein“ zurückzuziehen und verbringen Jahre damit an ihrer Unternehmensidee zu feilen, ohne das sie sich Feedback von außen einholen. Nicht selten entwickeln Gründer durch dieses Vorgehen am Markt bzw. am Kunden vorbei und ihre ganzen Bemühungen waren schlichtweg für die Tonne. Um dies zu vermeiden lautet mein Rat an alle Gründungsinteressierten – suchen sie so früh wie möglich Kontakt zur Zielgruppe, Experten usw. und stellen sie ihre Businessidee auf den Prüfstand und das nicht nur einmal, sondern fortwährend. Anhand der Rückmeldungen entwickeln sie ihre Gründungsidee dann weiter, ähnlich dem Design Thinking Process. Auch sollte das Gründerteam möglichst heterogen zusammengesetzt sein. Je vielschichtiger die Fähigkeiten der Teammitglieder desto besser gelingt die Umsetzung der Unternehmensgründung.

Worauf sind Sie im Rückblick besonders stolz bzw. was waren Ihre größten Erfolge?
Besonders stolz bin ich auf meinen erfolgreichen Promotionsabschluss und auf die drei Wissenschaftspreise, die mir für meine Dissertation im Anschluss verliehen wurden.

An welches Ereignis aus Ihrer Studienzeit erinnern Sie sich immer wieder gerne?
Gerne erinnere ich mich noch an die Zeit als Studentin an der „Real FH“ in der damaligen Welserstraße. Klasse war der persönliche Kontakt zur Professorenschaft, in dem ehemaligen Fabrikgebäude und die gute Stimmung zwischen den Studierenden. An manche Vorlesung erinnere ich mich heute noch gerne – so an die Wirtschaftsprivatrechtsfälle von Prof. Dr. Waldemar Glückert oder an das tolle Marketing-Praxisprojekt, das von Herrn Prof. Dr. Heinz Heidemann organisiert wurde. Es war auch Herr Prof. Heidemann der mich während meiner Zeit an der Bayerischen Akademie der Werbung auf die Idee gebracht hatte an der FH Nürnberg zu studieren.

Was muss man unbedingt im Studium als Erstsemesterstudierende/r im 1. Studienabschnitt gemacht haben?
Unbedingt die Angebote der Studierendenvertretung bzw. Fachschaft nutzen, hier kann man viele wertvolle Tipps zum Studium erhalten. Auch die Teilnahme an Mentoring-Programmen halte ich für sehr wichtig. Zudem kann ich den Studienanfängern nur empfehlen frühzeitig an einer Bibliotheksschulung teilzunehmen, um sich so mit den Tools rund ums wissenschaftliche Arbeiten vertraut zu machen.

Haben Sie noch Kontakt zu Ihren ehemaligen Kommilitoninnen und Kommilitonen? Was bedeutet Ihnen diese Verbindung?
Leider habe ich kaum mehr Kontakte zu ehemaligen Mitstudierenden aufgrund meiner längeren Auslandaufenthalte. Auch gab es damals noch keine Absolventenfeier, wo man sich hätte vernetzen können.

Wären Sie gern noch einmal Studentin?
Ja. Es gibt sehr interessante neue Studienrichtungen. Studieren heißt ja erforschen und als Professorin bin ich ja auch immer wieder in der Position einer Studierenden, die sich neuen Feldern annähert und diese erforscht. Man lernt im Leben ja nie aus.

Haben Sie einen Lieblingsplatz in Nürnberg, an dem Sie sich schon immer gerne aufgehalten haben?
Ein Highlight für mich ist immer noch der Besuch der Nürnberger Burg und der Ausblick den man von dort oben über die Stadt hat – das fasziniert mich bis heute. Und danach bei schönem Wetter einen Espresso in einem der Cafes am Albrecht-Dürer-Platz genießen.

Wie und womit können Sie in Ihrer Freizeit vom Berufsalltag am besten abschalten?
Meine Freizeitgestaltung ist vielschichtig - Theater, Konzerte und Wanderungen. Mein größtes Hobby seit meinem 13. Lebensjahr ist aber das Kochen und das sammeln von Rezepten. Meine Sammlung von Kochbüchern ist in der Zwischenzeit auf 400 angewachsen. Schon bei der Auswahl der Rezepte setzt bei mir die Entspannungsphase ein. Das anschließende Einkaufen und kochen macht mich dann richtig happy.

Haben Sie erreicht, was Sie sich mit 21 vorgenommen hatten?
Mit 21 habe ich das studieren begonnen und das klare Ziel vor Augen, irgendwann das Diplom in Händen zu halten. Das habe ich auch erreicht.

Verraten Sie uns Ihr Lebensmotto?
Wenn du schnell gehen willst, dann gehe alleine. Wenn du weit gehen willst, dann geh mit anderen zusammen.


Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Manuela Weller. Vielen Dank, dass Sie sich für unser Interview Zeit genommen haben!

(Interview: Daniel Großhauser)

Michael Neumann
Michael Neumann

Neumann, Michael (2016)

Sehr geehrter Herr Michael Neumann, erst einmal herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen für dieses Interview.

Sie waren viereinhalb Jahre lang Geschäftsführer vom Finanzdienstleister Qualitypool. Was waren Ihre Haupttätigkeitsbereiche und wie sehen Ihre neuen Vorstandverantwortlichkeiten bei Dr. Klein Privatkunden innerhalb des Finanzdienstleistungskonzerns Hypoport aus?
Ich war bei der Qualitypool GmbH für das Ergebnis des Bereichs Finanzierung verantwortlich, d.h. konkret für die Produktbereiche Baufinanzierung, Bausparen und Ratenkredit.
Als Vorstand der Dr. Klein Privatkunden AG bin ich für die Ressorts Marketing, IT, Niederlassungen und Versicherung & Vorsorge verantwortlich.

Neue Besen kehren gut, besagt ein Sprichwort. Wie kann man sich einen solchen Vorstandspositionswechsel wie Ihren innerhalb eines Konzerns vorstellen? Wie sehen unter Vorständen Übergaben und Übergangsphasen aus?
Wir haben im Zuge meiner Bestellung den Vorstand von Dr. Klein erweitert. Damit haben sich die Verantwortlichkeiten für alle Ressorts auf Vorstandsebene verändert. Auf eine längere Übergabephase haben wir bei Dr. Klein bewusst verzichtet und einen harten „Cut“ vollzogen, da alle Vorstände weiterhin im Konzern tätig sind und bei Bedarf auf Wissen zugegriffen werden kann. Bei der Übergabe meiner Verantwortung als Geschäftsführer der Qualitypool GmbH an einen externen Manager haben wir die Übergabe kompakt innerhalb von 14 Tagen umgesetzt.

Neue Anforderungen der Kunden an die digitale Zukunft verändern und bedrohen etablierte Geschäftsmodelle auch in der Finanzdienstleistung. Insbesondere auch für einen internetbasierter Anbieter wie Ihren. Wie packen Sie diese Chancen und Risiken an?
Wir sehen in der Digitalisierung für unser Unternehmen große Chancen. Dr. Klein ist Vermittler von Finanzdienstleistungen und als solcher sind wir nicht nur Partner für unsere Kunden, sondern auch Partner von Produktanbieter wie Banken und Versicherungen. V.a. in der Zusammenarbeit mit letzteren sehen wir durch die fortschreitende Digitalisierung enormes Potential, Prozesse und Arbeitsabläufe zu verschlanken und zu optimieren und letztlich zusätzlichen Nutzen für unsere Kunden zu generieren.

Es wird behauptet, die Finanzdienstleistungsbranche hätte trotz lukrativer Gehälter nicht den besten Ruf unter jungen Menschen. Was würden Sie dem entgegenhalten?
Aus meiner Sicht sollte man die Finanzdienstleistungsbranche differenziert betrachten. V.a. der Beruf des Vermittlers von Finanzdienstleistungen bietet die Chance, Menschen enorme Vorteile  bei der Gestaltung ihrer Altersvorsorge und bei der Absicherung von Risiken zu ermöglichen und dabei auf die besten Produkte am Markt zugreifen zu können.

Hohe Gehälter locken häufig Berufsanfänger – auch direkt nach einem abgeschlossenen Studium – in die Finanzdienstleistungsbranche. Was macht diesen Wirtschaftszweig neben diesen guten Einkommenskonditionen noch besonders attraktiv für Hochschulabsolventen/innen?
Potentielle Neukunden kommen aktiv auf Dr. Klein zu, um von unseren Spezialisten Unterstützung auf der Suche nach der Finanzierung ihrer Wunschimmobilie zu erhalten. Unsere Spezialisten lernen täglich interessante Menschen kennen, denen sie bei der Erfüllung ihres Traumes nach einem Eigenheim behilflich sind. Wir ermöglichen unseren Kunden einen vollständigen Marktüberblick und helfen ihnen viel Zeit zu sparen und beste Konditionen zu erhalten. Auf unsere Mitarbeiter warten sehr abwechslungsreiche Aufgaben in einem autonomen Unternehmen mit flachen Hierarchien und einem hohen Maß an Eigenverantwortung.

Ihr Unternehmen ist im norddeutschen Lübeck beheimatet. Das klingt jetzt nicht nach einem hippen Finanzplatz wie Frankfurt am Main. Was ist trotzdem das Besondere an Ihrem Standort?
Dr. Klein ist in 7 großen Städten in Deutschland mit Niederlassungen vertreten und hat über 140 weitere Standorte im gesamten Bundesgebiet. Unser Hauptsitz befindet sich im verglichen mit Frankfurt/Main beschaulicheren Lübeck. Lübeck hat mit seiner historischen Altstadt, dem Holstentor und der Nähe zur Ostsee aus meiner Sicht andere Reize.

Was denken Sie, wie stark die Brexit-Veränderungen auch auf Ihre Geschäftsbereiche auswirken werden?
Wir rechnen aus heutiger Sicht nicht mit gravierenden Auswirkungen durch den Brexit auf unser Geschäftsmodell. Einige Bereiche des Finanzdienstleistungssektors und der Standort Frankfurt/Main können tendenziell vom Brexit profitieren.

Welche drei Eigenschaften muss ein Vorstand – verantwortlich für die Ressorts Niederlassungen, Versicherung und Marketing – mitbringen?
Generell muss man in der Lage sein, komplexe Zusammenhänge schnell zu erfassen. Analog zu anderen Führungspositionen ist es nicht entscheidend, fachlich der größte Knowhow-Träger zu sein, sondern die besten Mitarbeiter zu finden, zielgerichtet einzusetzen und ihnen Rahmenbedingungen zur Verfügung zu stellen, um ihr Potential optimal ausschöpfen zu können. Ein hohes Maß an Entscheidungsfreudigkeit ist ebenfalls notwendig.

Haben Sie schon Vorstellungen, wie es beruflich noch weitergehen könnte?
In den kommenden Jahren möchte ich dazu beitragen, dass immer mehr Kunden den Weg zu professionellen Finanzdienstleistungsvermittlern finden und Dr. Klein weiter Marktanteile gewinnt.

