Grundlage aller Schätz- und Regelungsmethoden bildet ein valides mathematisches Modell des gesamten hydraulischen Fluidfördersystems. In der nachfolgenden Abbildung 1 ist eine schematische Darstellung eines einfachen hydraulischen Systemabschnittes gegeben, welcher mittels zweier charakteristischer Zustandsgleichungen charakterisiert werden kann:

Gleichung (1) beschreibt die Änderung desjenigen Drucks p2, welcher am Ende des betrachteten Abschnittes entsteht. Hierbei ist Q1 der innerhalb des Abschnittes fließende Volumenstrom und Q2 der aus dem Abschnitt ausfließende Volumenstrom. Mittels Gleichung (2) wird die Dynamik des sich innerhalb des Abschnittes aufbauende Volumenstroms Q1 beschrieben. Die Dynamik ist  geprägt vom Druckunterschied eines noch näher zu definierenden Eingangsdrucks p1 und des sich aufbauenden Ausgangsdruck p2 sowie einem internen Widerstand. Die konzentrierten Parameter C1, L1 und R1 definieren den entsprechenden Abschnitt. Eine ausführliche Herleitung der beiden charakteristischen Zustandsgleichungen findet sich im Bericht zur Modellbildung (Link zum Bericht).

Abbildung 1: Schematische Darstellung eines hydraulischen Systemabschnittes, welcher mithilfe einer Kreiselpumpe gespeist wird

Wird von einem Fluidsystem ausgegangen, welches an eine Kreiselpumpe angeschlossen ist, so ist die am Abschnittseingang anliegende Dynamik für den Druck p1 der Kreiselpumpe näher zu charakterisieren. Eine Möglichkeit besteht hierbei in der direkten Verwendung der zugrundeliegenden Pumpenkennlinie. Es lässt sich aber auch folgende intuitive Differentialgleichung ansetzen:

In dieser Gleichung beschreibt Q1 den aus der Kreiselpumpe abfließenden Volumenstrom in das jeweils angeschlossene System. Interessant sind jedoch vor allem die beiden anderen Terme. Der letzte Term definiert einen internen Pumpenwiderstand, welcher vom jeweils vorherrschenden Druck abhängig ist, ähnlich der bekannten Blendengleichung. Als Eingangsgröße für die Druckänderung ist der intern, also innerhalb der Pumpe, entstehende Volumenstrom Q0. Dieser Volumenstrom ist das Resultat einer Geschwindigkeitsübersetzung zu sehen, nämlich der Transformation der Pumpendrehzahl in einen entsprechenden Volumenstrom mithilfe eines Übersetzungsverhältnisses oder Verstärkungsfaktors K:

Wird die Ruhelage, also der stationäre Betriebspunkt, des Systems aus den Gleichungen (1), (2) und (3) betrachtet, d. h. es werden alle zeitlichen Ableitungen zu Null gesetzt, so resultieren durch Umformen die bekannten quadratischen Kennliniengesetzmäßigkeiten der Anlagenkennlinie

sowie der Pumpenkennlinie:

Der in Gleichung (1) aus einem Abschnitt ausfließende Volumenstrom Q2 lässt sich mithilfe der bekannten Blendengleichung berechnen:

Hierbei wird der entstehende Volumenstrom von der bestehenden Druckdifferenz zwischen dem Druck vor dem Ausfluss und dem Umgebungsdruck getrieben. Zu definierende Parameter sind die Dichte ρ, die repräsentative Querschnittsfläche des Ausflusses A2 sowie die Durchflusszahl α, welche die Scharfkantigkeit des Ausflusses charakterisiert. Sinnvolle Werte liegen im Bereich zwischen 0,6 und 1,0. Für die obige Blendengleichung lässt sich ebenfalls ein Widerstand definieren:

Die bisher erarbeiteten Zustandsgleichungen zur Beschreibung der Druck- und Volumenstromdynamik in Fluidfördersystemen enthalten drei charakteristische konzentrierte Parameter, welche hier nochmals explizit betrachtet werden sollen.

