Doktorandin Johanna Gleichauf hängt die Sensorbox mit unterschiedlichen Kameras zur kontaktlosen Überwachung in den Inkubator. Bild: Karin Gleichauf

Das Projekt NeoWatch

Jedes Jahr kommen weltweit ca. 15 Millionen Frühgeborene zur Welt. Allein in Deutschland liegt die Rate bei 9,0 %, d.h. im Jahr 2008 wurden 215.634 Frühgeborene geboren.  Frühchen sind Säuglinge, die vor der 37. Schwangerschaftswoche und oftmals mit einem Gewicht unter 1500 g geboren werden. Diese Kinder brauchen sehr intensive Fürsorge. Daher werden diese, bis sie ihre Körpertemperatur selbst halten können, auf einer neonatologischen Intensivstation in einem Inkubator umsorgt. Die Betreuung der Frühgeborenen gestaltet sich als schwierig, da für deren Pflege zahlreiche Anschlüsse benötigt werden. Diese stellen das Pflegepersonal oftmals vor große Herausforderungen, da die Haut der Frühchen sehr fein und sensibel ist.

Hier setzt das Forschungsprojekt NeoWatch an: Seit September 2018 wird an der Entwicklung eines Monitoring-Systems gearbeitet, das Vitalfunktionen der Säuglinge, wie Körpertemperatur, Herz und Atmung, ohne Elektroden oder Kabel überwachen kann. Dies soll in Kooperation mit den Unternehmen InnoSent und Corscience sowie der Kinderklinik Erlangen durch Sensoren und Kameras ermöglicht werden, die so kontaktlose Untersuchung, Beobachtung und Auswertung der Daten ermöglicht.

Motivation

Um die Überlebenschancen zu erhöhen, benötigen frühgeborene Babies eine weitreichende und komplexe medizinische Überwachung auf der neonatologischen Intensivstation. Über verschiedenste Kabel, Katheter, Elektroden und Schläuche sind die Kinder mit den Überwachungsgeräten verbunden. EKGs, Pulsoxymeter, Beatmungsgeräte und Blutdruckmessgeräte sind nur einige Geräte, die zum Monitoring eingesetzt werden. Alle diese Geräte haben eines gemeinsam: Die Messverfahren benötigen Kontakt zum Körper des Babies. Da die Frühchen sehr unterentwickelt sind, kann dies zu fatalen Folgen, wie Hautirritationen, Allergien und Druckstellen führen. Im schlimmsten Fall sogar zum Abziehen der Haut beim Entfernen der EKG-Elektroden. Meist können die Babies eine gesunde Körpertemperatur von 37 °C nicht selber halten und müssen daher in einem Brutkasten, der durch eine angemessene Wärme und Feuchtigkeit das Kind unterstützt, gelagert werden.

Thermokamera-Bild eines Frühgeborenen auf der Neonatologie Station, Bild: Johanna Gleichauf

Sensorik

Um dieser Problematik zu begegnen soll im Inkubator eine Sensorbox integriert werden mit unterschiedlichen Kameras und Sensoren. Der Reiz liegt hierbei darin, die Vorteile der verschiedenen Sensoren und Kameras geschickt zu kombinieren. Hiermit sollen die Herzrate, die Atemrate und die Körpertemperatur kontaktlos und automatisch detektiert werden. Dabei soll eine Robustheit erreicht werden, die mindestens genauso hoch wie die der jetzigen Überwachung ist.

Algorithmik

Um eine robuste, genaue, kontaktlose und automatische Erkennung der Vitalparameter zu erreichen müssen komplexe Algorithmen entwickelt werden. Diese lassen sich unterteilen in Bildverarbeitungs-, Signalverarbeitungs- und Sensorfusions-Algorithmen.

Ergebnisse

In ersten Untersuchungen an einem Baby-Simulator wurde gezeigt, dass mit Hilfe einer Structured Light Camera die Atemrate kontaktlos und automatisch bestimmt werden kann. Die Erkenntnisse sollen in einer Machbarkeitsstudie auf der Neonatologie Station der Kinderklinik des Uniklinikums Erlangen überprüft werden.

Veröffentlichungen

  • Johanna Gleichauf, Christine Niebler und Alexander Koelpin. „Automatic non-contact monitoring of the respiratory rate of neonates using a structured light camera“. In: 42nd Annual International Conferences of the IEEE Engineering in Medicine and Biology Society (EMBC). 2020
  • Johanna Gleichauf, Sven Herrmann, Lukas Hennemann, Hannes Krauss, Janina Nitschke, Philipp Renner, Christine Niebler, Alexander Koelpin: Automated non-contact respiratory rate monitoring of neonates, 12. Paracelsus Science Get Together, July 2021
  • Johanna Gleichauf, Sven Herrmann, Lukas Hennemann, Hannes Krauss, Janina Nitschke, Philipp Renner,  Christine Niebler, Alexander Koelpin: Automated Non-Contact Respiratory Rate Monitoring of Neonates Based on Synchronous Evaluation of a 3D Time-of-Flight Camera and a Microwave Interferometric Radar Sensor, Sensors 2021, 21, 2959. doi.org/10.3390/s21092959

Projekttteilnehmer und -partner

  • Projektteilnehmer der TH Nürnberg

Projektleitung: Prof. Dr. Christine Niebler

Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin: Johanna Gleichauf, M.Sc.

Abschlussarbeiten:  Corinna Kaula

Master of Applied Research: Sven Herrmann, Lukas Hennemann

Studentische Projektgruppen:

1.      Juliane Bögelein, Michaela Gremer, Franziska Lösel

2.      Lukas Hennemann, Hannes Krauß, Janina Nitschke, Philipp Renner

  • Projektpartner

Ansprechpartner Kinderklinik Erlangen

PD Dr. med. Fabian Fahlbusch

Ansprechpartner InnoSenT GmbH

Thilo Lenhard

Ansprechpartner Corscience GmbH & Co. KG

Dr. Tobias Tröger

Ansprechpartner Technische Universität Hamburg

Prof. Dr.-ing. habil. Alexander Kölpin

 

Förderung

Das Projekt NeoWatch wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Referenznummer: 13FH546IX6

Förderzeitraum: September 2018 – August 2023

https://www.forschung-fachhochschulen.de/index.php?index=161

 

Bei weiteren Fragen wenden Sie sich bitte an:

Johanna Gleichauf: johanna.gleichauf@th-nuernberg.de

Christine Niebler: christine.niebler@th-nuernberg.de