Welche Kenntnisse und Fähigkeiten, die Sie an der Hochschule erworben haben, wenden Sie bei Ihrer täglichen Arbeit an?
Ich habe an der Hochschule die Fähigkeit erworben, mich schnell in neue Themen einzuarbeiten. Auch die Erkenntnis, nicht alles selbst wissen zu müssen, sondern zu wissen, wo es zu finden ist bzw. wer eine Frage beantworten kann, hilft mir in meiner täglichen Arbeit.

Haben Sie noch Kontakt zu Ihren ehemaligen Kommilitoninnen und Kommilitonen? Was bedeutet Ihnen diese Verbindung?
Ich habe Kontakt zu einigen ehemaligen Kommilitonen. Einer davon ist für ein Schwesterunternehmen innerhalb unseres Konzerns tätig, so dass wir seit einigen Monaten regelmäßig berufliche Berührungspunkte haben.

Gibt es etwas, das Sie heute – besonders in Bezug auf das Studium – anders machen würden?
Ich würde aus heutiger Sicht ein Auslandssemester in mein Studium integrieren, um eine fremde Kultur kennen zu lernen.

Wie und womit können Sie Ihrer Freizeit vom Berufsalltag am besten abschalten?
Da ich beruflich sehr viel auf Reisen bin, nutze ich meine Freizeit und verbringe sie am liebsten mit meiner Familie und mit guten Freunden.

Wenn Sie sich einen perfekten Tag vorstellen − was gehört unbedingt dazu?
Ein ausgiebiges Frühstück ohne Zeitdruck mit meiner Frau.

Haben Sie erreicht, was Sie sich mit 21 vorgenommen hatten?
Was ich mir mit 21 vorgenommen habe, habe ich erreicht. Für mich ist es wichtig, dass ich mich regelmäßig selbst reflektiere und mir immer wieder neue Ziele setze.

Verraten Sie uns Ihr Lebensmotto?

Aus beruflicher Sicht: „Wer will, findet Wege, wer nicht will, findet Gründe“.


Sehr geehrter Herr Michael Neumann. Vielen Dank, dass Sie sich für unser Interview Zeit genommen haben!

(Interview: Daniel Großhauser)

Friedrich Fleischmann
Friedrich Fleischmann

Fleischmann, Friedrich (2016)

Sehr geehrter Herr Friedrich Fleischmann, erst einmal herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, mich persönlich zu treffen.

Sie sind seit Februar 2015 Geschäftsführer der GfK GeoMarketing GmbH. Wie sieht dieser neue Verantwortungsbereich für Sie konkret aus?
Das Thema GeoMarketing ist ein sehr spannendes Feld und beschäftigt sich in erster Linie mit der Regionalisierung von  Informationen. Wir können mit unserem Service und Produkt Portfolio die Fragen nach dem WO beantworten. Wo ist das größte Potential? Wo ist der beste Standort? Wo befinden sich unsere potentiellen Kunden/Zielgruppe? Da wir dies nicht nur für Deutschland anbieten können, sondern für die meisten Länder der Welt kommt mir mein globales Netzwerk aus meiner früheren Tätigkeit als Global Director Retail innerhalb der GfK sehr entgegen. Damit kann ich die Internationalisierung von GfK GeoMarketing innerhalb des 100 Länder GfK Netzwerks weiter auszubauen und dabei Produkte und Methoden der klassischen GfK Welt mit unseren Geo-Informationen zu neuen Kunden-relevanten Lösungen verbinden.

Wie kann man sich die Unternehmensleitung über die drei Standorten Nürnberg, Bruchsal und Hamburg hinweg in der Praxis vorstellen?
Das hatte ich mir anfänglich schwieriger vorgestellt; da wir aber sehr gut in Teams organisiert sind und diese nicht Standort-bezogen agieren ist es mit wöchentlichen Lync/Skype Calls sehr gut zu machen. Dass man trotzdem regelmäßig vor Ort ist versteht sich von selbst.

Was gefällt Ihnen an dem neuen Aufgabenbereich im Besonderen?
Dinge voranbringen, die Arbeit mit dem gesamten GeoMarketing Team; aus dem guten Produkt und Service Portfolio über neue Ansätze und Kombinationen ein noch besseres und für den Markt noch relevanteres Paket zu machen. Mag vielleicht platt und nach Allgemeinplatz klingen, ist aber in meiner täglichen Realität in keinster Weise der Fall.

Ein neues Wirtschaftswunder – wie kann es aussehen und worauf kommt es aus Ihrer Sicht besonders an?
Die aktuelle Situation in Europa in Kombination mit den noch nicht absehbaren und auch nicht quantifizierbaren Folgen des Brexit ist eine neue Herausforderung, die von unterschiedlich düsteren Szenarien begleitet wird. Der Wirtschaftsstandort Europa braucht gesunde Volkswirtschaften und der reine Banken und Finanzsektor hat im letzten Jahrzehnt eher negativ dazu beigetragen. Eine Rückbesinnung der Banken auf die Finanzierung von Unternehmen mit langfristigen und verlässlichen Engagement ist betriebswirtschaftlich und mittel-und langfristig auch volkswirtschaftlich sinnvoller.

Wie wird das Thema Nachhaltigkeit in Ihrem Markt behandelt?
Da wir reiner Informationsdienstleister sind kann man im Vergleich zu früheren Zeiten einen Aspekt anführen; das Druckvolumen der an unsere Kunden gelieferten Informationen hat sich drastisch reduziert :-); dass wir alles daran setzen nachhaltig verlässliche und für unsere Kunden relevante Informationen zu liefern ist für uns selbstverständlich.

Wohin geht die Reise Ihres Unternehmens in den kommenden Jahren?
Mit Hilfe des globalen Netzwerks der GfK SE werden wir uns noch stärker international ausrichten und bei Produkt- und Methodenentwicklungen noch enger mit unseren Kollegen zusammenarbeiten.

In seiner Entwicklung muss ein Unternehmen auch Rückschläge hinnehmen. Was würden Sie dazu jungen Unternehmern raten? Und welche Tipps haben Sie für Studierende, die wie Sie einmal eine Geschäftsführung anstreben?
Nicht bei jedem Gegenwind einknicken; klare und offene Information und  Kommunikation mit allen Mitarbeitern (sei es direkt oder über die Team und Bereichsleiter) bzgl. Strategie und Ausrichtung. Und vor allem Freude an der Zusammenarbeit mit Menschen.

Wie sammeln Sie Energie für neue Taten?
Indem ich noch genügend Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden verbringe und bei vielen Dingen, die mir einfach Spaß machen.

Welche Bedeutung würden Sie Ihrem Studium für Ihren späteren Berufsweg in der Marktforschungsbranche beimessen?
Ich würde die Bedeutung gar nicht auf die Marktforschungsbranche beschränken, sondern sage rückblickend: das BWL Studium hat mir ein gutes Basisportfolio gegeben, um unterschiedlichste Aufgabenbereichen in meinem 28 Berufsjahren erfolgreich zu managen. Sachverhalte im Kontext des Ganzen zu sehen und nicht nur fachspezifisch hilft sehr und sollte im Studium noch stärker vermittelt werden.

An welches Ereignis, welchen Menschen oder Ort aus Ihrer Studienzeit erinnern Sie sich immer wieder gerne zurück? Worüber müssen Sie noch heute schmunzeln?
Die Studienzeit ist nach wie vor eine Zeit an die ich mich immer gerne erinnere; die Zeiten, in denen das Studium eher weniger Spaß machte, hatte man meist selbst zu verantworten; Aus heutiger schmunzeln kann man sicher über die ersten IT Vorlesungen und das zur Verfügung stehende Material Mitte der 80er Jahre.

Womit konnte man Sie immer vom Lernen abhalten?
Das war nicht schwierig und als Aufzählung ist es hier zu lang.

Haben Sie noch Kontakt zu Ihren ehemaligen Kommilitoninnen und Kommilitonen? Was bedeutet Ihnen diese Verbindung?
Leider nur noch vereinzelt.

Welchen Tipp würden Sie heutigen Studierenden für ihren Berufsweg geben?
Schon während des Studiums interessante Praktika auswählen, bei Unternehmen, die Studierende in Projekte einbeziehen. Über die Erfahrungen rausfiltern, was einem Spaß macht, Aufgaben und Tätigkeiten, die man nicht automatisch als Arbeit sieht, sondern auch gern macht.

Mit welcher Persönlichkeit aus Politik, Medien, Sport, Politik oder Wirtschaft würden Sie gerne mal an Ihrer alten Hochschule einen Kaffee trinken?
Die Erwartungshaltung an solche Treffen/Gespräche ist meistens höher als die dann erfahrene Realität. Lieber würde ich mich mit meinem GSO-Abschluss-Jahrgang treffen, da gäbe es sicher genügend Interessantes zu besprechen.

Haben Sie erreicht, was Sie sich mit 21 vorgenommen hatten?
Meistens, aber das hatte eher mit kurzfristigen Dingen zu tun. Ich würde lügen, wenn ich behaupte, dass ich damals schon einen konkreten Plan gehabt hätte; insbesondere rückblickend :-).

Verraten Sie uns Ihr Lebensmotto?
Ein gesunder Optimismus gepaart mit Humor und offen auf Menschen zugehen.

Sehr geehrter Herr Friedrich Fleischmann. Vielen Dank, dass Sie sich für unser Interview Zeit genommen haben!

(Interview: Daniel Großhauser)

Dr. Frank Schlemmer
Dr. Frank Schlemmer

Schlemmer, Dr. Frank (2015)

Sehr geehrter Herr Dr. Frank Schlemmer, erst einmal herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, mich persönlich zu treffen.

Sie führen seit 2006 als Geschäftsführer das mittelständische Augenoptik-Familienunternehmen Optik Schlemmer GmbH & Co. KG. Wie kann man sich Ihre tägliche Arbeit vorstellen?
Das ist gar nicht so leicht zu beantworten, weil jeder Tag anders ist. Vielleicht ist es am besten wenn ich die letzten Tage als Beispiel nehme. Ich war jetzt am Wochenende auf der Brillenmesse in Mailand. Dort habe ich mich über die neuesten Trends informiert und mich mit einigen wichtigen Lieferanten getroffen um die Zusammenarbeit für die nächsten Monate zu besprechen. Anschließend bin ich nach Paderborn geflogen um einen potentiellen Kunden zu treffen. Als ich dann zurück in Nürnberg war hat erst einmal ein voller Schreibtisch auf mich gewartet. Deswegen war gestern Bürotag angesagt.

Was waren die wichtigsten Aspekte, die Ihnen Ihre Unternehmensvorgänger, Ihr Großvater und Ihr Vater, mitgegeben haben?
Wenn man in eine Unternehmerfamilie geboren wird, dann lernt man schon als Kind, dass das Unternehmen einen ganz besonderen Stellenwert hat. Man lernt, dass nur eine konsequente und nachhaltige Arbeitsweise erfolgreich sein kann.

