Aktive Schwingungsdämpfung von elektrischen Maschinen auf elastischen Stahlrahmenfundamenten

Fachbereich: Mechatronische Systeme

Themengebiet

  • Aktive Schwingungsdämpfung
  • Mechatronische Systeme
  • FEM-Simulationen
  • Experimentelle Modalanalysen
Bild 1: Campbelldiagramm einer 2 Megawatt Maschine auf starrem und elastischem Fundament

Beschreibung

Die kostengünstige und robuste Asynchronmaschine ist im industriellen Bereich in sehr vielen Anwendungen anzutreffen – von wenigen Kilowatt bis in den Megawattbereich. Aus Gründen der Effizienz und der günstigen Leistungselektronik, ist in den letzten Jahrzehnten ein Trend, weg vom Netzbetrieb und hin zum Umrichterbetrieb, zu  erkennen.

Zudem ist es Stand der Technik, Motoren direkt mit der Lastmaschine auf einen gemeinsamen Fundamentrahmen zu montieren und dem Kunden als kosteneffizientes Gesamtprodukt anzubieten. Durch die produktspezifischen Eigenschaften, wie Art und Einsatzumgebung, zusammen mit den Elastizitäten des gewählten Fundaments beim Kunden, variiert die Struktur und es müssen aufgrund des Schwingungsverhaltens Drehzahlbereiche gesperrt werden.

So zeigt das nebenstehende Campbell-Diagramm (Bild 1) die Problematik der genormten Auslegung von elektrischen Maschinen für ein starres Fundament im Vergleich zu einer Aufstellung auf einem kundenspezifischen Fundamentrahmen.

Bild 3: Prüfstandsaufbau (Stand: 11.2023)

Der Projektprüfstand am Institut (ADAM-1)

Das am Institut ELSYS entwickelte Aktuatorsystem ist ein aussichtsreiches aktives System, welches es ermöglichen soll, elastisch aufgestellte Maschinen auch in Drehzahlen zu betreiben, die aufgrund von Schwingungsresonanzen normalerweise nicht angefahren werden dürfen. Das System sitzt zwischen einem elastischen Stahlrahmenfundament und einem 2-poligen Asynchronmotor, welcher über einen Frequenzumrichter in seiner Drehzahl frei geregelt werden kann....

Die bisherigen Ergebnisse aus Simulation und Experiment lassen eine positive Bewertung der Systemfrage zu. An dieser Stelle und hier (Link, Link) finden Sie später noch weitere Veröffentlichungen und Informationen.

Bild / Video 2: Schwingfahrt (ungeregelt / geregelt)

Demonstration - was kann das Aktuatorsystem?

Das nebenstehende Video zeigt einen kurzen Ausschnitt einer Schwingfahrt am Prüfstand, bei der der Motor testweise mit erhöhter Passfederunwucht im stationären Betriebspunkt bei ca. 1630 UPM betrieben wird. Bei dieser Drehzahl regt der Rotor eine Eigenfrequenz des Systems (bestehend aus elastischem Stahlrahmenfundament, Aktuatorsystem und Motor) an, bei der der Motor hauptsächlich eine translatorische Bewegung in vertiakler Richtung ausführt.

Ohne "aktive Regelung":

Wird der Motor ohne die aktive Regelung betrieben, zeigen sich am Lagerschildschwingungen "Drive End" sehr hohe Schwinggeschwindigkeiten von ca. 21 mm/s (ca. 15 mm/s rms). Diese hohen Schwingungsamplituden sind für den stationären Betrieb zu hoch und führen sehr schnell zu Beschädigungen an Motor und Aufbau.

Mit "aktiver Regelung":

Durch die Aktivierung der Regelung des Aktuatorsystems werden die Schwingungsamplituden innerhalb weniger als einer halben Sekunde auf ca. 5 mm/s  (ca. 3,5 mm/s rms) reduziert und somit ein zulässiger stationärer Betriebspunkt erreicht.

Fazit:

Die Demonstration zeigt am Beispiel dieses "Mehrkörper-Aufbaus", dass die aktive Einflussnahme und Reduzierung von Schwingungsamplituden möglich ist. Darüber hinaus (nicht im Video) ist es möglich, alle im Drehzahlstellbereich des Motors liegende Schwingformen zu bedämpfen und die Schwingungsamplituden zu so stark zu reduzieren, sodass ein stationärer Betriebs bei allen Drehzahlen des Motors möglich ist.

Eine reine Rotation des Motors um die Vertikalachse tritt, durch die gezielte Entwicklung des Aktuatorsystem, nicht mehr auf, sodass nur vertikal wirkende Aktivelemente eingesetzt werden müssen, die in der Folge zu einem kostengünstigen System führen, dass nur einen geringem Bauraum benötigt.

Weiterhin werden nicht nur die mechanischen Schwinungen aufgrund elektromagnetischer Anregungen und Unwuchtsanregungen des Motors reduziert -- es werden auch die Schwingungen im Fundament stark reduziert.