Die hydraulische Induktivität beinhaltet die beschleunigende, träge Fluidmasse und ist charakterisiert durch:

In dieser Gleichung sind drei physikalische Größen enthalten, die Dichte ρ, die Länge des Abschnitts l und die den Abschnitt definierende Querschnittsfläche A. Die Dichte weist sowohl eine Druck- als auch eine Temperaturabhängigkeit auf, wobei der Einfluss der Temperatur im Vergleich zum Einfluss des Drucks bei gängigen Fluidfördersystemen im niedrigeren Druckbereich wesentlich größer ist. Die hydraulische Induktivität lässt sich für einzelne Abschnitte zwar noch exakt definieren und bei hinreichend detaillierter Modellbildung einer Anlage ebenso, werden jedoch zusammenhängende Abschnitte oder Rohrleitungssysteme betrachtet, so muss dieser Parameter mittels Parameterschätzmethoden aus Messdaten geschätzt werden. Falls mit der hydraulischen Induktivität ein sich verzweigender Hauptvolumenstrom charakterisiert wird, könnte wenigstens eine Gesamtfluidmasse und ein repräsentativer Querschnitt angegeben werden, sodass eine gewisse Gesamtinduktivität berechnet werden kann.

Die hydraulische Kapazität beinhaltet die Kompressibilität des Fluids und ist charakterisiert durch:

In dieser Gleichung sind zwei wesentliche Größen enthalten, das Volumen V des betrachteten Abschnitts und die Kompressibilität β des jeweiligen Fluids. Die Kompressibilität kann für Wasser im niederen Druckbereich (≤ 100 bar) zu

angesetzt werden. Es ist zu beachten, dass die Kapazität des Fluids sehr kleine Werte annehmen kann, etwa von der Größenordnung 10-14…10-11. Daher resultiert bei der Simulation entsprechender Modelle ein sogenanntes steifes Differentialgleichungssystem, welches zeitlich stark variierende Dynamiken aufweist. Oftmals ist es daher sinnvoll, das Gleichungssystem zu vereinfachen. Neben der hydraulischen Kapazität des Fluids selbst gibt es noch drei weitere wichtige Kapazitäten, welche einen merklich größeren Einfluss auf das zeitliche Verhalten der Druckdynamik haben:

Die Kapazität einer Leitung wird vor allem dann angesetzt, wenn es sich um dehnbare Leitungen, also Schläuche handelt. Speicherkapazitäten werden dann relevant, wenn im Hydrauliksystem Blasenspeicher o.ä. verbaut sind. Hierbei beschreibt VSpeicher das maximale Füllvolumen des Speichers, pSpeicher den Vorspanndruck des verwendeten Gases und η den entsprechenden Polytropenexponent. Dieser kann meist zu η = 1,4 gesetzt werden. Der Druck p ist  der vor dem Speicher anliegende Fluiddruck. Fluidtanks stellen ebenfalls eine Kapaziät dar und hängen maßgeblich von der Tankfläche ab. Die zu berücksichtigende Gesamtkapazität ergibt sich somit als Summe aller Einzelkapazitäten:

Bei der Modellbildung eines Fluidsystems sollte vorher immer geprüft werden, welche Komponenten in welchem Abschnitt verbaut sind und somit maßgeblich für die zeitliche Druckdynamik sind.

Der hydraulische Widerstand einer Leitung hängt von vielerlei Faktoren ab und definiert sich im laminaren Fall durch

und im turbulenten Fall durch:

Die Rohrreibungszahl λ stellt hierbei einen oftmals schwer zu ermittelnden Faktor dar, da er von vielen mechanischen Parametern als auch vom Volumenstrom selbst abhängt und lässt sich mittels einer Näherungsgleichung explizit ausdrücken:

Dieser Faktor ist charakterisiert durch die Rohrrauigkeit ε, den Rohrdurchmesser D mit entsprechender Fläche A sowie die kinematische Viskosität des Fluids. Für Wasser lässt sich diese Viskosität bei 1 bar und 20 °C festlegen auf:

Simulationsbeispiele zur Modellbildung finden sich im ausführlicheren Bericht zur Modellbildung.