Was treibt Sie an, Innovationen und strategische Weichenstellungen in Ihrem Unternehmen stetig weiterzuverfolgen?
Das sind die Aufgaben, die mir am meisten Spaß machen. Repetitive Aufgaben langweilen mich sehr schnell. Spannend sind für mich immer die neuen Themen.

Wie beeinflussen neue Medientechniken Ihre Unternehmensentwicklung und Ihre tägliche Arbeit?
Das geht ehrlich gesagt langsam. Meine Kunden und Geschäftspartner sind leider relativ langsam wenn es darum geht neue Technologien anzunehmen. Viele verwenden tatsächlich noch regelmäßig ein Fax. Warum begreife ich auch nicht (lacht).

In seiner Entwicklung muss ein Unternehmen auch Rückschläge hinnehmen. Was würden Sie dazu jungen Unternehmern raten? Und welche Tipps haben Sie für Studierende, die wie Sie vor der Herausforderung der Familiennachfolge im Unternehmen stehen?
Rückschläge sind natürlich immer bitter, sie sind aber ein wichtiger Teil des Entwicklungsprozesses zum erfolgreichen Unternehmer. Man muss sich bewusst machen, dass Misserfolge Teil des unternehmerischen Lebens sind, das geht allen anderen Unternehmern genauso. Jedes Problem ist aber auch eine Chance für Verbesserungen in der Zukunft. Man kann immer etwas draus lernen. Ich glaube gerade in solchen Momenten ist es wichtig eine starkes soziales Netzwerk zu besitzen. Damit meine ich Partner, Familie und Freunde. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass man das Private nicht vernachlässigen darf, und auch in stressigen Zeiten den engen Familien- und Freundeskreis pflegen muss. Gerade in schwierigen Zeiten ist es vorteilhaft, wenn man das Gefühl hat, dass der Beruf, und die damit verbundenen Probleme nicht das ganze Leben sind. In meinem Freundeskreis gibt es einige erfolgreiche Unternehmer, und alle haben mindestens ein Hobby das sie sehr ernst nehmen. Das kann Sport, Musik oder etwas Kulturelles sein. Ich halte diesen Ausgleich aber für extrem wichtig.
Bei der Familiennachfolge halte ich die Vorbereitungsphase für besonders wichtig. Die fachliche Kompetenz muss einfach da sein. Ein BWL-Studium, wie bei mir, ist sicherlich ausgesprochen hilfreich. Man sollte außerdem vorher in ein paar anderen Unternehmen gearbeitet haben. Diese Eindrücke können sehr nützlich sein.

An welche besonderen Begegnungen in Ihrem Berufsleben erinnern Sie sich noch heute rückblickend sehr gerne und warum?
Ich glaube der eindrucksvollste Mann den ich getroffen habe war der amerikanische Designer Calvin Klein. Er hat bei einem Management-Seminar erzählt wie er sich aus ganz kleinen Verhältnissen in Brooklyn hochgearbeitet hat und einen weltweiten Konzern aufgebaut hat. Beim Mittagessen saßen wir dann zufällig an einem Tisch, und da hat mich besonders seine ruhige und bescheidene Art beeindruckt. Er wirkte teilweise fast etwas schüchtern. So hatte ich mir einen Superstar aus der New Yorker Mode-Branche nicht vorgestellt.

Woher haben Sie in jungen Jahren den Mut für eine Promotion hergenommen? Und was konnte Ihnen aus Ihrem Studium für Ihre Promotion weiterhelfen?
Ich finde, dass die Rolle des Unternehmers eigentlich viel mehr Mut erfordert als die eines Doktoranden. Bei einer Promotion läuft ja alles recht geplant und strukturiert ab. Im Unternehmen ist es da viel chaotischer (lacht wieder). Im Studium wurden schon die Grundkenntnisse gelegt. Ich hatte ja vorher keine Ahnung von BWL. Außerdem wurde ich im Studium auch regelmäßig mit intellektuell anspruchsvollen Themen konfrontiert. Das ist schon ein gutes Training.

Welche wertvollen Erfahrungen konnten Sie aus Ihrer Promotionszeit an der an der Queen's University of Belfast in Nordirland mitnehmen?
Als ich in Belfast angekommen bin gab es eine Begrüßungsveranstaltung für alle Doktoranden von allen Fakultäten. Da wurde gesagt Ziel der Promotion ist es die analytischen und kommunikativen Fähigkeiten zu verbessern. Genau das ist dann auch geschehen. Davon profitiere ich heute noch.

An welches Ereignis, welchen Menschen oder Ort aus Ihrer Studienzeit erinnern Sie sich immer wieder gerne zurück? Worüber müssen Sie noch heute schmunzeln?
Die Professoren Dr. Theo Knicker und Dr. Werner Fees habe ich in ganz besonders positiver Erinnerung. Beide haben mich sowohl durch Ihre fachliche Kompetenz als auch Ihre sympathische Art beeindruckt. Sie haben mich mit sehr viel Engagement unterstützt, und mit wirklich weiter geholfen. Es gab schon einige Professoren, die einen ausgezeichneten Sinn für Humor hatten. Beispielsweise Prof. Dr. Stefan Bolz, der eine Vorlesung gab, die von den meisten Studenten als sehr schwierig eingeschätzt wurde. Er hat zu Beginn jeder Vorlesung gesagt „Guten Morgen, es ist Montagmorgen. Willkommen zu Statistik II. Das ist die leichteste Vorlesung, die Sie jemals gehört haben.“. Oder da gab es Prof. Dr. René Heelein. Er hat in der Vorlesung immer sehr viele Scherze gemacht, die er selbst am lustigsten fand. Diese Stimmung war dann aber so ansteckend, dass man selbst mitlachen musste.

Wie kann die TH Nürnberg aus Ihrer Sicht von ihren Alumni profitieren?
Puhh, das kann ich natürlich nur sehr schwer beantworten. In wie weit Alumni sinnvoll aktiv mitarbeiten können weiß ich nicht. Ich könnte mir aber schon vorstellen, dass Alumni bereit sind Geld zu spenden. Ich habe beispielsweise bei meiner letzten Geburtstagsparty meine Gäste gebeten mir nichts zu schenken, sondern stattdessen an den Förderverein der TH zu spenden. Ich habe mir sagen lassen, dass da auch ein nettes Sümmchen zusammengekommen ist.

Haben Sie noch Kontakt zu Ihren ehemaligen Kommilitoninnen und Kommilitonen? Was bedeutet Ihnen diese Verbindung?
Da sind leider nur noch zwei übrig. Da ich aber nach dem Abschluss in Frankfurt und Belfast gelebt habe, sind viele Kontakte leider verloren gegangen. Das finde ich sehr bedauerlich.

Wie und wo finden Sie Erholung vom Berufsalltag?
Mir sind meine sozialen Kontakte, also Familie und Freunde, sehr wichtig. Außerdem brauche ich noch meinen Sport. Momentan ist es gerade Triathlon, das kann sich aber auch wieder ändern.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Mein Unternehmen ist für mich ...
... mein zweites Zuhause. Also ein ganz wichtiger Teil meines Lebens.

Haben Sie erreicht, was Sie sich mit 21 vorgenommen hatten?
Mit 21 hatte ich noch keine konkrete Vorstellung was ich eigentlich erreichen möchte. Ich bin aber wohl der Typ, der nie am Ziel ankommt und dann sagt, jetzt habe ich alles erreicht und lehne mich zurück. Mein Weg wird hoffentlich immer weiter gehen.

Verraten Sie uns Ihr Lebensmotto?

Ein konkretes Lebensmotto habe ich eigentlich nicht. Der Autor James March hat aber auf eine ähnliche Frage in einem Interview einmal geantwortet „What makes a difference … is whether in our tiny roles, in our brief time, we inhabit life gently and add more beauty than ugliness“. Dem schließe ich mich gerne an.

Sehr geehrter Herr Dr. Frank Schlemmer. Vielen Dank, dass Sie sich für unser Interview Zeit genommen haben!

(Interview: Daniel Großhauser)

Claus Schuster
Claus Schuster

Schuster, Claus (2015)

Sehr geehrter Herr Claus Schuster, erst einmal herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, mich persönlich zu treffen.

Sie sind seit 2001 Geschäftsführer bei der defacto marketing GmbH. Wie kann man sich Ihre tägliche Arbeit vorstellen?
Meine drei wichtigsten Themen als Unternehmer sind Mitarbeiter, Strategie und Kunden. Meine Arbeit ist heute weniger operativ als früher, dafür ist sie strategischer geworden. Will heißen: Langfristige Planung hält das Unternehmen auf Kurs. Natürlich kann man Weltwirtschaftskrisen oder Verluste großer Kunden gar nicht oder kaum beeinflussen, aber viele Faktoren des Unternehmenserfolgs sind doch durch vorausschauende Planung und Konsequenz in der Umsetzung von Entscheidungen beeinflussbar. Bestandskundenpflege, Neukundengewinnung und der Ausbau des Netzwerkes sind wichtige Eckpfeiler. Ein Erfolgsfaktor ist sicher die enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit und die Kontaktpflege mit unseren Kunden. Und auch für mich als Unternehmer und für die gesamte Führungsmannschaft bleibt die Nähe zum Tagesgeschäft Pflicht. Nicht zuletzt ist es immer wieder eine Kunst, die richtigen Mitarbeiter an der richtigen Stelle einzusetzen.

Was treibt Sie an, fortwährend Gründungen und Geschäftsumwandlungen in Ihren Unternehmen voranzutreiben?
Lassen Sie mich diese Frage so beantworten: Erfolg ist die schönste Droge. Erfolg macht unheimlich viel Spaß. Sich auf die Zukunft einzustellen, das Unternehmen in die richtige Richtung weiterzuentwickeln und zu verändern, ist wichtig. Der Satz „Nichts ist so beständig wie der Wandel“ trifft es. Wir müssen in dem dynamischen Markt agil bleiben, offensiv akquirieren und die Märkte aktiv mitgestalten. Wer als Unternehmer so weitermacht wie bisher, der wird scheitern.

Was sind für Sie die wichtigsten Aspekte für einen erfolgreichen Unternehmer?
Ein Leitsatz, der mir in diesem Zusammenhang gut gefällt, ist „Das Leben ist eine Pyramide. Je breiter das Fundament ist, umso höher geht es hinauf“. Ein erfolgreicher Unternehmer muss in erster Linie Gas geben. Grundvoraussetzungen sind für mich Einsatzbereitschaft, Disziplin und der Anspruch, zu den besten seines Fachs zählen zu wollen. Auch die Fähigkeit, Menschen zu begeistern, Empathie und die gelebte authentische Persönlichkeit gehören für mich dazu. Darüber hinaus ist es wichtig, sich eine Kombination aus Geduld und Ungeduld zu erhalten. Außerdem sollten auch Führungspersönlichkeiten noch fähig und willens sein, an der eigenen Persönlichkeit zu arbeiten. Führung erfolgt nie durch Kraft. Und noch ein abschließendes Credo dazu: Das Fundament nachhaltig erfolgreicher Unternehmen ist Langfristigkeit.

Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Mitarbeiter aus? Was müssen Absolventen mitbringen, die bei defacto Karriere machen wollen?
Soziale Kompetenz, fachliche Kompetenz und Engagement. Eine weitere wichtige Komponente ist die Übereinstimmung der Wertesysteme. Was das Engagement betrifft, erwarten wir von unseren Nachwuchskräften, dass sie sich einen eigenen Weitblick, ein generalistisches Know-how, erarbeiten, denn dies ist in unserem Arbeitsumfeld erforderlich. Das ist harte Arbeit und erfordert Geduld. Dieser Weitblick muss auch immer wieder unter Beweis gestellt werden.

An welche besonderen Begegnungen in Ihrem Berufsleben erinnern Sie sich noch heute rückblickend sehr gerne und warum?
Mein Berufsleben wurde durch meinen Vater geprägt, der mir früh die Gelben Seiten von Nürnberg-Fürth-Erlangen als Vertriebshandbuch nahegelegt hat. Damit habe ich mir tatsächlich meinen ersten Vertrieb via Telefon aufgebaut. Die ersten Vertriebstermine mit meinem Vater waren sehr lehrreich. Ich habe viele Kundenübereinkommen trotz Anwesenheit gar nicht wahrgenommen. Das hat mich oft verblüfft. Darüber hinaus werde ich nie vergessen, wie ich meinen Schwager davon überzeugt habe, zu defacto zu wechseln: bei einem Kasten Bier und bis zum nächsten Morgen. Das wird mir als besonders schönes Erlebnis immer im Gedächtnis bleiben.

Sie haben sicherlich einen straffen Terminplan. Wie erholen Sie sich und wo schöpfen Sie persönlich Kraft für neue Energien?
Private Verabredungen stehen genauso in meinem Kalender wie berufliche Termine. Von einer krampfhaften Vereinbarung von Job und Familie halte ich nichts. Besonders an den Wochenenden genieße ich das Zusammenleben mit meiner Familie und die Beschäftigung mit Dingen, die mir Freude bereiten. Am Ende des Tages kommt es darauf an, dass man zu einer hilfreichen Gelassenheit und Wege findet, mit Stress umzugehen.

Man soll Sie schon ab und zu im Fußballstadion beim 1. FC Nürnberg, am Tenniscourt oder auf der Skipiste antreffen können. Das entspricht nicht immer dem klassischen Bild eines Geschäftsmannes. Was bedeutet es für Sie, in Ihrer Freizeit aus Klischees auszubrechen?
Mit Fußball, Skifahren und Tennis beschäftige ich mich schon seit meiner Kindheit. Das macht mir Spaß und schafft einen guten Ausgleich zum Beruf. Bezüglich meiner Begeisterung für den 1. FC Nürnberg hat ein Kunde einmal zu mir gesagt „Nicht du suchst dir den Verein aus, sondern der Verein sucht dich aus“. So bin ich dann wohl beim Club gelandet, eine Passion, die für mich einfach dazugehört.

Woher haben Sie in jungen Jahren als Studierender den Mut für eine Firmengründung und -nachfolge hergenommen?
Mein Vater hat das Unternehmen gegründet und ich konnte dieses nun als Nachfolger weiterführen. Als junger Unternehmensnachfolger bringt man zweifellos neue Ideen und Phantasie ins Unternehmen ein. Der Drang, Verantwortung zu übernehmen, zu gestalten und voranzugehen war bei mir immer vorhanden. Allerdings sollte man immer darauf achten, sich selbst nicht zu wichtig zu nehmen. Ich bin gern ein Teil einer gut eingespielten Mannschaft.

Welche Schwerpunkte haben Sie in Ihrem Studium belegt und was konnten Sie aus Ihrem Studium für Ihr Berufsleben mitnehmen?
Zunächst einmal wollte ich herausfinden, was zu mir passt und welche Arbeit ich mir für später vorstellen könnte. Mir als Praktiker lag die Kombination aus einer Industriekaufmannslehre und dem praxisbezogenen Hochschulstudium näher als ein wissenschaftliches Universitätsstudium. Meiner Ansicht nach prägt der frühe Praxiskontakt einen ungemein. Marketing und Sprachen haben mir besonders Freude bereitet. An der Fachhochschule habe ich in dieser Zeit das strukturierte und effiziente Arbeiten intensiv erleben und erlernen können.

Welche wertvollen Erfahrungen konnten Sie aus Ihrem Auslandssemestern bei Schaeffler in den USA und bei der französischen Partnerhochschule ISG Paris mitnehmen?

Während des Auslandssemesters in Paris, zu dem ich durch meine Hartnäckigkeit über ein Austauschprogramm kam, konnte ich mein Französisch polieren und den Alltag in Frankreich kennenlernen. Mit meinen Kommilitonen verbrachte ich auch neben dem Studium viel Zeit auf dem Tennisplatz oder mit der Fußballmannschaft des ISG, mit der wir bis ins Finale der Grand ecoles nach Saint Etienne gekommen sind. In der ISG Paris wurde viel Wert darauf gelegt, dass man sich in Projektarbeiten selbst organisierte. Auf diese Art haben wir von der Weinernte bis zum Strandsäubern an der Côte d'Azur viel mitbekommen. Und auch mein halbjähriges amerikanisches Auslandspraktikum bei Schaeffler hat mir persönlich sehr gut getan.

An welches Ereignis, welchen Menschen oder welchen Ort aus Ihrer Studienzeit erinnern Sie sich immer wieder gerne zurück? Worüber müssen Sie noch heute schmunzeln?
Die Marketingprojekte in Studentengruppen von Prof. Dr. Heinz Heidemann waren neben den Auslandserfahrungen prägend und hoch motivierend. Schmunzeln muss ich speziell über unsere spielerische Zusammenfassung der Lehrveranstaltung von Prof. Dr. Theo Knicker, dessen Vorlesungen ich ausnahmslos immer gerne besucht habe. Volker Biermann und ich lieferten davon im vollbesetzten Audimax-Hörsaal eine Rap-Variante.

Haben Sie als Unternehmer mit Visionen einen Ratschlag, den Sie der Technischen Hochschule Nürnberg mitgeben können?
Grundsätzliche gebe ich keine Ratschläge. Für unser Unternehmen versuchen wir eine motivierende Vision für jeden Einzelnen zu entwickeln. Ich kann nur jedem ans Herz legen, für sich eine ambitionierte Vision zu entwickeln, wofür man stehen will, was man sein will. Auch wenn diese Vision noch so unerreichbar scheint, spornt das ungemein an.

Haben sich in den vergangenen Jahren Berührungspunkte mit Studierenden der TH Nürnberg ergeben?
Der Austausch mit den Hochschulen ist uns extrem wichtig. Neben den Projektgruppen mit den Betriebswirten arbeiten wir intensiv mit der Fakultät Design im Kreativbereich zusammen. Mit der Studenteninitiative Marketing zwischen Theorie und Praxis (MTP) haben wir ausgesprochen positive Erfahrungen gemacht und entwickeln tolle gemeinsame Konzepte. Defacto braucht den Dialog mit Hochschulen wie der TH Nürnberg unbedingt für die eigene Entwicklung.

Bitte beenden Sie folgenden Satz: Die Metropolregion Nürnberg ist für mich ...
… eine ebenso relevante wie selbstbewusste Region in Deutschland mit einer nicht zu unterschätzenden Größe. Ich bin stolz darauf, dass unsere Kunden uns als „fränkischen Weltmarktführer“ bezeichnen.

Haben Sie erreicht, was Sie sich mit 21 vorgenommen hatten?
Ich bin zufrieden und ich fühle mich wohl in meiner Haut. Eine gesunde Familie, ein geregeltes Leben und ein erfolgreiches Unternehmen sind für mich die größten Reichtümer. Zudem arbeite ich mit Menschen und Freunden zusammen, mit denen ich gerne zusammen arbeite.

Verraten Sie uns Ihr Lebensmotto?
Ich verrate Ihnen sogar zwei: „Geht nicht gibt’s nicht“ und „Kann ich nicht heißt will ich nicht“.

Sehr geehrter Herr Claus Schuster. Vielen Dank, dass Sie sich für unser Interview Zeit genommen haben!

(Interview: Daniel Großhauser)

Oliver Bialas
Oliver Bialas

Bialas, Oliver (2015)

Vom Start-Up zum erfolgreichen Unternehmen - Oliver Bialas ist Herausgeber des bundesweit größten Studentenmagazins „audimax“ (OHM-Journal - SS 2015)

Entscheidungsfreude, Ideen zur richtigen Zeit und Geduld – das sind für Oliver Bialas die Faktoren für den Erfolg. Der 55-jährige Absolvent der Fakultät Betriebswirtschaft hat ein Konzept für eine deutschlandweite Hochschulzeitschrift entwickelt, das heute noch trägt. Auf den folgenden zwei Seiten erzählt der Herausgeber des Magazins audimax aus seinem Leben.

Vor 27 Jahren entwickelte Oliver Bialas als Student an der damaligen Georg-Simon-Ohm-Fachhochschule das Konzept für eine deutschlandweite Hochschulzeitschrift. Heute erscheint das Magazin „audimax“ in einer Auflage von 416.000 Exemplaren und wird an über 360 Universitäten und Hochschulen in ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz verteilt.

Oliver Bialas hatte die richtige Idee zur richtigen Zeit. Anfang der Achtziger Jahre war das Angebot an studentischen Magazinen in Deutschland nicht gerade groß. „Damals gab es überwiegend politische Studentenzeitschriften, und ich habe mir überlegt: Was interessiert Studierende eigentlich noch?“ Bialas studierte gerade Betriebswirtschaftslehre an der damaligen Georg-Simon-Ohm-Fachhochschule, und hatte ein Magazin vor Augen, das möglichst alle Themen abdeckt, die für Studierende interessant sind. Schnell war das Konzept für ein studentisches Magazin für die Region Erlangen-Nürnberg ins Leben gerufen.

Entstanden in einer 2-Zimmer-WG in der Nürnberger Altstadt kam das Magazin bei den Leserinnen und Lesern so gut an, dass Bialas kurze Zeit später das Konzept zu einem deutschlandweiten Magazin weiterentwickelte. Im Herbst 1988 erschien die erste Ausgabe von „audimax“ mit einer Auflage von 100.000 Exemplaren. Die folgenden zwei Jahre war Bialas mit einem Kompagnon allein für Redaktion, Layout und Vertrieb zuständig. „Ich hatte kein Geld, um Leute einzustellen. Die ersten fünf Jahre habe ich täglich zehn Stunden gearbeitet, sieben Tage die Woche.“

Heute leitet Bialas als Herausgeber die audimax Medien GmbH mit einem 35-köpfigen Team. Hinzu kommen über 20 freie Fachautorinnen und -autoren sowie ein rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umfassender Außendienst, der in den Hochschulstädten für die Verteilung der „audimax“-Publikationen sorgt. Seine Frau Barbara Bialas lernte er im Verlag kennen, sie war Chefredakteurin. Heute ist sie für die Strategie- und Redaktionsentwicklung von „audimax“ zuständig.

