In dem Projekt GripKI wird ein neuartiges, serientaugliches Engineering-System für Roboterapplikationen zur Handhabung kleiner bis mittelgroßer Bauteile (< 1 kg), die als Schüttgut vorliegen, entwickelt. Das geplante System basiert auf Methoden der künstlichen Intelligenz und einem physikbehafteten digitalen Zwilling der Roboterapplikationen. Der digitale Zwilling wird in einer Co-Simulation bestehend aus einer Multiphysik-Engine und einer emulierten Robotersteuerung ausgeführt und dient zur Erzeugung virtueller Sensordaten und synthetischen Bildern des Schüttguts. Diese vollsynthetische Datenbasis dient zum Training der KI-Methoden, welche das Roboterprogramm für die Bin-Picking Applikation generiert.

Motivation

Der Trend in der Automatisierungstechnik entwickelt sich in Richtung individueller Massenproduktion, wobei Produkte mit hoher Varianz innerhalb einer Fertigungslinie realisiert werden. Ein wesentlicher Faktor ist dabei die fertigungsgerechte Bereitstellung unsortierter Bauteile, da das Greifen dieser für die automatisierte Verarbeitung noch eine große Herausforderung darstellt. Besonders das Handling neuer Schüttgüter stellt autonome Systeme vor Herausforderungen, durch langes Anlernen und Programmieren neuer Parameter. Um dieses Problem zu lösen, ist ein intelligenter und selbstlernender Algorithmus notwendig, welcher Bauteile innerhalb eines Schüttguts ermittelt, die zugehörigen Greifpositionen an den Roboter überträgt und eine virtuelle Machbarkeitsanalyse vor dem physischen Griff in die Kiste ermöglicht.

Die grundsätzliche Notwendigkeit für eine neue Technologie zum Kommissionieren und Sortieren von Schüttgut besteht für die breite Masse der Industriezweige, wie z. B. die Automobilindustrie, die Elektronikindustrie usw., welche für ihre routinemäßigen Produktionsprozesse mit mechanischen Teilen arbeiten. Ein Großteil der kleinen bis mittelgroßen Unternehmen stellen manuelle Arbeitskräfte für solche Aufgaben ein, was die Produktionskosten sowie den Zeitaufwand erhöht und gleichzeitig die Gesamteffizienz verringert. Bestehende kommerzielle Systeme sind sehr teuer, sowohl in der Anschaffung als auch durch den hohen Aufwand der Integration in die Anwendung. Daher sind diese vor allem bei kleinen Losgrößen nicht oft wirtschaftlich einsetzbar. 

Ziele

Das Kernziel der Projektidee ist die Nutzung des Konzepts des digitalen Zwillings als Teil einer Simulation zur Generierung synthetischer Trainingsdaten für KI-Algorithmen im Bereich der Objekterkennung. Die Bereitstellung einer ausreichenden Anzahl von Trainingsdaten wird dadurch wirtschaftlich weniger aufwendig, da die realen Maschinen und das komplexe Kamerasystem zu Beginn nicht benötigt werden. Das Gesamtziel ist es, ein Konzept für eine Gesamtlösung zu entwickeln und als Prototyp zu implementieren. Die Gesamtlösung für das Problem der Vereinzelung umfasst dabei nicht nur die Objekterkennung, sondern ein umfangreiches System für die Auswahl, Konfiguration und den automatisierten Test der KI-Algorithmen. Durch diese Lösung soll es ermöglicht werden, die Programmierung der Bahnplanung des Roboters und die Greifpositionen für verschiedenste Schüttgutobjekte durch KI-Algorithmen zu vereinfachen bzw. automatisch zu erkennen und abschließend zu optimieren. Unternehmen müssen sich, nicht erst durch die Digitalisierung, ständig neu ausrichten und künftige Märkte identifizieren. Der Trend hin zu immer größeren Firmenverbünden ist eine auffällige Entwicklung (u. a PERFLEX), weil hierdurch mehr spezialisierte Technologien für die Kunden angeboten werden können. Die Digitalisierung zwingt auch den „klassischen“ Maschinenbau, Technologien wie künstliche Intelligenz und Simulationen noch breiter einzusetzen. Bekannte Systeme, die bereits auf synthetischen Daten basieren, haben noch nicht den nötigen technologischen Reifegrad für eine industrielle Nutzung. Zudem handelt es sich bei gleichen Systemen um separate Einzelkomponenten und nicht um ein integriertes Gesamtsystem. In den bestehenden Systemen kann zudem keine Prüfung der Machbarkeit vor Inbetriebnahme des Gesamtsystems erfolgen, was das aktuelle Projekt zusätzlich von bestehenden Lösungen abgrenzt.

Innovationscharakter

Zunächst wird auf Basis der virtuellen Daten ein digitaler Zwilling für die Simulation des Robotersystems entwickelt. Der innovative Teil ist dabei der regelbasierte digitale Zwilling, der gleichzeitig für vier Aufgaben verwendet wird - die Durchführung von Machbarkeitsstudien in der Angebotsphase, des Trainings der KI, um in die Box zu greifen, für simulationsbasiertes Engineering bei der Programmierung der restlichen Anwendung (Sicherheitsfunktionen etc.) und für die Generierung einer vollständigen VIBN der gesamten Anwendung inklusive der Handhabung der Komponenten. Ein weiteres Kernthema ist die Bildverarbeitung. Hierbei werden virtuelle Bilder des Schüttgutes erzeugt und anschließend mit realen Bildern verglichen. Das Training der Bildverarbeitung erfolgt in der Regel auf Basis realer Daten. Die Verwendung von synthetischen Daten hat noch keine breite industrielle Anwendungspraxis erreicht. In diesem Projekt wird erstmals der digitale Zwilling mit der KI-Technologie vereint, um ein vollständig automatisiertes und intelligentes Schüttgut-Greifersystem im industriellen Maßstab zu generieren.

Projektkonsortium

Das Projektkonsortium besteht aus der wissenschaftlichen Einrichtungen des Nuremberg Campus of Technology und der heinz mayer GmbH als industriellen Partner. Gemeinsam soll ein serientaugliches Engineering-Systems für Roboterapplikationen zum Handhaben von Schüttgütern unter der Nutzung von KI-Methoden und einem digitalen Zwilling entwickelt werden.

Verwendete Programme

Wir verwenden RoboDK für die Simulation und offline Programmierung von Industrierobotern.

Förderung

Das Projekt GripKI wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Rahmen des Programms Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) finanziert.