Bild 4: Skalierung des Aktuatorsystems nachdem die Machbarkeitsstudie 2022 sehr positiv ausfiel, auf einen Teststand (2-MW Asynchronmaschine, 10 to Gewicht)

In anderen Dimensionen gedacht (ADAM-2)

Durch die positiven Erfahrungen im Projekt ADAM-1 wurde beschlossen, das Projekt (ADAM-2) fortzuführen und entsprechende Untersuchungen und Systemskalierungen für den schwingungsoptimierten Betrieb. Einen Einblick ins Projekt finden Sie im Online Seminar.

Bild 5: 2-polige Asynchronmaschine (2 MW, 6300 Nm, max. 3000 UPM) auf elastischem Stahlrahmenfundament mit gekuppelter Lastmaschine

Weiterer Erfolg in ADAM-2 zu verzeichnen

Aufgrund der positiven Ergebnisse am Versuchsprüfstand fiel die Entscheidung leicht das Projekt mit einer 2-poligen Asynchronmaschine der 2-MW-Klasse bei Innomotics GmbH (ehemals Siemens) fortzuführen. So lässt sichnun zeigen, dass die Skalierung des grundlegenden Konzeptes der "Aktiven Schwingungsdämpfung von elektrischen Maschinen auf elastischen Stahlrahmenfundamenten" in eine ganz andere Dimension kein Problem darstellt.

Die anfänglichen Messungen mit verschiedenen mechanischen Aufstellungen mit und ohne Aktuatorsystem im ungekuppelten Zustand stellen eine breite Datenbasis bereit, die von experimentellen Modalanalysen über Hochlaufmessungen bis hin zu FE-Berechnungen reichen. Nach diesen tiefgreifenden Untersuchung wurde der Prüfling mit einer 2-MW Maschine gekuppelt und Messungen mit Lastmoment durchgeführt (siehe Bild 5). Der Prüflingsmotor steht hier zunächst auf Stahlklötzen um die Problematik der Drehzahlsperrbereiche aufzuzeigen und die daraus folgende Notwendigket der Einflussnahme zu demonstrieren. Im nächsten Schritt wurden die Stahllkötze durch das Aktuatorsystem ersetzt und ebenfalls Hochlaufmessungen durchgeführt.

Bild 6: Schwingungsmessungen eines 2-poligen Asynchronmotors (Pn =2000 kW, m = 9100 kg) gekuppelt mit Lastmaschine (Lastmoment = 6100 Nm) mit und ohne AVCS (Active Vibration Control System)

Ergebnisse der Hochlaufmessungen - keine Drehzahlsperrbereiche mehr ...

Die Durchführung von Hochlaufmessungen mit langsamen oder schnellen Hochlauframpen ist eine gängige Methode um das Schwingungsverhalten drehzahlveränderlicher Antriebe zu untersuchen. Bild 6 zeigt die Hochlaufmessung (Schwinggeschwindigkeit (rms) über der Drehzahl) drei verschiedener Varianten bei leicht erhöhter Unwucht am Wellenende.

  • Variante 1: Stahlklötze zwischen elastischem Stahlrahmen und Motor (Quasi der Standardfall in industriellen Anlagen)
  • Variante 2: Aktuatorsystem anstatt Stahlklötze - Regelung aus
  • Variante 3: Aktuatorsystem anstatt Stahlklötze - Regelung an

Mit den Stahlklötzen müssen, wie in Bild 1 (Campbell-Diagramm) zu sehen, Sperrbereiche im Drehzahlstellbereich der Maschine ausgewiesen werden. Je nach Anregung müssen diese Resonanzstellen in der Praxis durchfahren werden. Unter der Annahme, dass der Antriebsstrang und im speziellen die Lastmaschine oder noch exakter der Prozess dies zulässt, kann dies recht schnell erfolgen. Variante 2 zeigt das Schwingungsverhalten beim Hochlauf mit eingebauten Aktuatorsystem, jedoch mit ausgeschalteter Regelung. Aus dem Vergleich von Variante 1 und Variante 2 lässt sich zeigen, dass Resonanzstellen verschoben werden und aufgrund des besonderen mechanischen Designs des Aktuatorsystems alle Schwingformen eine anteilige vertikale Schwingbewegung ausführen.

Die Ergebnisse der Hochlaufmessung von Variante 3 (Regelung an), zeigen das, obwohl nur vertikale Kräfte ins System eingeleitet werden, die Schwingungsamplituden aller Schwingformen im Drehzahlstellbereich stark reduziert werden und aufgrund der niedrigen Schwingwerte, keine Drehzahlsperrbereiche mehr definiert werden müssen

 

Projektstruktur und Partnerschaften im Projekt ADAM

Bildergalerie

Name Kontakt
Raimund Wachter Raimund Wachter
M.Sc.
Ulrich Werner Ulrich Werner
Prof. Dr.-Ing.