Studium am „OHM“: Oliver Bialas hat mit 17 sein Fachabitur gemacht und von 1977 bis 1983 an der Nürnberger Hochschule Betriebswirtschaftslehre studiert. Er erinnert sich noch gerne an diese Zeit zurück. „Damals herrschte eine richtige Aufbruchstimmung. Der Studiengang BWL war noch nicht so etabliert wie heute, und die Hochschule hatte nicht genügend Räume.“ Deshalb wurden Vorlesungen in der Kirche St. Jobst und der Grundschule in der Oedenberger Straße gehalten. „Das war sehr unkonventionell und diese Pionierstimmung fand ich am tollsten“, sagt Bialas.

Auch wenn er viel Herzblut und Leidenschaft in all seine Projekte steckt, bewegte sich Bialas als Student eher im Mittelfeld. Um sich sein Studium zu finanzieren, nahm er die unterschiedlichsten Nebentätigkeiten an, oft hatte er mehre Jobs gleichzeitig. Als „Roadie“, also Bühnenarbeiter bei Konzerten, begleitete er Musiker wie Udo Jürgens oder Peter Alexander auf ihren Tourneen durch ganz Deutschland. „Diese Arbeitsweise hat mich sehr geprägt. Wir hatten das Ziel immer vor Augen: Am Abend muss es ein Konzert geben“, so Bialas. Durch die dreimonatigen Tourneen verpasste er häufig Prüfungen. „Irgendwann musste ich mich entscheiden“. Bialas hörte auf, als Roadie zu arbeiten und konzentrierte sich voll und ganz auf sein Studium. Bei seiner Abschlussarbeit im Bereich Finanzierung und Investition gab er 100 Prozent und wurde mit einer Eins belohnt. „Das Thema lag mir eigentlich gar nicht, aber gerade dieses Defizit wollte ich ausgleichen“, sagt Bialas.

Der Weg in die Selbstständigkeit: Bialas wusste früh, dass er nach seinem Studium den Schritt in die Selbstständigkeit wagen will. „Während meines Studiums habe ich in circa 50 Firmen gearbeitet und gelernt, wie Firmen funktionieren. Durch meine Pflichtpraktika bei Mercedes und Karstadt war mir klar, dass ich selber entscheiden und eigene Ideen umsetzen will.“ Nach dem erfolgreichen Studienabschluss war Bialas gerade einmal 23 Jahre jung und schrieb sich für ein Jurastudium an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg ein. „Dort habe ich Vieles gelernt, das wichtig für meine spätere Firmengründung war“, so Bialas. Vor dem ersten Staatsexamen brach Bialas das Studium jedoch ab, um sich voll und ganz „audimax“ zu widmen.

Das Erfolgskonzept von „audimax“ hat sich bis heute bewährt: Ein Drittel des Magazins widmet sich dem Studium, ein Drittel dem „Studentenleben“ und ein Drittel dem Thema Karriere. Das Konzept wurde mittlerweile auch von anderen Hochschulmagazinen übernommen.

Zukunftsperspektiven: Um sich auch in Zukunft am Markt zu behaupten, hat Oliver Bialas das ursprüngliche Konzept von „audimax“ verfeinert. Seit 2005 gibt es neben dem Hauptheft fünf sogenannte Belegungsausgaben. Das sind Ausgaben, die beispielsweise speziell auf die Fachrichtungen Ingenieurwissenschaften, Jura oder Informatik zugeschnitten sind. Dazu kommen noch eine Ausgabe für Abiturientinnen und Abiturienten und die MINT-Ausgabe. Seit 2013 erscheint „audimax“ auch in Österreich und in der Schweiz.

Bialas ist es wichtig, sein Medienhaus ständig weiterzuentwickeln und neue Projekte an Land zu ziehen. „Man muss sich immer neu erfinden. Wir können nicht das Gleiche wie vor sieben Jahren machen. Wir sind zum Beispiel auch Online sehr stark vertreten und haben eine der größten Stellenbörsen für Akademikerinnen und Akademiker“, sagt Bialas. „audimax“ ist nicht nur als Print-Ausgabe verfügbar, sondern auch für Tablets und als E-Paper. Sein Team ist jedes Jahr auf über 150 Absolventenmessen unterwegs und bietet dort einen kostenlosen Bewerbungsfoto-Service an. Auch
die Bewertungsplattform MeinProf.de ist ein Produkt der audimax Medien GmbH. „Für mich sind Faktoren für den Erfolg: Entscheidungsfreude, Ideen zur richtigen Zeit, die „fail faster“-Kultur und Hartnäckigkeit. Und immer nah an der Zielgruppe zu sein“, sagt Bialas. Er selbst schreibt seit 20 Jahren keine Artikel mehr. Die Themenauswahl bei den Redaktionskonferenzen überlässt der heute 55-Jährige deshalb seinem jungen Team. „Ich bin seit über 20 Jahren kein Student mehr und habe deshalb eine andere Sprache und Denkweise. Ich habe ein tolles Team mit qualifizierten Leuten. Mein Ziel ist es, mich entbehrlich zu machen“, so Bialas.

Internationale Vernetzung: Oliver Bialas ist beruflich viel im In- und Ausland unterwegs, um sich über die Arbeitsweise von Universitäten und Start-Ups zu informieren und neue Konzepte kennenzulernen. Berufliche Reisen führen ihn regelmäßig ins Silicon Valley oder haben ihn auch schon ins Zensurministerium nach Peking geführt. „Input von außen ist wichtig, man kann ja nicht immer im eigenen Saft schmoren.“ Mittlerweile ist Bialas international vernetzt
und war schon in den Chefetagen von Google und Facebook zu Gast. Von seinen Auslandsreisen hat Bialas das ein oder andere innovative Konzept, ein Unternehmen zu führen, mit nach Hause gebracht. Nach einem Besuch im Silicon Valley hat er die „Bitte-Nicht-Stören-Zeit“ eingeführt: Täglich von 10.00 bis 12.00 Uhr und von 14.00 bis 16.00 Uhr herrscht in den Redaktionsräumen von „audimax“ eine konzentrierte Arbeitsatmosphäre, in der man die Kolleginnen und Kollegen nicht stören darf – außer in wichtigen Ausnahmefällen, damit der Betriebsablauf nicht steht. Das fördert die Konzentration und Kreativität. Ein weiteres Mitbringsel aus den USA ist der „Scrum“, mit dem jede Woche eingeleitet wird. Montag früh um 10.00 Uhr hat jede Abteilung zwei bis drei Minuten Zeit, zu berichten, was in der vergangenen Woche los war und was diese Woche ansteht. „So ist jeder im Team immer über alle Bereiche informiert.“

Sein Privatleben ist Bialas wichtig, um neue Energie zu tanken. „Aber ich habe den Vorteil, dass mir meine Arbeit Spaß macht und ich sie als einen Bestandteil meines Lebens sehe, eine Einheit.“


(Interview/Artikel: Edith Avram)

Weitere Informationen zum OHM-Journal vom SS 2015 erhalten Sie hier.

Rainer Zietsch
Rainer Zietsch

Zietsch, Rainer (2014)

Sehr geehrter Herr Rainer Zietsch, erst einmal herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, mich persönlich zu treffen.

Sie sind seit Oktober 2006 Leiter des NachwuchsLeistungsZentrum (NLZ) beim 1. FC Nürnberg. Wie kann man sich Ihre tägliche Arbeit vorstellen?
Die Arbeit ist sehr vielfältig mit einem Verantwortungsbereich über zehn Juniorenmannschaften hinweg. Die Hauptaufgaben liegen im Gespräche führen, organisieren und delegieren sowie in der Problemlösung, die sehr wichtig ist. Die Planung und die Weiterentwicklung des NachwuchsLeistungsZentrum im Wettbewerb mit anderen Fußballvereinen stehen besonders im Fokus.

Welche Rolle spielen Netzwerke bei Ihrer täglichen Arbeit?
Netzwerke sind im Bezug auf Spieler- und Mitarbeiterakquise auf dem nationalen Fußballmarkt sehr wichtig. Digitale Medien wie beispielsweise die Benutzung eines Smartphones nehmen eine immer wichtigere Rolle, auch in der Mannschaftbetreuung, ein. Entscheidend sind jedoch immer noch die persönlichen Gespräche mit den Spielern, Eltern und Trainern.

Woher nehmen Sie die Motivation, Jahr für Jahr Spielertalente für den Club auszubilden? Wo schöpfen Sie persönlich Kraft für neue Energien?
Es macht enormen Spaß mit jungen Menschen zu arbeiten und Ihnen Wege zu einem erfolgreichen Fußballleben aufzuzeigen. Die eigenen Erlebnisse helfen dabei, auch trotz der geänderten Zeiten, auf neue Einflüsse zu reagieren. In der Fußballbranche gibt es keinen Standard, jeder Spieler ist anders. Der Antrieb ist da, dass so viele junge Spieler wie möglich nachhaltig beruflich im Fußball bleiben können. Kraft schöpfe ich aus meinem private Umfeld, der Familie und dem Sport an sich, den ich regelmäßig als Ausgleich zum Berufsleben betreibe.

Nach verschiedenen Jugendtrainerstationen und Ihrem Engagement bei der Jugendfußballinitiative fD21 GmbH. Was ist Ihr großer Traum im Jugendfußballbereich?
Mein Leben wurde durch den Fußball bestimmt. Dieser Sport fasziniert und reizt mich noch heute. Das versuche ich auch den Jugendspielern zu vermitteln. Ein Traum als Verantwortlicher ist, dass so viele Jungs wie möglich bei den Profis ankommen. Die Fußballbegeisterung und Persönlichkeitsentwicklung soll tiefgreifend bei so vielen Spielern wie möglich über die kommenden zehn, zwölf Jahre hinweg beibehalten werden. Einen Nationalspieler aus den eigenen Reihen aufrücken zu sehen wäre fantastisch.

Was sind für Sie die wichtigsten Aspekte für eine/n Profisportler/in?
Die Mentalität ist inszwischen genau so wichtig wie die Qualität. Erfolge werden von den Sportlern erreicht, die am meisten bereit sind, für den Sport zu geben. Einer der wichtigsten Aspekte ist, die Gier und Profieinstellung im Übergang in den Herrenbereich beizubehalten.

An welche Spielertalente, die Sie betreuen durften, erinnern Sie sich noch heute sehr gerne zurück und warum?
Schöne Erinnerungen habe ich bei allen Spielern, die Ihren Berufsweg über den Fußball gepackt haben und bei denjenigen, die für Ihre Persönlichkeit viel mitgenommen haben. Und natürlich freut man sich immer, wenn man sich wiedersieht und die Spieler sich positiv an ihre Zeit beim Club erinnern. Unabhängig davon, wie lange und erfolgreich sie war.

