22.11.2024

Marktforschung am Glühweinstand

Von Katrin Poese

Dass der Nürnberger Christkindlesmarkt beliebt ist, das ist offensichtlich. Doch was schätzen die Gäste genau daran? Und woher reisen sie an? Zu solchen Fragen aussagekräftige Daten zu bekommen, erfordert einigen Aufwand. Eine Kooperation zwischen der Ohm und der Stadt Nürnberg macht das möglich. Alle drei Jahre befragt ein studentisches Forschungsteam die Besucherinnen und Besucher. Eine Win-Win-Situation: Davon profitiert die Stadt, aber auch die Lehre.

Auf den Weihnachtsmarkt mit Namensschild und Befragungs-Tablet – so sah die Adventssaison 2023 für das studentische Team aus, das im Auftrag der Stadt unterwegs war – immer auf der Suche nach Menschen, die bereit waren, ihren Fragebogen zu beantworten. Abends, wenn die Gäste sich entspannt an den Glühweinständen tummelten, war das meist kein Problem. Manchmal aber mussten Lebkuchen und Postkarten als Anreiz helfen.

Wann lassen sich Besucherinnen ansprechen?
„In manchen Schichten, zum Beispiel mittags, hat man eher Ablehnung gespürt“, berichtet die Studentin Hannah Drautz. „Da musste man sehr viele Leute fragen, bis man auf die erforderliche Zahl gekommen ist.“ Den Blick dafür, wann die Besucherinnen und Besucher sich gern ansprechen lassen, und die Überwindung, auch in ungünstigeren Situationen immer wieder auf die Menschen zuzugehen, nimmt Drautz als Erfahrungen mit.

Auftragsarbeit für die Stadt Nürnberg
Die BWL-Studentin war Teil des Projektleitungsteams, das die Besucherbefragung organisierte. Das Ganze ist mehr als ein kleines Hochschulprojekt: Die Befragung genügt den Ansprüchen professioneller Marktforschung, sie ist eine Auftragsarbeit, die nach dem Tarif für Interviewerinnen vergütet wird. Und sie liefert ideales Praxismaterial für den Marktforschungskurs von Prof. Dr. Florian Riedmüller an der Fakultät Betriebswirtschaft. Hier rekrutiert er Studierende für das Projekt. So war es auch bei Drautz: „Wenn man die Vorlesung spannend findet und damit sein Gebiet gefunden hat, ist es eine tolle Ergänzung, direkt Einblicke in die Praxis zu bekommen und zu sehen, ob es so ist, wie man es sich vorstellt.“

Sieben Studierende, 2.000 Befragte
Neben dem Team aus sieben Studierenden profitieren aber auch alle anderen in der Vorlesung von dem Projekt. Riedmüller lässt sie zum Beispiel in Gruppenarbeiten die Datensätze aus den Befragungen auswerten. „Wo kriegt man sonst einen so hochqualitativen Datensatz mit 2.000 Befragten zum Konsumentenverhalten her, und dann noch aus Nürnberg?“, sagt er.

Relevanz für das eigene Studium wird hautnah erlebt
Sogar Abschlussarbeitsthemen geben die wertvollen Daten her: Eine Studentin wird demnächst die Faktoren, die sich besonders auf die Zufriedenheit mit dem Christkindlesmarkt auswirken, nach Altersgruppen auswerten. „Einer der größten Benefits ist, dass die Studierenden die Relevanz von dem, was wir ihnen in der Ausbildung mitgeben, hautnah erleben“, erklärt Riedmüller.

Methodik schließt Störfaktoren aus
Und natürlich sind die Ergebnisse der Befragung wichtig für die Stadt Nürnberg. „Was unsere Methodik so wertvoll macht, ist, dass wir seit 2013 ein gleiches Vorgehen haben“, sagt Riedmüller. Das Team befragt alle drei Jahre rund 2.000 Menschen – an vier Orten, an unterschiedlichen Tagen und zu unterschiedlichen Tageszeiten. Der Fachbegriff dafür lautet „geschichtete Zufallsauswahl“. Dieses Vorgehen stellt sicher, dass keine Störfaktoren das Ergebnis verfälschen.

Weihnachtliche Atmosphäre: Eine Frage des Wetters
Die Studierenden merkten bei ihren Befragungen ja deutlich, dass die Menschen abends beim Zusammensein mit Freunden entspannter sind als in der Mittagspause bei einer schnellen Bratwurst. Solche Dinge können sich auf die Ergebnisse auswirken. „Beispielsweise wurde in einer Befragung die weihnachtliche Atmosphäre am Anfang des Christkindlesmarkts schlecht bewertet, weil es recht warm war“, erinnert sich Riedmüller. „Später hat es geschneit, da wurden natürlich auch die Bewertungen besser.“

Projekt wird weitergeführt
Riedmüller möchte dieses Projekt auf jeden Fall weiterführen: „Es hat ein hohes Identifikationspotenzial, dass man als Nürnberger Hochschule mit dem Highlight der Nürnberger Veranstaltungen zusammenarbeiten kann.“ Und was macht den Christkindlesmarkt nun so beliebt? Die Gäste, übrigens kamen rund 17 Prozent von ihnen aus dem Ausland, sagten 2023: Die größten Highlights sind Glühwein, Lebkuchen, Bratwürste und das Ambiente. Den größten Einfluss auf die Zufriedenheit hatten die Freundlichkeit des Verkaufspersonals und die Dekoration der Stände, darauf folgten die weihnachtliche Atmosphäre, die Beschilderung auf dem Christkindlesmarkt und die Besucherdichte. Und weil es so schön war, blieb sogar jeder dritte Besucher über Nacht in Nürnberg.

An dem Projekt arbeiten innerhalb der Ohm mit:
Prof. Dr. Florian Riedmüller, Fakultät Betriebswirtschaft
Studierende der Betriebswirtschaft u.a. Hannah Drautz

Externe Partner und Förderer:
Congress- und Tourismuszentrale Nürnberg
Wirtschafts- und Wissenschaftsreferat der Stadt Nürnberg

 

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