SMEVIVA – Smart Meter-Ventil zur intelligenten Volumenstromschätzung in Anlagen

Das Projekt Smart Meter-Ventil zur intelligenten Volumenstromschätzung in Anlagen – kurz SMEVIVA – gliedert sich in die zwei wesentlichen Teilbereiche der Modellbildung. Zum einen erfolgt eine mathematische Charakterisierung der Systemdynamik verschiedener Ventiltypen, wobei der Schwerpunkt auf Membranventile gelegt wird. Zum anderen werden Alterungseffekte von Membranventilen durch geeignete Modelle beschrieben.

Motivation

Mithilfe des Projekts soll ein grundlegendes Problem angegangen werden, vor dem Armaturenhersteller immer häufiger stehen: Heutzutage benötigen Armaturenhersteller digitale Modelle ihrer Hardwarekomponenten, sogenannte Digitale Zwillinge, wobei diese oft nicht existieren. Insbesondere für Membranventile sind kaum digitale Zwillinge bekannt. Daher werden im Rahmen dieses Forschungsprojekts Membranventile kleiner und mittlerer Bauart, die als Prozess- und Regelventile in der Prozessautomation dienen, betrachtet. Hierfür soll die Forschungsfrage geklärt werden, inwiefern und mit welchen Methoden der Modellbildung und Datenanalyse es möglich ist, eine sensorlose Volumenstromschätzung durchführen zu können. Das Projekt SMEVIVA trägt somit einigen Forderungen der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften Rechnung, wonach Forschungsbedarf bei verschiedenen Methoden besteht: Vor allem neuartige Modellierungs- und Simulationsmethoden sowie Methoden zur Entwicklung von Softwarebaukästen, welche im Kern modulare Eigenschaften smarter Produkte vorsehen, sollen hierbei untersucht werden.


Die Entwicklung eines solchen Softsensors bietet durch die Ablösung des Volumenstrommessgerätes als mechanische Komponente durch eine intelligente Softwarekomponente zunächst wirtschaftliche Vorteile. Hierdurch werden sowohl einmalige Investitionskosten als auch laufende Betriebs- und Instandhaltungskosten eingespart. Zudem können Komponentenhersteller ihr Produktportfolio nicht nur erweitern, sondern auch ihre physisch vorhandenen Produkte durch zusätzliche Softwaremodelle aufwerten. Weiterhin grenzen sie sich damit von ausländischen Produkten ab und stärken somit ihren Marktwert. Hinreichend genaue Ventilmodelle und Algorithmen bieten außerdem eine rein digitale Generierung von Daten ohne eine physische Messung als Mehrwert. Daten bilden eine enorm wichtige Grundlage bei der Steigerung der Produktqualität oder der Störungsfrüherkennung zur Minderung von Gefahrenpotentialen, weshalb mit diesem Projekt eine Vorbereitung der Produktpalette auf diese zukünftigen Geschäftsmodelle beabsichtigt ist. Das Projekt liefert einen entscheidenden Beitrag zur digitalen Transformation in der Prozesstechnik, sodass Deutschland langfristig in diesem Umfeld sowohl attraktiv als auch ein wissenschaftlich-wirtschaftlicher Vorreiter bleibt.

Ziele

Das Vorhaben SMEVIVA dient dem übergeordneten Ziel, zukünftige datenbasierte Geschäftsmodelle in der Prozessindustrie vorzubereiten. Dazu wird das Projektgesamtziel, die Erforschung modellbasierter Methoden zur Entwicklung eines modularen smart meter-Ventils, in die nachfolgenden Zielbereiche untergliedert:

Innovationscharakter

Die Kerninnovation des Projekts liegt zum einen in der Entwicklung einer rein modellbasierten Volumenstromschätzung mittels geeigneter Methoden. Derzeitige Arbeiten in diesem Bereich stützen sich oft nur auf gemessene statische Kennlinien. So werden Ventile durch den sogenannten kV-Wert [1] charakterisiert. Anhand dieses Werts lassen sich systematisch Ventilkennlinien erstellen, welche den Volumenstrom in Abhängigkeit des Ventilhubs darstellen. Diese weit verbreitete Kennlinienmethode stellt jedoch keine wirkliche Modellbildung im Sinne eines dynamischen Systems dar, da Kennlinien einerseits nur statische Zusammenhänge abbilden und zudem unter idealen, gleichbleibenden Bedingungen beim Hersteller vermessen wurden.


Ferner sind bislang keine Forschungsergebnisse aus Wissenschaft und Technik bekannt, die eine detaillierte Modellbildung dynamischer Vorgänge in Membranventilen, also das Ventilverhalten selbst sowie die entsprechenden Dynamiken von Druck und Volumenstrom als Reaktionen auf diese Ventildynamik, beschreiben. Unzählige (aktuelle) Veröffentlichungen beschäftigen sich zwar mit der Modellbildung von Ventilen, jedoch werden hierbei vor allem Regelventile mit Sitzventilprinzip fokussiert. Bezüglich Membranventilen sind bisher noch keine speziellen Arbeiten bekannt, die sich mit der Abnutzung und Alterung von Membranen beschäftigen.


Diese Aspekte tragen somit in Kombination mit der parallelen hard- und softwaretechnischen Modularität in der Ventilkonfiguration zu einem gewissen Innovationsgrad in diesem Forschungsbereich bei.

SMEVIVA Versuchsanlage
SMEVIVA Versuchsanlage

Projektkonsortium

Das Projektkonsortium besteht aus den wissenschaftlichen Einrichtungen des Nuremberg Campus of Technology und der GEMÜ GmbH & Co. KG. Gemeinsam soll ein solides Ventilmodell entwickelt werden, auf dessen Basis sich die verschiedenen Prozessparameter in Form eines Softsensors möglichst exakt bestimmen lassen.

Versuchsanlage

Für die Modellbildung der Volumenstromdynamik in den Ventilen ist eine Versuchsanlage zur Datenerhebung erforderlich. Diese wird seitens der TH in engem Austausch mit der GEMÜ GmbH & Co. KG entwickelt und aufgebaut. Der Versuchsstand wird dabei so konstruiert, dass sich verschiedenen Ventilkonfiguration integrieren lassen. Die Anlage besteht dabei aus einem Rahmen ①, auf dem die Versuchsanordnung und ein Schaltschrank ② samt SPS installiert ist. Hinzu kommt eine Kreiselpumpe ③ zur Förderung des Mediums und ein Tank ⑧ zur Versorgung der Pumpe. Außerdem sind verschiedene Druck- ⑪ und Temperatursensoren ⑫, zwei Blendenmessstrecken ⑦ zur Messdatenerfassung sowie elektrisch ansteuerbare Ventile ⑤ & ⑥ verbaut. Die einzelnen Komponenten sind schließlich über ein Rohrleitungssystem ④ miteinander verbunden, in welchem mithilfe von Kugelhähnen ⑩ einzelne Bereiche abgesperrt werden können.

Förderung

Das Projekt SMEVIVA wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen von FH-Kooperativ finanziert.

Literaturverzeichnis

[1] K. F. Früh, „Berechnung des Durchflusses in Regelventilen mit Hilfe des „kv-Koeffizien-ten““, at - Automatisierungstechnik, 1957, pp. S. 307–310, DOI:10.1524/auto.1957.5.112.307