Was muss man bei der Arbeit mit jungen Menschen heutzutage besonders berücksichtigen?
Die veränderte Mediennutzung birgt auch Gefahren. Spieler beim 1. FC Nürnberg sind keine ausschließlichen Privatpersonen, die mit der Kommunikation in den sozialen Netzwerken bewusst umgehen müssen. Wir versuchen den Spielern mitzugeben, sich nicht über diese Kanäle angreifbar zu machen. Die Schüler verlassen auch das Gymnasium früher. Wir als Verein sind hier gefordert, eine flexible Interessensweckung für Berufswege nach dem Fußball abzusenden, um jeden die Erreichung eines zweiten Standbeins zu ermöglichen.

Was fällt Ihnen spontan ein – auch aus Ihren eigenen Erfahrungen –, wenn ich Sie nach „Derby zwischen Nürnberg und Fürth“ frage?
Das Derby hat eine sehr hohe Bedeutung in allen Bereichen. Man bemerkt dies auch bereits bei den Aufeinandertreffen in den Jugendmannschaften. Trotzdem sind alle gefordert, diese Rivalität – auch schon bei den Jugendspielen bei den Verantwortlichen und Eltern – wieder normalisieren und nicht weiter eskalieren zu lassen. Rivalität ja, aber der Spaß an den Derbys darf nicht verloren gehen.

Sie haben neben Ihrer aktiven Spielerzeit bei der SpVgg Greuther Fürth an der Fachhochschule Nürnberg studiert. Worüber müssen Sie noch heute schmunzeln?
Ich habe in einem Alter das Studium aufgenommen, welches mindestens zehn Jahre über dem meiner Kommilitoninnen und Kommilitonen lag. Da hat man sich schon das ein oder andere Mal als alter Mann gefühlt. Die Studierendengruppe war zur damaligen Zeit jedoch sehr familiär und so konnte man auch hier bereits die Kontakte zu den Mitstudierenden optimal nutzen.

Welche Parallelen zwischen Hochschule und Fußball sehen Sie?
Sowohl an der Hochschule als auch im Fußball ist eine gewisse Selbstorganisation, strukturiertes Arbeiten und Eigenmotivation unumgänglich. Die Jugendspieler betreiben einen riesen Aufwand, um Fußball und Schule in Einklang zu bringen. Die zwischenmenschlichen Beziehungen gilt es, sich in beiden Bereichen zu Nutze zu machen für eine erfolgreiche Zielerreichung.

Was konnten Sie aus Ihrem Studium für Ihr Berufsleben mitnehmen?
Ich habe das Studium damals schon fokussiert mit klaren Zielvorstellungen angetreten. Diese Herangehensweise und fußballerisches Know-How habe ich auch aus dem Sportbereich mitgenommen. Die gewonnenen Unternehmenskontakte und die Praxiserfahrungen während des Studiums halfen immens weiter für den weiteren Karriereweg.

Welchen konkreten Rat geben Sie unseren Absolventen in der momentanen Situation?
Die vielfältigen Erfahrungsausprägungen bildet die Grundlage im weiteren Berufsleben. Der Austausch zwischen Theorie und Praxis an der Hochschule ist bedeutend. Die Praktika sollten von den Studierenden wohlüberlegt ausgewählt werden, um so viele Fertigkeiten wie möglich mitnehmen und die eigenen Interessen ausfindig zu machen zu können.

Haben sich in den vergangenen Jahren Berührungspunkte mit Studierenden der TH Nürnberg ergeben?
Bei fD21 haben wir Studierende für spezielle Bereiche – darunter auch eine Kommilitonin – eingestellt.

Welche Beiträge können Alumni Ihrer Meinung nach zu einer positiven Entwicklung der TH Nürnberg leisten?
Beeindruckende Alumnikarrieren können als vorbildliche Aushängeschilder verwendet werden. Die Vergabe von Praktikumsplätzen oder gemeinsame Praxisprojekte an leistungsfähige Studierende helfen den Unternehmen wie auch der Hochschule bei einer positiven Außendarstellung.

Haben Sie erreicht, was Sie sich mit 21 vorgenommen hatten?
Mit 21 war kein stringenter Lebensplan bei mir vorhanden. Nach dem Abitur und den ersten beiden Profifußballjahren war das Studium doch immer im Hinterkopf. Im Fußball galt es, diesen so erfolgreich wie möglich zu betreiben. Aus zwei Jahren entwickelten sich trotz eines zwischenzeitlichen Fernstudiums – die erste Prüfung in Mathematik und Statistik konnte ich zufallsbedingt an einem Samstag aufgrund einer Rotsperre mitschreiben – fünfzehn Jahre bis zum Studieneinstieg an der Hochschule in Nürnberg. Ich bin aber auch ohne genaueren Plan damit sehr zufrieden, wie es bisher gelaufen ist.

Verraten Sie uns Ihr Lebensmotto?
Zum Erfolg gibt es keinen Lift, wir müssen die Treppe benutzen.

Sehr geehrter Herr Rainer Zietsch. Vielen Dank, dass Sie sich für unser Interview Zeit genommen haben!

(Interview: Daniel Großhauser)

Regine Fischer
Regine Fischer

Fischer, Regine (2011)

Gibt es ein Leben nach dem Studium? Mit Sicherheit ja! Nur verschwinden viele Absolventinnen und Absolventen nach dem Studienabschluss auf Nimmerwieder-sehen. Im OHM-Journal werden Ehe malige befragt, wie es bei ihnen weiterging nach dem Studium – und manchmal kommt Erstaunliches zu Tage.

Regine Fischer ist eine Frau, deren Karriere sich nicht sofort entwickelt hat. Den Begriff „Spätzünderin“ möchte sie trotzdem nicht auf sich angewendet wissen. „Ich habe mich im Lauf der Jahre immer wohler gefühlt mit dem Lernen“, kommentiert sie ihren Aufstieg von der Arzthelferin zur Firmeninhaberin. Von 2002 bis 2007 studierte sie an der Ohm-Hochschule Betriebswirtschaft, um das wissenschaftliche Fundament für ihre Geschäftsidee zu bekommen. Dass sie manchmal ihre Tochter zu den Vorlesungen mitbringen musste, war für ihre Mitstudierenden und die Dozentinnen und Dozenten kein Problem. Heute noch schätzt sie die praxisbetonten Lehreinheiten. Als ausgebildete Wirtschaftsmediatorin vermittelt Regine Fischer ihr Wissen im Rahmen des W2W-MentoringProgramms an Studentinnen der Ohm-Hochschule weiter.

Frau Fischer, Sie kommen eigentlich aus dem Gesundheitswesen.

Ich habe in meinem Heimatort Göppingen die mittlere Reife gemacht, weil das einfach so üblich war. Danach wollte ich einfach Geld verdienen und begann eine Ausbildung in einer Arztpraxis. Später war ich sehr lange in einer Gemeinschaftspraxis mit allgemeinärztlichen, psychotherapeutischen und naturheilkundlichen Angeboten. Dort habe ich mich in der Hauptsache um die Praxisorganisation gekümmert.

Sie sind also schnell in eine Führungsrolle gekommen?

Ja, ich hatte schon Erfahrung im Organisieren, weil ich mit einem Arzt zusammen dessen Praxis aufgebaut hatte. Ich habe die Gemeinschaftspraxis ein Jahr lang allein geführt und war für sieben Mitarbeiterinnen und drei Ärzte verantwortlich.

Warum haben Sie da nicht einfach weitergemacht?

Irgendwann ist mir klargeworden, dass ich gerne Leuten etwas beibringe und das auch gut kann. Über die Arztpraxis habe ich die Zilgrei-Methode kennen gelernt. Das ist eine Kombination aus Atmungs-, Haltungs- und Bewegungstherapie, bei der man sich selbst behandeln kann und die für Schmerzpatienten sehr geeignet ist. Ich habe mich zur Zilgrei-Lehrerin ausbilden lassen und war von 1993 bis 2004 Dozentin und Trainerin. Mich reizt die „Hilfe-zur Selbsthilfe-Komponente“ dieses Verfahrens.

Gab es da einen Interessenkonflikt mit Ihrem Arbeitgeber?

Nein, ich habe meine Kurse und Seminare nebenberuflich angeboten. Nach der Gesundheitsreform 1994 wurden meine Seminare von der Krankenkasse nicht mehr finanziert. Ich musste mir also eine Alternative überlegen. In dieser Zeit habe ich beim Telekolleg die gebundene Hochschulreife nachgeholt.

Was wollten Sie denn damals studieren?

Am liebsten hätte ich eine Kombination aus Betriebswirtschaft und Psychologie studiert. Mein Ziel war eine Qualifikation, die mir einen Weg in die Selbständigkeit ermöglicht. Die Flexibilität, die mit der Selbständigkeit verbunden ist, liegt mir sehr, aber mir ist aufgefallen, dass mir wirtschaftswissenschaftliche Grundkenntnisse fehlten wie z.B. in Marketing. Also wurde es Betriebswirtschaft mit selbst gewählten Lehrveranstaltungen in Richtung Psychologie. Nach dem Studium hatte ich eigentlich vor, in den Bereich Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen zu gehen. Das hätte sehr gut zu meinen Erfahrungen gepasst. Als ich den Markt analysierte, musste ich aber feststellen, dass es schon genug Anbieter gab. Folgerichtig habe ich mich 2007/2008 zur Wirtschaftsmediatorin ausbilden lassen.

Was versteht man denn darunter?

Ich komme in ein Unternehmen, wenn dort die Fetzen fliegen, wenn Konflikte zwischen Mitarbeitern oder einzelnen Unternehmenseinheiten oder zwischen Unternehmen und Kunden die Arbeit beeinträchtigen. Ich setze mich mit den Beteiligten zusammen, und wir entwickeln Lösungen, mit denen letztendlich alle gut leben können. Am Ende kommen für die Beteiligten mehr Vorteile heraus als zunächst sichtbar waren.

Das hört sich einfach an, ist aber sicherlich schwierig.

Im Durchschnitt braucht man 14 Stunden, bis die Probleme zufriedenstellend gelöst sind. Das sind meist fünf Termine von zwei bis drei Stunden. In der Mediation geht es viel um kreative Ideen und immaterielle Werte. Bei Konflikten ist in der Regel die Beziehungsebene betroffen.

Nennen Sie doch einmal ein Beispiel für einen Konflikt.

Einmal wurde ich in ein Franchise-Unternehmen gerufen. Ein Franchisenehmer hatte durch unerlaubte Werbemaßnahmen seinen Vertrag verletzt. Es war klar, dass die Partner sich trennen würden, aber es stand eine hohe Forderung im Raum. Vor Gericht hätte es für die Parteien ein bis zwei Jahre bis zu einer Einigung gedauert. Der Franchisenehmer in meinem Beispiel hat erkannt, dass er der Gesamtorganisation einen großen Imageschaden zugefügt hat. Er hat sich bereit erklärt, einen internen Brief an die Mit-Franchisenehmer zu schreiben, in dem er die Situation klarstellt. Im Gegenzug hat der Franchisegeber seine Forderung ermäßigt, und beide Partner konnten sich ohne böses Blut trennen. Bei mir steht am Ende einer Mediation immer eine Vereinbarung, die die beteiligten Parteien unterschreiben.

Eigentlich wäre es doch besser, die Konflikte gar nicht erst entstehen zu lassen.

Mein Anliegen ist die Prophylaxe. Es ist wichtig, eine gute Kommunikation zu etablieren, bevor es zu Konflikten kommt. Das rentiert sich nicht nur auf der menschlichen, sondern auch auf der finanziellen Ebene. Deshalb biete ich Seminare an, in denen man lernt, Konflikte frühzeitig zu erkennen und effektiv zu lösen. Das ist mein zweites Standbein, neben der Mediation.

Sind Sie denn auch privat eine ausgleichende Persönlichkeit? Warum engagieren Sie sich dort?

Unbedingt! Ein vermittelnder Teil hat schon immer in mir gesteckt. Schon als Kind wusste ich, dass es da etwas gibt, das die Menschen gemeinsam zu einer Lösung bringt. Meist wollen Menschen das Gleiche: Anerkennung und Wertschätzung, das ist privat und beruflich so. Wichtig ist, die Interessen und Bedürfnisse zu erkennen, die hinter einem Konflikt stehen.

Sie führen eine Ein-Frau-Firma. Ist das nicht manchmal sehr anstrengend?

Nein, denn ich kann mir meine Zeit relativ frei einteilen. Durch das Betriebswirtschaftsstudium mit dem Schwerpunkt Marketing war ich sehr gut auf die Selbständigkeit vorbereitet. Im Jahr 2008 habe ich meine Firma „Regine Fischer Wirtschaftsmediation“ gegründet. Jetzt liegt die Aufbau- und Akquisitionsphase hinter mir, und ich sehe die Früchte meiner Arbeit. Manchmal finde ich es allerdings ein bisschen schwierig, mich von der Arbeit abzugrenzen, denn ich habe mein Büro im Haus. Schade ist nur, dass ich bei den Unternehmertreffen so wenig andere Frauen sehe.

Würden Sie von sich sagen, dass sie jetzt am Endpunkt einer Entwicklung angelangt sind?

Ja und nein. Einerseits hat sich bei mir beruflich ein Kreis geschlossen. Ich habe mich während meiner Ausbildung zur Wirtschaftsmediatorin noch einmal in meiner Persönlichkeit weiterentwickelt. Ich erkenne sich anbahnende Konflikte heute schneller und sehe die Chancen, die ein Konflikt auch bieten kann. Und ich bin beruflich wieder mit dem Gesundheitsbereich verbunden. Neben den Mediationen und Seminaren unterrichte ich an der FH Deggendorf angehende Pflegeberaterinnen und Pflegeberater. Das ist für mich sehr spannend, denn ich kenne die Branche aus meinem Berufsleben und habe auch einige Zeit meine Schwiegermutter mit betreut. Andererseits kann ich nicht stehenbleiben, denn der Wirtschaftsmediation gibt es keine Stammkunden im eigentlichen Sinn. Ich plane, noch in diesem Jahr Seminare zum Thema Teamentwicklung/Coaching anzubieten.


(Interview/Artikel: Doris Keßler)

Weitere Informationen zum OHM-Journal vom WS 2010/2011 erhalten Sie hier.

Marco Rummer
Marco Rummer

Rummer, Marco (2004)

Gibt es ein Leben nach dem Studium? – Mit höchster Wahrscheinlichkeit »ja«. Nur verschwinden viele Absolventen nach der Übergabe der Bachelor-, Diplom- oder Masterurkunde auf Nimmerwidersehen. Dabei wäre ihr Werdegang sowohl für »ihre« Hochschule als auch für nachfolgende Studierenden-generationen höchst interessant.
Die FH Nachrichten treten jetzt an, wider das Vergessen. In jeder Ausgabe befragen wir Ehemalige, wie es bei ihnen weiterging nach dem Studium am Ohm.
Teil 3 dieser Serie ist ein Interview mit Marco Rummer, der im Januar 1976 in Treuchtlingen das Licht der Welt erblickte. Nach dem Studium an der GSO-FH machte Rummer seinen Master of Science an der University of York in England. Seit Oktober 2001 promoviert er an der Uni Bamberg.

Wann haben Sie an der Georg-Simon-Ohm-Fachhochschule studiert, und welches Fach?
Ich habe von 1994 bis Sommer 2000 an der FH Nürnberg BWL studiert. Allerdings musste ich 1995 das Studium für ein Jahr unterbrechen, da mein Zivildienst noch abzuleisten war.

Warum haben Sie sich für Ihr Studium die GSO-FH ausgesucht?
Ich wollte auf jedem Fall studieren. Da ich kein allgemeines Abitur, sondern Fachabitur habe, war ich zunächst auf Fachhochschulen festgelegt. Allerdings musste ich mich noch zwischen meinen Präferenzen Maschinenbau und eben BWL entscheiden. Schlussendlich entschied ich mich für BWL.

Warum?
(lacht) Zum einen, weil ich eine Ausbildung in Wirtschaft absolvierte und auf diesem Gebiet schon immer gut war. Zum anderen waren die Perspektiven für Maschinenbauer damals ziemlich schlecht. Das hat mich abgeschreckt. Ich habe mich anschließend an verschiedenen FHs für BWL beworben. Für Nürnberg entschied ich mich wegen des Schwerpunkts Umweltorientierte Unternehmensführung«. Die GSO-FH war zum damaligen Zeitpunkt die einzige Fachhochschule, die so etwas anbot.

Die wirtschaftliche Ausbildung, die Sie eben erwähnt haben – war das eine Berufsausbildung?
Nein. Ich war auf der Wirtschaftsschule in Gunzenhausen. Danach kam die Fachoberschule in Ansbach, wiederum mit Schwerpunkt Wirtschaft. Als ich an der FOS anfing, war für mich sehr schnell klar, dass ich im Anschluss daran studieren möchte. Damit hatte ich mich auch gegen die Variante Ausbildung und Berufoberschule« entschieden. Im nachhinein denke ich, das wäre cleverer gewesen. Ich kann nur jedem empfehlen, erst eine Ausbildung abzuschließen und darauf aufbauend FOS oder BOS. Dadurch spart man sich die 11. Klasse und das erste Praktikum während des FH-Studiums. Insgesamt dauert dieser Weg bei einer zweijähreigen Ausbildung also nur ein halbes Jahr länger mit dem großen Plus einer abgeschlossenen Berufsausbildung.

Dann haben Sie an der FH Nürnberg studiert und Ihr Diplom gemacht. Wie ging’s danach weiter?
Kurz vor dem Diplom beschäftigte ich mich ernsthaft mit dem Gedanken, zu promovieren. Durch die aktive Unterstützung von Professor Ruckriegel vom Fachbereich BW bestand damals die Chance einer externen Promotion an der Universität Bayreuth. Um einen Einblick in das Leben als Wissenschaftler zu bekommen, wollte ich aber lieber direkt an einem Lehrstuhl promovieren. Grundvoraussetzung dafür ist allerdings normalerweise ein Uni- oder Master-abschluss.
Die andere Option bestand darin, im Ausland einen Master-Abschluss zu machen. Der wird in Deutschland als gleichwertig mit dem Uni-Diplom anerkannt. Aufgrund der hohen Kosten, die ein Masterstudiengang nach sich zieht, habe ich mich beim DAAD für ein Graduiertenstipendium beworben. Der DAAD sagte kurz vor Weihnachten dann auch tatsächlich zu. Damit konnte ich mich in England an verschiedenen Universitäten bewerben und kam meinem Ziel Promotion wieder ein Stück näher. Im Studium an der GSO-FH waren übrigens Rechnungswesen& Controlling sowie Finanzwirtschaft meine Schwerpunkte – mit Praktikum unter anderem in der Wirtschaftsprüfung, einer Steuerkanzlei, sowie Lehrtätigkeit im Bereich Buchführung und Kostenrechnung. Bei meinen zahlreichen Praktika stellte ich fest, dass ich zwar das Studium im Bereich Rechnungswesen sehr interessant und herausfordernd finde, das Arbeitsleben als Wirtschaftsprüfer mir jedoch nicht unbedingt liegt.

Worin bestand Ihre Motivation zu promovieren? – Warum nicht gleich die dicken Managementgehälter statt des harten Stuhls im kargen Uni-Büro?
Diese Diskussion führte ich auch mit mir selbst, denn damals hatte ich ein sehr gut dotiertes Jobangebot einer großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Auch nach England stand ich wieder vor der Fragestellung »arbeiten oder weiter studieren?«. Ich habe mich jeweils für das Studium beziehungsweise die Wissenschaft entschieden, weil ich immer klarer das Ziel für mich gesehen habe, irgendwann hoffentlich Professor zu werden. Ich studiere gerne und liebe geistige Herausforderungen. Darüber hinaus mag ich es, wenn man sich die Zeit frei einteilen kann und nicht nach einer Stechuhr leben bzw. arbeiten muss. Das alles ist für mich persönlich wichtiger als im Management Karriere zu machen und Porsche zu fahren.

Das heißt, nach der Dissertation kommt Habilitation oder Juniorprofessur?
Das Problem ist leider, dass an den Unis momentan zu viele Habilitanten auf eine der wenigen freien Stelle warten. Insofern birgt dieser Weg ein großes Risiko in sich, denn nach fünf Jahren Habil.-Schrift, mit 35 oder älter, ist der Weg in die Wirtschaft meist verschlossen.
Eventuell gehe ich nach der Promotion erst einmal ins Ausland und versuche dadurch meine fachliche Qualifikation weiter zu verbessern. Aber erstmal muss ich meine Promotion abschließen. Das ist noch ein ganz schönes Stück Arbeit.

Wie lange promovieren Sie schon?
Drei Jahre.

Na dann wird’s aber langsam Zeit. Sind ja nur noch zwei Jahre übrig.
(lacht) Ja, genau. Fünf Jahre ist die maximale Beschäftigungszeit auf einer Promotionsstelle. Danach muss man fertig sein, wobei die durchschnittliche Promotionsdauer gut über vier Jahren liegt. Schneller, also mit drei Jahren fertig zu werden, ist schon ein sehr hehres Ziel. Das schaffen leider nur die wenigsten.

Nochmal zum Thema »Ausland«: War es schwierig, an das DAAD-Stipendium ranzukommen? – Was würden Sie interessierten Studierenden empfehlen?
Erstmal ist es ganz wichtig, rechtzeitig mit der Planung zu beginnen. Ein Jahr, bevor man ins Ausland gehen will, muss die Bewerbung mit allen Unterlagen fertig und eingereicht sein. Viele verpassen den Termin und bringen sich dadurch um ihre Chancen.

Wie wichtig sind gute Noten?
Das ist hauptsächlich das, was zählt. Sehr gute Noten sind extrem wichtig. Dazu gibt es meistens noch ein Auswahlgespräch, in dem es neben der fachlichen Qualifikation hauptsächlich um die Persönlichkeit des Bewerbers geht. Somit zählen auch Praktika und soziales Engagement. Die Noten sind zwar zentral, aber ich glaube, Supernoten alleine reichen nicht aus.
Sie haben ein Jahr in England studiert. Gibt es – gerade vor dem Hintergrund der augenblicklichen Diskussionen um Bologna, PISA und Studiengebühren -Unterschiede zu deutschen Hochschulen?
Mein Masterstudiengang hat damals pro Jahr rund 6.000 Euro Studiengebühren gekostet. Mittlerweile wurde die Summe nochmals erhöht. Darüber hinaus war das Auswahlverfahren sehr streng und selektiv. Im Studiengang zum Master of Science in Economics and Finance an der University of York, den ich absolviert habe, werden im Schnitt gerade einmal zehn Prozent der Bewerber angenommen. Entsprechend hoch ist die Leistungswilligkeit der Studenten, die im übrigen fast alle mit einem Stipendium unterstützt wurden, und auch ihr Anspruch an eine gute Ausbildung. Fast alle meiner damaligen Kommilitonen promovieren heute oder haben ihren Ph.D bereits abgeschlossen. Ein weiterer Unterschied liegt in der Differenzierung zwischen Master of Business Administration und Master of Science. Der Uni-Abschluss in Deutschland im Bereich Wirtschaftswissenschaften soll, quasi im Spagat, wissenschafts- und berufsorientierte Qualifikation in einem bieten. Im anglo-amerikanischen Raum ist das jedoch anders. Da unterscheidet man zwischen dem berufsorientierten MBA und dem Master of Science, der eindeutig auf eine spätere wissenschaftliche Tätigkeit ausgerichtet ist. Das ist aber auch relativ unflexibel, gesetzt den Fall, jemand will nach dem Master of Science doch nicht promovieren. Auch mit einem Master of Science ist einem der Weg in die Wirtschaft nicht verschlossen. Aber der Master of Science ist in England eben keine Voraussetzung für einen Berufseinstieg, und nur bei den wenigsten Unternehmen verbessern sich damit die Einstellungschancen. Für Jobs zum Beispiel in einer Unternehmensberatung ist der Bachelor vollkommen ausreichend. In Deutschland ist es leider immer noch so, dass der Master die Einstellungschancen deutlich erhöht. Und genau vor diesem Problem stehen heute viele der Bachelor-Studenten. Es gibt leider immer noch große Unterschiede im Denken. Ich persönlich glaube nicht, dass ein Studienjahr mehr oder weniger die fachliche Qualifikation für den zukünftigen Arbeitgeber in der Wirtschaft spürbar verbessert.

Wie lange dauert denn ein Bachelor-Studiengang in England?
Drei Jahre.

Noch eine Frage zu den Unterschieden: Wie ist das Studienklima in England? -Sind die Studierenden dort fleißiger und motivierter, weil sie Gebühren zahlen?
In England gibt es systembedingt eklatante Unterschiede zwischen den einzelnen Unis. In Deutschland haben die Unis und FHs alle ein sehr gutes Niveau. Hier ist es im Prinzip fast egal, wo man studiert, man bekommt überall eine sehr gute Ausbildung. Das ist der große Vorteil unseres Systems. In England hängt die Qualität der Ausbildung sehr stark von der Hochschule ab …

… und damit vom Geld …
… richtig. Wobei die Gebühren bis zum Bachelor überall gleich sind. Zum Kontext »Gebühren und Motivation«: Ich hatte zwar nicht allzu viel Kontakt zu den Undergraduates, aber ich glaube nicht, dass die ernsthafter studiert haben, weil sie Gebühren zahlen mussten. Graduate Students waren vor allem wegen ihres eigenen Anspruchs, häufig verbunden mit dem Ziel »Promotion« sehr ehrgeizig, wissbegierig und fleißig. Studenten in England sind in der Regel nach drei Jahren fertig, weil das System anders aufgebaut ist. Dort bekommt man einen Stundenplan, und damit ist völlig klar, was wann belegt werden muss. Somit ist das Department auch in der Lage die einzelnen Fächer perfekt aufeinander abzustimmen. Darüber hinaus können Prüfungen normalerweise am Ende der Semesterferien wiederholt werden. Obwohl hier wie dort Studenten durch Prüfungen fallen, schaffen es englische Studenten normalerweise trotzdem in drei Jahren. Da sind wir beim nächsten Unterschied: Es ist einfach etwas anderes, ob jemand drei oder fünf bis sechs Jahre Studiengebühren zahlen muss. Aus meiner persönlichen Einschätzung heraus machen wir leider des Öfteren den gleichen Fehler, ob das jetzt Gebühren oder Juniorprofessuren sind: Man versucht irgendetwas aus dem anglo-amerikanischen Ländern zu übernehmen, ohne das komplette System wirklich analysiert zu haben. Es reicht nicht, einfach Studiengebühren zu adaptieren, denn die lösen nicht unbedingt das Problem des deutschen Bildungssystems – welches im Übrigen gar keinen so schlechten Ruf besitzt. Man muss ein wirklich umfassendes Konzept erarbeiten, auch wenn dadurch einigen auf die Füße getreten wird.

Was müsste dann passieren?
Man müsste sich überlegen, ob man unser System weitestgehend ans anglo-amerikanische angleicht, oder nicht. Auch müssten die Stärken unserer guten Ausbildung ausgebaut werden. Man müsste sozusagen die verschiedene Stärken miteinander vereinen und die Schwächen eliminieren. Mit der Einführung von Juniorprofessuren allein werden beispielsweise nicht gleichzeitig mehr Professorenstellen geschaffen. Mit oder ohne Habilitation droht dem akademischen Nachwuchs die Arbeitslosigkeit, wenn keine Stelle nach der Beendigung der Promotion verfügbar ist. Nach meiner Meinung zwingt man somit viele Jungakademiker geradezu ins Ausland.

Immerhin sind die Juniorprofessoren jünger.
Stimmt, aber das alleine löst unsere Probleme noch nicht, denn auch in England liegt das Alter von Wirtschaftswissenschaftlern bei der Berufung zum ordentlichen Professor bei Mitte/Ende 30.
In England und in den USA kann man nach der Promotion als Lecturer oder Assistant Professor seine wissenschaftliche Laufbahn starten und sich langsam hocharbeiten. Und wenn letzteres nicht klappt, ist es auch kein Beinbruch, weil die Möglichkeit besteht, bis zur Rente als Lecturer oder Assistant zu arbeiten. In Deutschland lautet die Devise »Professor oder gar nichts«.
An den amerikanischen und englischen Hochschulen ist dadurch auch das Betreuungsverhältnis besser. Es gibt mehr Professoren und weniger Studierende – aber das ist natürlich auch eine Geldfrage. Zudem sind die Professoren dort viel weniger mit Verwaltungsaufgaben belastet. So ist es in England beispielsweise undenkbar, dass ein Professor als Vorsitzenden des Prüfungssauschusses mehrere Tage in der Woche mit Verwaltungsarbeiten zubringt. Derartige Arbeiten werden von Verwaltungsangestellten erledigt, die extra dafür eingestellt und ausgebildet werden. Somit haben englische Professoren mehr Zeit für Lehre und Forschung sowie die Betreuung der Studierenden. Abgesehen davon fällt die Lehrverpflichtung bei Professoren in England niedriger als in Deutschland aus. Es ist eben fast alles sehr unterschiedlich und dadurch nur schwer vergleichbar. Deswegen kann man auch schlecht sagen, ein System sei besser als das andere. Jedenfalls kann man sich nicht einfach einen Aspekt herausgreifen, und sagen »die haben Studiengebühren, und deswegen ist es dort besser«. Man muss das System als Ganzes betrachten, denn alles hat auch seine Schattenseiten.

Eben, denn die Unterschiede in der Qualität englischer oder us-amerikanischer Hochschulen sind doch wegen der Abhängigkeit von Gebühren eklatant.
Ja, Hochschulen mit wenig Geld können sich nicht so viele Professoren leisten. Besonders deutlich wird das an den englischen Privatunis, die bei Ihrer Gebührenstruktur nicht reglementiert werden. Neben den Gebühren erhalten sie oftmals großzügige Unterstützung privater Sponsoren, was in Deutschland leider vollkommen unüblich ist. Somit können sie sich die Top-Professoren mit Top-Gehältern leisten. Und mit den Top-Professoren kommt dann der Top-Ruf, und mit dem Top-Ruf kommen die Top-Studenten. Das ist schon fast ein Automatismus. In Deutschland besteht der Vorteil darin, dass zwischen den einzelnen Hochschulen kein derartiger Qualitätsunterschied besteht.

Jetzt doch 'mal wieder zurück zu den Standardfragen dieser Rubrik: Was würden Sie heutigen Studierenden, die das gleiche machen wollen wie Sie, raten?
Wichtig sind in jedem Fall gute Praktika, die man mit Engagement absolviert. In der schnellen praxisorientierten Ausbildung liegt ja gerade der Vorteil von Fachhochschulen, und den sollte man auch nutzen. Auch zusätzliche, freiwillige Praktika während der Semesterferien sind sicher nicht verkehrt. Und ganz wichtig ist es natürlich, das zweite Pflicht-Praktikum im Ausland zu absolvieren.
Ebenso unerlässlich sind Fremdsprachenkenntnisse. Englisch alleine ist heutzutage leider schon fast zu wenig. Man sollte zumindest mit dem Erlernen einer zweiten Fremdsprache begonnen haben. Grundsätzlich würde ich empfehlen, das Studium zügig anzugehen. Was man am Anfang gespart hat, kann man am Schluss investieren. Die Noten im Vordiplom sind am Ende nicht sonderlich wichtig.

Wie würden Sie Ihr Studium an der GSO-FH rückblickend bewerten?
Die FH Nürnberg ist schon etwas besonderes. Durch die Größe des Fachbereichs Betriebswirtschaft hat man teilweise die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Kursen und Professoren zu wählen. Das ist fast schon einzigartig in der FH-Landschaft. Für die Studierenden ist das ein großer Vorteil: Man kann entscheiden, wann und bei wem man die Vorlesungen besucht. So etwas gibt es an den kleinen FHs nicht. Dazu hat die GSO-FH einen guten Ruf. Auch wegen der Professoren, die aktiver sind als an anderen Fachhochschulen.

Dann hat die FH Nürnberg Sie gut auf Ihre weitere Laufbahn vorbereitet?
Ja, auf jeden Fall.

Interview: tho

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